Zwingendes Herunterfahren
Deutschland hat Zeit verloren. Vielleicht haben sich manche Entscheidungsträger auch von einer enorm lautstarken, aber sehr kleinen Minderheit beeindrucken lassen. Jetzt sind die Infektionswie die Todeszahlen so hoch, dass mit den Worten des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann das öffentliche Leben radikal heruntergefahren werden muss.
Der „Wellenbrecher-Shutdown“war marketingtechnisch eine hübsche sprachliche Erfindung, aber gebrochen hat er nichts. Das moderate Vorgehen Ende Oktober war nicht ausreichend. Corona grassiert stärker denn je. Der Chronistenpflicht halber der Hinweis: Im Herbst war Angela Merkel mehr oder minder die Einzige, die strengere Schritte umsetzen wollte. Sie scheiterte an Länderinteressen oder vermeintlichen Befindlichkeiten von Parteifreunden. Auch die Vertreter der anderen Parteien waren nicht wirklich eine Stütze für die Bundeskanzlerin im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Ihr Gesicht sprach damals Bände.
Nun muss hart heruntergefahren werden. Die Belegungen der Intensivstationen der Krankenhäuser steigen stark an. Die Belastung des medizinischen Personals ist enorm. Corona ist außer Kontrolle geraten, resümiert Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU).
Doch der Staat hat die Pflicht, die Gesundheit und das Leben der Menschen zu schützen. Darum geht es. Appelle an die Vernunft haben ganz offensichtlich nichts bewirkt. Ähnliches gilt europaweit: In Schweden, der Schweiz oder Italien sieht es nicht besser aus, vielfach sogar dramatisch schlechter. In Belgien zeigt sich hingegen, dass konsequente und strikte Maßnahmen Infektionszahlen nach unten drücken können.
Es gibt nicht die berühmte Blaupause für das Überwinden dieser Massenerkrankung, es gibt keinen Königsweg. Es mag eine Floskel sein, aber bis Impfungen zu einer spürbaren Verbesserung der Situation führen, ist neben dem Staat eben jeder Einzelne gefordert. Manchmal wiederholen sich auch die Grundthesen von Kommentaren.