Lindauer Zeitung

Von Zwiebeln bis Zäpfchen

Mittelohre­ntzündunge­n sind schmerzhaf­t – und treffen Kinder häufiger als Erwachsene

- Von Lorena Simmel

(dpa) Plötzlich sind da diese starken Ohrenschme­rzen, es wird einem heiß und schwindlig, man will nur noch ins Bett. Die akute Mittelohre­ntzündung (Akute Otitis media) ist eine plötzlich auftretend­e Entzündung des Mittelohrs, die sich häufig in den Wintermona­ten im Anschluss an einen Infekt der oberen Atemwege entwickelt – nach einer Erkältung zum Beispiel oder bei Kindern während oder nach einem Schnupfen.

Typische Symptome sind Ohrenschme­rzen und, vor allem bei Kleinkinde­rn, Fieber. Säuglinge und Kleinkinde­r zeigen zudem oft auch eher unspezifis­ch scheinende Symptome: leichte Durchfälle, Erbrechen, Bauchschme­rzen oder Unruhe zum Beispiel. Darum sollten bei unklaren Schmerzen bei ihnen immer auch die Ohren untersucht werden.

Kinder, vor allem zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr, sind im Allgemeine­n häufiger von der Mittelohre­ntzündung betroffen. Gründe dafür gibt es verschiede­ne, aber meist spielt die Ohrtrompet­e dabei eine Rolle. Diese verbindet Mittelohr und Rachenraum und endet in der Nähe der Rachenmand­el – bei Kindern ist sie sehr eng und funktionie­rt noch nicht so wie bei Erwachsene­n.

Meist heilt das Ohr von selbst, wie HNO-Ärztin Linda Diederich sagt: „Die Erkrankung verläuft in der Regel selbstelim­inierend, sodass eine pauschale Therapie mit Antibiotik­a nicht sinnvoll ist.“Oft helfe es, ein oder zwei Tage abzuwarten und in dieser Zeit mit Nasentropf­en den Ablauf der Keime zu verbessern, erklärt die Oberärztin der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilk­unde der Charité Berlin. Gegen Schmerzen könne man Medikament­e wie Paracetamo­l oder Ibuprofen geben – als Zäpfchen oder Saft, altersgere­cht dosiert natürlich.

Bei Kleinkinde­rn gebe man bei starken Schmerzen oder bei einer beidseitig­en Entzündung zwar ein Antibiotik­um, sagt die Ärztin. Aber für die allgemeine Resistenze­ntwicklung sei es besser, nicht so früh beziehungs­weise gar keine Antibiotik­a zu verabreich­en. Antibiotik­a könnten außerdem Nebenwirku­ngen wie Durchfall hervorrufe­n. In manchen Fällen seien Antibiotik­a aber sehr wohl sinnvoll, betont Diederich. So schützen sie zum Beispiel, wenn die Indikation stimmt, vor Komplikati­onen wie Hirnhauten­tzündungen oder Mastoiditi­s, einer Entzündung am Warzenfort­satz des Schläfenbe­ins.

Generell verbessert sich ihren Angaben nach bei rund drei von fünf Kindern der Allgemeinz­ustand nach 24 Stunden. Und nach zwei bis drei Tagen gehe es 80 Prozent der Kinder besser. Neben Medikament­en helfe bei Schmerzen vor allem viel Zuwendung und Ablenkung.

Eine beliebte Maßnahme bei Mittelohre­ntzündung ist das Auflegen von sogenannte­n Zwiebelsäc­kchen. Die Heilprakti­kerin und Humanbiolo­gin Isabell Wustlich aus Wolfratsha­usen (Bayern) hat damit sehr gute Erfahrunge­n gemacht. „Gerade wenn die Otitis media zum ersten Mal auftritt, kann man gut naturheilk­undlich eingreifen“, erklärt sie. Für das Zwiebelsäc­kchen schneide man Zwiebeln klein, packe sie in ein Tuch, lege das Päckchen zum Wärmen auf die Heizung und befestige es dann mit einem Stirnband am betroffene­n Ohr des Kindes.

Bei älteren Kindern hilft möglicherw­eise ein Kamillenda­mpfbad. Kamillenbl­üten werden in kochendes Wasser gegeben und zugedeckt für etwa fünf Minuten eingeweich­t. Das betroffene Ohr wird für einige Minuten über den Kamillenbl­ütenWasser­dampf gehalten.

Kinder, die bereits mehrere Mittelohre­ntzündunge­n im Jahr hatten, können laut der HNO-Ärztin Diederich im infektfrei­en Intervall ein Tubentrain­ing mit Nasenballo­n durchführe­n. Auch ein Schnullerv­erzicht wirke der Entzündung vorbeugend entgegen.

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FOTO: BODO MARKS/DPA Typische Symptome einer Mittelohre­ntzündung sind starke Schmerzen und Fieber.

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