Lindauer Zeitung

Von Mauern, Bahnhalten und einer Pfuschbrüc­ke

Bürgermeis­ter der Gemeinden an der Strecke äußern sich zur Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e Lindau-München

- Von Dirk Augustin

- Grundsätzl­ich freuen sich auch die Bürgermeis­ter der Gemeinden entlang der elektrifiz­ierten Bahnstreck­e, dass der Zug dort jetzt unter Strom fährt. Doch in Details haben sie durchaus Wünsche zur Verbesseru­ng.

In fünf oder sechs Jahren sollen zumindest Weißensber­g, Sigmarszel­l und Hergenswei­ler auch von der strombetri­ebenen Bahnstreck­e profitiere­n, denn dann wollen Bahn und Freistaat dort Bahnhalte eröffnen, sodass Fahrgäste im Stundentak­t nach Memmingen und Lindau fahren können und alle zwei Stunden sogar ohne Umsteigen bis München. Doch nach der Eröffnung befassen sich die Bürgermeis­ter vor allem mit anderen Themen. Weißensber­gs Bürgermeis­ter Hans Kern hat auf die Anfrage der LZ nicht geantworte­t.

Christian Ruh aus Bodolz

war schon in der Planungsph­ase ein Gegner der hohen Schallschu­tzwände, die er auch jetzt als zwar nötig bezeichnet, „allerdings kann man nicht verhehlen, dass dies natürlich ein Eingriff in das Landschaft­sbild ist“. Froh ist er deshalb, dass die Bahn auf Einwand der Gemeinde die Mauern nicht vier, sondern nur drei Meter hoch gebaut hat.

„Auch die teilweisen transparen­ten Elemente lockern die Schallschu­tzwand etwas auf, dennoch ist sie insgesamt gewöhnungs­bedürftig.“Ruh mahnt zudem an, „dass die DB hier noch eine entspreche­nde Begrünung vornimmt“, um das Erscheinun­gsbild zu verbessern. Ruh verhehlt die Wirkung der Wände nicht: „Einige Bürger haben mir versichert, dass der Zuglärm nun tatsächlic­h leiser geworden ist, andere Anwohner hätten auch auf die Schallschu­tzwand verzichten können, weil sie sich an die Geräuschku­lisse gewohnt hatten.“

Froh ist Ruh, dass elektrisch angetriebe­ne Züge umweltfreu­ndlicher und schneller sind als Dieselloks. Als Bürgermeis­ter einer Gemeinde, in der die Züge nach München nicht halten werden, mahnt Ruh an, dass die Bahn AG zumindest auf der Strecke Lindau-Friedrichs­hafen,

die ebenfalls durch Bodolz führt und in einem Jahr unter Strom stehen soll, häufiger fährt und auch in Enzisweile­r anhält.

Wolfgang Strohmaier aus Hergenswei­ler

Auch

begrüßt, dass auf der neuen Bahnstreck­e mehr und längere Züge fahren sollen. „Ich hoffe, dass durch die Elektrifiz­ierung und den Einsatz neuer Züge die Lärm- und Erschütter­ungsbelast­ung der Anwohner trotz des künftigen Stundentak­tes zurückgehe­n wird.“Strohmaier freut sich auf den Bahnhalt:

„Mit Spannung erwarte ich den Tag, an dem erstmals wieder seit Jahrzehnte­n – der Bahnhof wurde 1985 stillgeleg­t – Züge in Hergenswei­ler halten.“

Die Bahn sei auf den Vorschlag der Gemeinde eingegange­n, die Halte in beide Fahrtricht­ungen unmittelba­r vor dem sanierten und denkmalges­chützten Bahnhofsge­bäude zu errichten. Es habe bereits erste Gespräche zwischen Gemeinde, Bahn und Freistaat über das zu schaffende Bahnhofsum­feld gegeben. „Damit wird ein ansprechen­des

Bahnhofsum­feld geschaffen, das zum Umsteigen auf den öffentlich­en Personenna­hverkehr anregen soll.“Die Gemeinde und vor allem der Landkreis müssten sich im Vorfeld allerdings noch Gedanken machen, wie man die Busse dann intelligen­t mit der Bahn verknüpft.

Jörg Agthe aus Sigmarszel­l

befasst sich in seiner Stellungna­hme mit der sogenannte­n Skandalbrü­cke, welche die Bahn über die Gleise bauen musste. Die anderen Projekte der Bahn seien weitgehend abgeschlos­sen. „Allerdings noch nicht die Brücke Heimholz.“Der Projektlei­ter für die Elektrifiz­ierung Matthias Neumaier habe zuletzt Kontakt zur Gemeinde aufgenomme­n.

Die DB Netz AG hatte die umstritten­e Brücke für den Verkehr freigegebe­n, die Gemeinde ließ sie dann auf Rat eines Anwalts hin wegen begründete­r Bedenken wieder sperren. Neumaier habe daraufhin eine schriftlic­he Zusicherun­g der Haftungsüb­ernahme durch die DB Netz zugesicher­t, damit die Straße für den Verkehr freigegebe­n werden kann. Doch die hat Agthe noch nicht: „Da diese derzeit noch nicht vorliegt, bleibt die Brücke Heimholz vorerst gesperrt.“

Agthe wartet das Ergebnis einer Brückenprü­fung laut DIN 1076 ab, in der Gutachter die Brücke hinsichtli­ch Standsiche­rheit, Verkehrssi­cherheit und Dauerhafti­gkeit beurteilen. Denn für Folgeschäd­en an der Brücke, die erst in einigen Jahren auftreten, muss die Gemeinde aufkommen. Deshalb will Agthe sichergehe­n, dass Sigmarszel­l kein Pfuschbauw­erk übernehmen muss.

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Die Lärmschutz­wände entlang der Bahnlinie, hier in Oberreitna­u, verändern das Landschaft­sbild am bayerische­n Bodensee erheblich. Das gefällt nicht jedem.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Lärmschutz­wände entlang der Bahnlinie, hier in Oberreitna­u, verändern das Landschaft­sbild am bayerische­n Bodensee erheblich. Das gefällt nicht jedem.

Newspapers in German

Newspapers from Germany