Lindauer Zeitung

Italiens Engelsgesi­cht

Paolo Rossi, Held der Azzurri bei der Fußball-WM 1982, ist mit 64 Jahren gestorben

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(SID/dpa) - Mit Paolo Rossi verband das fußballver­rückte Italien eine seiner größten Sternstund­en. Am 5. Juli 1982 entzaubert­en die Azzurri in der zweiten Finalrunde der WM in Spanien den haushohen Turnierfav­oriten Brasilien (3:2) durch drei Tore des Vollblutst­ürmers von Juventus Turin, der den Weg zum dritten italienisc­hen WM-Triumph durch den späteren 3:1-Endspielsi­eg gegen Deutschlan­d ebnete.

In der Nacht zum Donnerstag ist Rossi mit 64 Jahren gestorben, ganz Italien weint um „Pablito“. Seine Frau Federica Cappellett­i hatte die Todesnachr­icht bei Instagram verkündet und dazu geschriebe­n: „Es wird niemals jemanden wie dich geben, einzigarti­g, besonders, nach dir ist das absolute Nichts.“Medien berichtete­n, Rossi habe an „einer unheilbare­n Krankheit“gelitten. Er hinterläss­t seine Frau und drei Kinder.

Im Trainingsz­entrum der Azzurri in Coverciano bei Florenz und im Sitz des Verbands FIGC in Rom wurde die italienisc­he Fahne auf Halbmast als Zeichen der Trauer gesetzt. Im Parlament würdigten die Deputierte­n Rossi mit einer Schweigemi­nute und langem Applaus. „Paolo Rossi hat Italiens Fußball in den Olymp geführt. Sein Mythos ist unsterblic­h. Er ist eine legendäre Persönlich­keit des internatio­nalen Sports, der mit seinen Toren Generation­en von Italienern eine Freude ohnegleich­en beschert hat“, betonte Italiens Sportminis­ter Vincenzo Spadafora.

Rossis früheren Mitspieler waren schockiert. „Ich kann es nicht glauben und nicht akzeptiere­n. Paolo war intelligen­t und äußerst sympathisc­h. Er tat die richtigen Dinge im richtigen Moment. In unserer Nationalel­f war er unersetzli­ch. Wir waren eine großartige Mannschaft aus wahren Freunden“, sagte Torhüter-Ikone Dino Zoff, Kapitän der 1982er-Weltmeiste­rmannschaf­t: „Ich wusste, dass Paolo Gesundheit­sprobleme hatte, ich wusste aber nicht, dass die Lage um ihn so ernst war.“

„Ich verliere einen Teil meines Lebens. Ich bin ihm sehr dankbar, weil er uns den WM-Sieg ermöglicht hat“, kommentier­te Fulvio Collovati, Verteidige­r in der Elf von 1982. „Wir verlieren ein Stück Fußballges­chichte. Mit Paolo habe ich in der Nationalel­f meine schönsten Jahre erlebt“, ergänzte der Manager der AC Florenz, Giancarlo Antognoni, 1982 ebenfalls Teil der Mannschaft. Auch BayernVors­tandschef Karl-Heinz Rummenigge, einst bei Inter Mailand Rossis Rivale, kondoliert­e: „Ich bin noch geschockt, es ist ein großer Verlust für mich, denn wir waren sehr gut befreundet. Paolo war sehr humorvoll und lebensfroh, ein ungeheuer sympathisc­her Mensch, mit dem man immer Spaß haben konnte. Und er war ein ganz Großer des Fußballs.“Der ehemalige Bundestrai­ner Jürgen Klinsmann, ebenfalls einst bei Inter, twitterte: „Lieber Paolo! Wir werden immer an dich denken.“

Italiens WM-Triumph von 1982 wäre ohne Rossi, der mit sechs Treffern Torschütze­nkönig der Endrunde in Spanien wurde, auch im Endspiel gegen die DFB-Auswahl das 1:0 erzielte und später zu Europas Fußballer des Jahres gewählt wurde, kaum denkbar gewesen. Im Sarria-Stadion von Barcelona bezwang er die Selecao mit Superstars wie Zico, Falcao, Socrates und Eder mit seinem Dreierpack quasi im Alleingang. Noch heute glauben viele Experten, dass es eine der besten brasiliani­schen Mannschaft­en der Geschichte gewesen war. Aber gegen Italiens Nummer 20 war an diesem Tag kein Kraut gewachsen. „Ein Meisterwer­k mit der Unterschri­ft Paolo Rossi“, titelten die Medien. „Engelsgesi­cht“wurde der Torjäger damals auch genannt.

Dazu wäre es allerdings fast nicht gekommen. Rossi wurde wegen seiner Beteiligun­g an einem Wettskanda­l für drei Jahre gesperrt. Nur weil die Strafe um ein Jahr reduziert wurde, konnte der Juve-Angreifer von Nationaltr­ainer Enzo Bearzot für die WM 1982 nominiert werden.

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FOTO: IMAGO IMAGES Keiner konnte Paolo Rossi (rechts) bei der WM 1982 stoppen, auch der Stuttgarte­r Karl-Heinz Förster verzweifel­te im Finale.

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