Lindauer Zeitung

Die Spielregel­n im Rennen um Bauplätze im Oberallgäu

Ein Grundstück zu bekommen, ist schwierig – Doch wie entscheide­n Gemeinden, wer zum Zuge kommt?

- Von Bastian Hörmann

- Endlich ein Eigenheim – das wünschen sich in der Region viele. Oft ist zu hören, wie hoch die Nachfrage nach Bauplätzen ist. Doch wie kommt man eigentlich an einen? Gemeinden legen dafür oft Kriterien fest, mit deren Hilfe sie die Bewerberli­ste sortieren. Welche Eigenschaf­ten muss man also haben, um zum Zuge zu kommen?

Die Antwort aus der Statistik: Man sollte möglichst viele Kinder haben, vielleicht sogar verheirate­t sein, in der Gemeinde der Wahl leben, arbeiten und sich ehrenamtli­ch in Vereinen engagieren. Zusatzpunk­te im Rennen um Bauplätze bringen zudem pflegebedü­rftige Haushaltsm­itglieder und frühere Bewerbunge­n. Ein Haus oder eine Wohnung sollte man dagegen besser nicht sein Eigen nennen.

Weil der Wettbewerb um Bauplätze so hoch ist, haben sich in Bayern bereits Gerichte mit der Frage beschäftig­t, ob die Vergabe durch Gemeinden rechtmäßig war. Laut Thomas Eigstler, Wiggensbac­her Bürgermeis­ter und Kreisvorsi­tzender im Bayerische­n Gemeindeta­g, überlegen deshalb Kommunen in anderen Regionen bereits, Bauplätze nach dem Zufallspri­nzip zu vergeben. So wollen sie das Risiko von Gerichtsve­rfahren umgehen.

Wir haben die Gemeinden und Städte im Oberallgäu nach ihren Kriterien gefragt. Sofern sie keine aktuellen hatten, beziehen sich die Angaben

auf die zuletzt angewandte­n.

Oftmals bringt jedes Kind Punkte aufs Bewerberko­nto, viele Gemeinden begrenzen das aber: In Fischen etwa gibt es ab dem vierten Kind keine Zusatzpunk­te mehr. In Durach zählt neben minderjähr­igem auch volljährig­er Nachwuchs, sofern dieser noch in schulische­r Ausbildung ist. In Waltenhofe­n sollen künftig nur Kinder bis 16 Jahre eine Rolle spielen. Eine Besonderhe­it in Altusried: Dort gibt es auch Punkte, wenn Bewerber ein Kind erwarten, das aber noch nicht auf der Welt ist. Etwa in Oberstdorf ist der Nachwuchs eine zwingende Voraussetz­ung für einen Bauplatz, der nur ausgeglich­en werden kann, wenn ein Haushaltsm­itglied als schwerbehi­ndert gilt oder der Bewerber unter 40 Jahre alt ist.

Nachwuchs: Familienst­and:

In vielen Gemeinden ist es unerheblic­h, ob die Bewerber verheirate­t sind. In OyMittelbe­rg bringt es jedoch Vorteile. In Durach beispielsw­eise gibt es gleich viele Punkte für verheirate­te Bewerber und für unverheira­tete, die jedoch ein Kind haben – wobei die Zahl der Kinder weitere Punkte bringt. Die gleiche Regelung gibt es in Wertach. Um überhaupt für einen Bauplatz infrage zu kommen, sind in Oberstaufe­n Kinder zwingend Voraussetz­ung – außer man ist verheirate­t.

In Oberstdorf ist Bedingung für einen Zuschlag die Mitgliedsc­haft in einem der Vereine, die die Gemeinde auf einer – recht lanfen

Vereine:

gen – Liste aufgeführt hat. Ausgleiche­n kann das nur, wer seit fünf Jahren im Ort arbeitet. Etwa in Fischen müssen Bewerber als Übungsleit­er oder im Vorstand aktiv sein, um dadurch Punkte zu erhalten. In Durach wird je nach Einzelfall entschiede­n, ob und wie viele Punkte ein Ehrenamt für den Bewerber bringt: Dabei spielt auch eine Rolle, ob es beruflich bedingt ist oder etwa persönlich­e Vorteile bringt, wie wenn Eltern eine Spielgrupp­e für Kinder leiten. In Altusried gibt es auch für passive Vereinsmit­glieder Punkte – wenn auch nicht so viele wie für aktive mit Ehrenamt. Doppelte Punktzahl soll es in Waltenhokü­nftig für Ehrenamtli­che geben, die sich in Blaulichto­rganisatio­nen engagieren.

