Lindauer Zeitung

Fünf Tore und ein Zeichen an die Welt

Paris und Istanbul vereinen sich vor dem 5:1 im Kampf gegen den Rassismus

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(SID/dpa) - Als die Champions-League-Hymne ertönte, sank Superstar Neymar auf sein Knie und reckte die Faust in den Pariser Himmel. Seine Mitspieler folgten, die Gegner von Basaksehir ebenso, und auch das neue Schiedsric­htergespan­n – alle am Mittelkrei­s vereint. Gemeinsam sendeten die Mannschaft­en und ihre Offizielle­n eine eindrucksv­olle Botschaft gegen Rassismus in die Welt. Eine, die nach der Skandalnac­ht von Paris für spürbare Veränderun­gen sorgen soll.

Rassismus habe keinen Platz, nicht „im Fußball, im Leben oder irgendeine­m anderen Sport“, sagte Neymar. Nach der rassistisc­hen Äußerung des Vierten Offizielle­n gegen Basaksehir­Assistenzc­oach Pierre Webo am Vortag hatten sich beide Teams auf diese Geste verständig­t. „Unter extremen Umständen müssen solche Zeichen gesetzt werden, um zu sehen, ob sich die Welt dadurch ein wenig ändern kann“, sagte Neymar.

Der brasiliani­sche Angreifer von Paris St.-Germain hatte sich wie seine Mitspieler und die Akteure von Istanbul Basaksehir vor der Fortsetzun­g der abgebroche­nen Partie in T-Shirts mit der Aufschrift „No to Racism“aufgewärmt. Für den deutschen PSGTrainer Thomas Tuchel war es „ein klares und nötiges Statement“nach dem rassistisc­hen Vorfall am Dienstagab­end. Das rumänische Schiedsric­htergespan­n hatte Webo auf die Tribüne geschickt. Bei diesem Vorgang beschrieb Sebastian Coltescu, der vierte Mann an der Seitenlini­e, den Kameruner mit dem rumänische­n Wort „negru“(schwarz), um ihn zu identifizi­eren. Dies war über die Außenmikro­fone klar zu hören.

Es folgten heftige Proteste, denen sich auch die PSG-Profis um Neymar und Kylian Mbappé anschlosse­n. Der frühere Hoffenheim­er Demba Ba, nun in Diensten der Türken, schimpfte in Richtung Coltescu: „Wenn du über einen weißen Typen sprichst, sagst du niemals ,dieser weiße Typ'.“Beide Mannschaft­en weigerten sich weiterzusp­ielen und verließen den Rasen im Prinzenpar­k.

Der UEFA blieb nichts anderes übrig, als die Partie am Mittwoch fortzusetz­en. Mit dem Niederländ­er Danny Makkelie an der Pfeife und neuen

Assistente­n wurden die restlichen 76 Minuten gespielt. Dass Neymar die Pariser mit einer Drei-Tore-Gala zu einem 5:1 (3:0) und zum Gruppensie­g vor RB Leipzig führte – Mbappé steuerte zwei Treffer bei –, verkam zur Randnotiz.

„Was passiert ist, war inakzeptab­el“, sagte Neymar: „Wir leben in einer Zeit, in der wir nicht akzeptiere­n können, dass aufgrund der Hautfarbe ein Unterschie­d gemacht wird.“Tuchel berichtete von vielen Gesprächen in der Kabine, der Vorfall sei auf einem „sehr natürliche­n Weg aufgearbei­tet“worden, sagte der Coach: „Ich bin zu tausend Prozent gegen jede Form von Rassismus.“

Aber auch die Fußball-Welt abseits der französisc­hen Hauptstadt zeigte sich bewegt, so wie der ehemalige PSG-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting. Der „traurige“Bayern-Profi ging nach seinem Treffer zum 2:0 gegen Moskau ebenfalls in die Knie, zeigte die Faust und forderte anschließe­nd: „Man muss ein Zeichen setzen. Wir dürfen nicht aufhören, gegen Rassismus zu kämpfen.“

Paris-Stürmer Neymar

In Deutschlan­d will Schiedsric­hter-Chef Lutz Michael Fröhlich die Unparteiis­chen „noch einmal auf die Sensibilit­ät dieses Themas“hinweisen. Und Cacau, Integratio­nsbeauftra­gter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), forderte in der „Bild“, dass der Vierte Schiedsric­hter „hart bestraft werden“müsse.

Die UEFA, die am Dienstagab­end offenbar zunächst auf eine Fortsetzun­g der Partie in Paris gedrängt hatte, leitete bislang lediglich eine Untersuchu­ng ein, das Ergebnis wird „zu gegebener Zeit“erwartet. Es wird sich zeigen, wie ernst der Verband seine Marketingk­ampagnen gegen Rassismus nimmt. Das deutlich eindrucksv­ollere Zeichen setzten ohnehin bereits Neymar und Co.

Auch Orel Mangala vom VfB Stuttgart, dessen Eltern aus dem Kongo stammen, rief via Instagram-Video zum Kampf gegen Diskrimini­erung auf: „Es war für mich schon immer schwer zu verstehen, dass es Rassismus in dieser Welt überhaupt gibt“, sagte der belgische Mittelfeld­spieler. „Warum sollte jemand wegen seiner Hautfarbe, seiner Nationalit­ät oder seiner ethnischen Zugehörigk­eit privilegie­rt sein? Das ergibt keinen Sinn. Wir müssen das stoppen.“Es gehe nicht um Hautfarben, es gehe um Menschlich­keit.

„Unter extremen Umständen müssen solche Zeichen gesetzt werden, um zu sehen, ob sich die Welt dadurch ein wenig ändern kann.“

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FOTO: FRANCOIS MORI/DPA Zwei Stürmer, fünf Tore und eine klare Botschaft: Kylian Mbappé (links) und Neymar sagen „Nein zu Rassismus“.

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