Düsseldorf statt Disney World
Der Rekordmeister trägt in einer achttägigen Blase mit 15 Mannschaften das Champions-League-Turnier aus
(SID/dpa/zak) - „Bubbles“retten derzeit auch das Tischtennis. Die Champions-League-Endrunde ab Freitag in Düsseldorf ist binnen Monatsfrist das zweite streng von der Außenwelt abgeschirmte Großereignis in der Corona-Krise nach der internationalen Turnierserie in China. Der organisatorische und finanzielle Kraftakt in Timo Bolls zweiter Heimat hat nach dem Abbruch der Königsklasse in der Vorsaison vor allem einen Zweck: Präsenz zeigen.
„Die Vereine brauchen neuen Input für ihre Sponsoren und müssen sich zeigen“, sagt Manager Andreas Preuß vom deutschen Rekordmeister und Mitorganisator Borussia Düsseldorf über die Bedeutung der Veranstaltung. Tatsächlich wären ohne das achttägige Turnier mit seinem sechsstelligen Etat (alle Spiele bei sportdeutschland.tv) wichtige Verträge sowohl der Vereine als auch des EuropaVerbandes ETTU in Gefahr gewesen. Aufschlagen werden neben Boll seine Nationalteamkollegen Dimitrij Ovtcharov, der mit Titelverteidiger Fakel Orenburg fünf der letzten acht Titel holte und als Favorit ins Rennen geht, und Patrick Franziska (Saarbrücken), dritter deutscher Club ist der SV Mühlhausen. Ex-Meister TTF Liebherr Ochsenhausen hatte vor der Saison erneut auf eine Teilnahme verzichtet wegen der Terminhetze für seine Weltklassespieler.
Der gewohnte Modus in der Königsklasse war wegen Pandemie und Reisebeschränkungen unmöglich, die Rettung ist die Blase. Nachdem zwischenzeitlich sogar Disney World in Paris als Schauplatz im Gespräch war, kristallisierte sich die NRW-Metropole aus Infrastrukturgründen als einzige realistische Option heraus. „Ohne jede Arroganz“, meint Preuß, „sind wir tatsächlich die Einzigen, die es machen können – und deswegen mussten wir auch.“
Damit hat sich der Boll-Club einen Haufen Arbeit eingebrockt. Der Zeitplan mit vier Spielblöcken an den drei Gruppenspieltagen und im Viertelfinale zwischen 10 Uhr und 20.30 Uhr lässt die Dimension des Aufwandes erahnen. In wochenlanger Detailarbeit entwickelten Preuß und sein Team Pläne für die Abwicklung der Corona-Tests, Laufwege und Mahlzeiten ohne mannschaftsfremde Kontakte, die Reinigung und Desinfektion von Trainings- und Spielhallen sowie Umkleiden. „Das ist noch einmal deutlich mehr Aufwand als beim Restart in China, weil wir mit 15 Mannschaften und ihren Delegationen und nicht nur mit 16 Spielern zu tun haben“, unterstreicht Preuß das Ausmaß der Herausforderung.
Im Deutschen Tischtennis-Zentrum – zugleich Borussias Heimat – sind acht der 15 Mannschaften aus zehn Nationen isoliert untergebracht, die sieben anderen Teams haben ihr nahes Quartier in einem ebenfalls separierten Hotel. Die Spieler dürfen die Hotels bis zum Ausscheiden ihres Clubs nicht verlassen. 70 Helfer sind im Dauereinsatz. Als Lohn wünschen sich die Macher eine gute Außendarstellung ihres Sports. „Das wird ein Tischtennis-Fest, bei dem Düsseldorf und wir die Tischtennis-Hauptstadt Europas sind“, sagt Preuß. Als Nebeneffekt hoffen die Borussen auch wegen des Heimvorteils auf das Ende ihrer ungewohnt langen Durststrecke: Boll und Co. jagen seit ihrem Triple von 2018 einem Titel hinterher.
Ochsenhausen klettert: Tischtennis-Bundesligist TTF Liebherr Ochsenhausen ist dank eines 3:1Siegs im Nachholspiel über den TTC Fulda in der Bundesliga mit 12:2 Zählern auf Rang zwei geklettert hinter Düsseldorf. Matchwinner der TTF, die ohne Spitzenmann Hugo Calderano antraten, war neben dem Franzosen Simon Gauzy, der zwei Zähler beisteuerte und nun eine 10:1-Bilanz aufweist, der polnische Neuzugang Samuel Kulczycki, der Quadri Aruna 11:8, 5:11, 11:7, 11:3 schlug. Der 18-jährige Pole hatte bereits beim 3:2 gegen Grünwettersbach mit einem Sieg im finalen Doppel mit seinem 17-jährigen Landsmann Maciej Kubik über das Spitzenpaar Qiu/Rasmussen für Aufsehen gesorgt. Am Freitag erwarten die TTF Aufsteiger Bad Homburg, am Freitag darauf steht das Derby beim TTC Neu-Ulm an. Am 21. Dezember kommt es zum Spitzenspiel in Düsseldorf. (zak)