Eine Schlittenpartie
Weil wir letzte Woche mit William Shakespeare aufgehört haben, fangen wir diese Woche mit Wilhelm Busch an. Auf dem Titelblatt des „ZEIT“-Magazins vom 3.12.2020 prangte seine Bildergeschichte „Die Rutschpartie“:
Und so weiter, bis nach dem Küster und dem Jäger samt Hund auch noch die arme Botenfrau aufgegabelt wird, der Schlitten umstürzt, und die ganze Mischpoke sich im Schnee prügelt. Umwerfend boshaft, umwerfend witzig – auch heute noch. Während die „ZEIT“-Autoren allerdings tiefschürfende Gedanken zum Witz bei Busch als Strategie zur Bewältigung der Corona-Krise absonderten, interessiert uns hier etwas anderes: Warum sagt man eigentlich, dass
wenn er ihn zurechtweist, tadelt und ausschimpft, also alles andere als nett behandelt? Gewöhnlich wird hier versucht, den Hintergrund einer solchen Redensart genau auszuleuchten. Aber in diesem Fall ist die Sondierung wenig befriedigend. Laut dem „Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten“von Lutz Röhrich wird darauf angespielt, dass man früher beim Rodeln – Lenkschlitten gab es noch nicht – kaum Kontrolle über das Gefährt hatte und deswegen auch keine Rücksicht auf die Mitfahrenden nehmen konnte. Im Internet findet sich noch die Erklärung, die Redensart könne aus der Soldatensprache stammen. Bei Winterfeldzügen habe man die Toten und die Verwundeten auf Schlitten abtransportiert … Wie gesagt, wenig befriedigend.
Ergiebiger ist es, einmal aufzulisten, was ein alles sein kann: natürlich ein Kufenfahrzeug für den Wintersport – vom Bob über den Rodel bis zum Skeleton. Oder für den Transport – vom über den bis zum
Aber damit nicht genug: Unter
versteht man auch die verschiedensten Gerätschaften: die schiefe Ebene, auf der ein Schiff zu Wasser gelassen wird; den Schlepptrog für Gestein in einem Bergwerk; das Gestell zum Lagern einer Glocke beim Guss; den verschiebbaren Verschluss einer Pistole etc.
Ein bestimmter ist allerdings etwas aus der Mode gekommen. Wenn in den Jahrzehnten nach dem Krieg ein Ami-Straßenkreuzer um die Ecke bog, hauchten wir ehrfürchtig: „Schau mal den an!“Heute hört man das selten. In diesem Sinn gebraucht, wird der
wahrscheinlich bald zu den in Vergessenheit geratenen Wörtern zählen. Und dieses Schicksal teilt er dann mit dem dem
dem dem und – so viel Gender muss sein – dem
Sie waren allesamt früher potenzielle Insassen eines flotten
aber heute sind sie – sprachlich gesehen – eher auf dem absteigenden Ast.
Zum Schluss geht es noch um einen
der einem derzeit permanent durch die Hirnwindungen kurvt. Jeder kennt (auf Deutsch: aus der Endlosschleife in Fernsehen und Radio. Da ist im ersten Satz die Rede von einem einem offenen einspännigen Pferdeschlitten. Und jetzt müssen sich alle auf Weihnachten gepolten Fans dieses Songs auf eine traurige Nachricht gefasst machen: Er hat überhaupt nichts mit Weihnachten zu tun. Es geht nur um ein Pferdeschlittenrennen von jungen Leuten im Schnee.
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