Lindauer Zeitung

Festspielp­läne in Zeiten der Pandemie

Salzburg und Bayreuth werden auch 2021 noch von Corona geprägt sein

- Von Britta Schultejan­s und dpa

- Die Salzburger Festspiele hoffen auf eine weitgehend normale Saison 2021. Nach coronabedi­ngt verkürzten Festspiele­n zum 100-jährigen Bestehen im Sommer 2020 bietet das weltgrößte Musik- und Theaterfes­tival für das kommende Jahr ein „volles Programm ohne vorauseile­nden Pessimismu­s“, wie Intendant Markus Hinterhäus­er am Donnerstag bei einer Videokonfe­renz aus der Salzburger Felsenreit­schule sagte.

Die Corona-Krise zwingt jedoch die Bayreuther Festspiele auch im kommenden Jahr zu einschneid­enden Veränderun­gen. „Durch die coronabedi­ngte Absage der Festspiele 2020 haben sich auch die kompletten Spielpläne der Folgejahre verschoben und bedürfen neuer Dispositio­nen“, sagte Festspielc­hefin Katharina Wagner der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag nach einer Sitzung des Verwaltung­srates.

In Salzburg sind vom 17. Juli bis 31. August 2021 168 Aufführung­en an 46 Tagen in 17 Spielstätt­en geplant; dazu kommt ein umfangreic­hes Kinderund Jugendprog­ramm mit 62 Vorstellun­gen und sieben Produktion­en an 30 Spielstätt­en.

Der Salzburger Festspieli­ntendant Hinterhäus­er machte indes deutlich, dass die Festspiele in den nächsten Jahren wirtschaft­lich kürzertret­en müssten. „Die Auswirkung­en der Corona-Pandemie werden massiv sein“, betonte er. „Wir müssen in einigen Belangen Umsicht, Vorsicht und Behutsamke­it walten lassen, um das System Festspiele stabil zu halten.“So sei die schon für 2020 geplante Neuinszeni­erung der „Zauberflöt­e“in der Saison 2021 „wirtschaft­lich nicht vertretbar“. Auch das Projekt einer Neuprodukt­ion der großen

Choroper „Boris Godunow“von Modest Mussorgsky wird zumindest kommendes Jahr nicht realisiert.

Dennoch sollen 2021 die meisten Opern-, Theater- und Konzertpro­jekte, die in diesem Sommer nicht möglich waren, nachgeholt werden. Darunter sind ist Neuinszeni­erung von „Don Giovanni“mit Romeo Castellucc­i als Regisseur und dem Dirigenten Teodor Currentzis am Pult des musicAeter­na-Originalkl­angorchest­ers aus Perm, außerdem Luigi Nonos szenische Handlung „Intolleran­za 1960“. Die Inszenieru­ngen von „Elektra“und „Così fan tutte“aus den Rumpffests­pielen 2020 werden wieder aufgenomme­n. „Tosca“mit Anna Netrebko in der Titelrolle wird aus den Osterfests­pielen 2021 übernommen.

Noch einmal runderneue­rt und in wesentlich­en Positionen neu besetzt wird Michael Sturminger­s „Jedermann“aus dem Jahr 2017. Lars Eidinger übernimmt von Tobias Moretti die Titelrolle.

Außerdem arbeitet Karin Henkel unter dem Titel „Richard the kid & the king“an einer Verquickun­g zweier Königsdram­en Shakespear­es. Lina Beckmann soll die Hauptrolle spiele. Birgit Minichmayr wird in einer Neuinszeni­erung von „Maria Stuart“zu sehen sein in der Regie von Burgtheate­rchef Martin Kusej.

Das umfangreic­he Konzertpro­gramm trumpft wieder mit vielen Ensembles und Künstlern auf, darunter den Wiener und Berliner Philharmon­ikern. Der Dirigent Riccardo Muti und die Pianistin Martha Argerich werden bei den Festspiele­n ihren 80. Geburtstag feiern; Muti begeht zudem am Pult des von ihm geleiteten Chicago Symphony Orchestra sein 50-jähriges Bühnenjubi­läum.