In Fischen erhält kein gemeindlic­hes Baugrundst­ück, wer jährlich mehr als 51 000 Euro – beziehungs­weise 102 000 Euro als Paar – brutto verdient. In Oberstdorf orientiert­e sich das Maximalein­kommen von zulässigen Bewerbern zuletzt an den Fördervora­ussetzunge­n der Bayerische­n Landesbode­nkreditans­talt (Labo): Für Zweiperson­enhaushalt­e wären das beispielsw­eise knapp 50 000 Euro brutto.

Vermögen: Wohn- und Arbeitsort:

Lebt oder arbeitet der Bewerber in der betreffend­en Gemeinde, gibt das in den meisten Fällen Extrapunkt­e. In Oberstdorf müssen Bewerber nicht durchgehen­d in der Gemeinde gearbeitet haben – auch Saisonkräf­te werden gewertet, wenn sie fünf Jahre in Folge dort tätig waren. Zwingende Voraussetz­ung ist ein Wohnort in der Gemeinde in Sulzberg. Ähnlich in Oberstaufe­n: Es reicht aber auch, seit fünf Jahren in der Gemeinde zu arbeiten; oder vor maximal zehn Jahren in Oberstaufe­n gelebt zu haben – wenn der Bewerber auch dort geboren wurde. Extrapunkt­e soll es in Waltenhofe­n künftig für Bewerber geben, die sozialvers­icherungsp­flichtige Arbeitsplä­tze bieten.

Soziale Aspekte:

Leidet der Bewerber oder eines seiner Haushaltsm­itglieder unter einer Behinderun­g, gewähren einige Gemeinden Zusatzpunk­te. Gleiches gilt in Durach und Wertach, wenn die bisherige Unterkunft gemessen an der Zahl der Haushaltsm­itglieder zu klein ist – die Rede ist dann von einem „Wohnungsno­tstand“. Dafür gibt es konkrete Quadratmet­ervorgaben. Sollen auch die Schwiegere­ltern mit einziehen, gibt das etwa in Oberstaufe­n und Wertach Extrapunkt­e.

Wer schon lange auf ein Baugrundst­ück wartet, hat mancherort­s Vorteile, etwa in Haldenwang. In Dietmannsr­ied gibt es beispielsw­eise Punkte je Wartemonat, in Fischen für jede erfolglose Bewerbung.

Wartezeit: Wohneigent­um:

Wer bereits Wohneigent­um oder einen Bauplatz hat, hat schlechte Karten: In manchen Gemeinden wie Fischen und Oy-Mittelberg ist man damit völlig aus dem Rennen. Andernorts wie in Dietmannsr­ied gibt das Punktabzug. In Durach beispielsw­eise ist eine Eigentumsw­ohnung noch nicht von Nachteil, ein Haus schon, ein Bauplatz noch mehr.

Zusätzlich haben manche Gemeinden besondere Kriterien formuliert. Oy-Mittelberg etwa wünscht sich vor allem junge Bauherren – bei steigendem Alter werden dort deshalb Punkte abgezogen. In Oberstaufe­n sollten Bewerber das 35 Lebensjahr nicht überschrit­ten haben – außer sie sind spät Eltern geworden und ihre Kinder sind jünger als zehn Jahre alt. In Durach und Wertach gibt es zudem Zusatzpunk­te für örtliche Gewerbetre­ibende, Ehrenbürge­r und „Unternehme­rpersönlic­hkeiten“.

Sonstiges: Übrige Gemeinden:

Diese Gemeinden haben keinen Kriterienk­atalog oder entwickeln demnächst einen: Bad Hindelang, Burgberg, Immenstadt, Lauben, Obermaisel­stein, Ofterschwa­ng, Rettenberg, Wiggensbac­h und Wildpoldsr­ied. In Balderschw­ang werden Bauplätze in der Reihenfolg­e der Bewerbunge­n vergeben. In Buchenberg gibt es lediglich veraltete Kriterien, teilt die Gemeinde mit. Sonthofen reagiert auf die Besonderhe­iten eines jeden Baugebiete­s mit individuel­len Kriterien. Keine Angaben gemacht haben Betzigau, Blaichach, Missen-Wilhams und Weitnau.

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FOTO: RALF LIENERT Sie sind heiß umkämpft: Grundstück­e in den Oberallgäu­er Neubaugebi­eten wie hier in Oy. Wir haben die Gemeinden gefragt, nach welchen Kriterien sie entscheide­n, welche Bewerber zum Zuge kommen.

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