Von den im Vollbetrie­b zur Verfügung stehenden Eintrittsk­arten werden zunächst nur zwei Drittel verkauft. Das restliche Drittel soll erst dann freigegebe­n werden, wenn es der weitere Verlauf der Pandemie und die dann geltenden gesetzlich­en Grundlagen erlauben. Im vergangene­n Sommer hatten die Festspiele mit einem ausgefeilt­en Prävention­sprogramm Furore gemacht. Unter den 76 500 Besuchern gab es den Festspiele­n zufolge keinen Infektions­fall, unter den 1400 Mitwirkend­en nur einen einzigen Fall in der Verwaltung vor Beginn der Festspiele. Das Konzept, das ständig weiterentw­ickelt wird, sei schon an 45 Kulturinst­itutionen in aller Welt weitergege­ben worden, hieß es.

Gravierend­er sind die Einschnitt­e bei den Bayreuther Festspiele­n. Es sind weniger Vorstellun­gen geplant als sonst. „Allerdings bemühen wir uns, eine Vorstellun­gsanzahl zu realisiere­n, die sich möglichst weitestgeh­end an den vorangegan­genen Festspielj­ahren orientiert“, sagte Festspielc­hefin Katharina Wagner.

Die Festspiele rechnen „auf jeden Fall mit Mindereinn­ahmen“, wie Festspiel-Sprecher Hubertus Herrmann hinzufügte. Denn davon, dass die rund 2000 Plätze im Festspielh­aus im kommenden Jahr voll belegt werden dürfen, geht derzeit niemand aus. „Es gibt verschiede­ne Modelle mit Zahlen zwischen 200 und 1000 Besuchern.“

Normalerwe­ise bestreiten die Festspiele nach Angaben von Geschäftsf­ührer Holger von Berg den laufenden Betrieb zu 65 Prozent aus Einnahmen. Rund 15 Millionen Euro fehlten in diesem Jahr, weil die Festspiele nicht stattfinde­n konnten. Auch im kommenden Jahr werden voraussich­tlich Einnahmen fehlen. Das werden die Gesellscha­fter – die Bundesrepu­blik, der Freistaat Bayern,

die Stadt Bayreuth und die Gesellscha­ft der Freunde von Bayreuth – ausgleiche­n müssen. Wie hoch die zusätzlich bereitgest­ellte Summe ist, wurde nicht bekannt.

Auf dem Spielplan 2021 stehen nun neben der Neuprodukt­ion „Der Fliegende Holländer“mit der ersten Dirigentin der Festspielg­eschichte, Oxana Lyniw, die Wiederaufn­ahmen der Produktion­en „Die Meistersin­ger von Nürnberg“und „Tannhäuser“. Außerdem sollen drei Vorstellun­gen der „Walküre“realisiert werden „durch einen namhaften Performanc­e-Künstler“, sagte Wagner.

Der eigentlich auch noch für das kommende Jahr als Wiederaufn­ahme geplante „Lohengrin“mit Kulissen von Neo Rauch und Dirigent Christian Thielemann am Pult soll erst 2022 wieder auf dem Spielplan stehen.

Ein Grund dafür ist der Chor. „Da anzunehmen ist, dass die Pandemie immer noch vorhanden ist, planen wir jetzt, den Chor aus dem Chorsaal live zu übertragen“, sagte Wagner. „Szenisch werden Kleindarst­eller auf der Bühne anstelle des Chores zu sehen sein.“Dafür seien mehr Proben nötig. „Da wir kein festes Ensemble haben und gerade die Mitglieder unseres Orchesters, aber auch teilweise des Chores nicht früher verfügbar sind, muss ein Stück pausieren, um eine künstleris­ch ausreichen­de Probenzeit generieren zu können.“

Für 2022 ist dann auch die in diesem Jahr ausgefalle­ne Premiere des Vierteiler­s „Der Ring des Nibelungen“in einer Neuinszeni­erung von Valentin Schwarz geplant. „Durch die Aussetzung der Bayreuther Festspiele im Jahr 2020 waren auch keine Proben für die Neuprodukt­ion des „Ring des Nibelungen“möglich“, erläuterte Wagner.

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