Von Mauern, Bahnhalten und einer Pfuschbrücke
Bürgermeister der Gemeinden an der Strecke äußern sich zur Elektrifizierung der Bahnstrecke Lindau-München
- Grundsätzlich freuen sich auch die Bürgermeister der Gemeinden entlang der elektrifizierten Bahnstrecke, dass der Zug dort jetzt unter Strom fährt. Doch in Details haben sie durchaus Wünsche zur Verbesserung.
In fünf oder sechs Jahren sollen zumindest Weißensberg, Sigmarszell und Hergensweiler auch von der strombetriebenen Bahnstrecke profitieren, denn dann wollen Bahn und Freistaat dort Bahnhalte eröffnen, sodass Fahrgäste im Stundentakt nach Memmingen und Lindau fahren können und alle zwei Stunden sogar ohne Umsteigen bis München. Doch nach der Eröffnung befassen sich die Bürgermeister vor allem mit anderen Themen. Weißensbergs Bürgermeister Hans Kern hat auf die Anfrage der LZ nicht geantwortet.
Christian Ruh aus Bodolz
war schon in der Planungsphase ein Gegner der hohen Schallschutzwände, die er auch jetzt als zwar nötig bezeichnet, „allerdings kann man nicht verhehlen, dass dies natürlich ein Eingriff in das Landschaftsbild ist“. Froh ist er deshalb, dass die Bahn auf Einwand der Gemeinde die Mauern nicht vier, sondern nur drei Meter hoch gebaut hat.
„Auch die teilweisen transparenten Elemente lockern die Schallschutzwand etwas auf, dennoch ist sie insgesamt gewöhnungsbedürftig.“Ruh mahnt zudem an, „dass die DB hier noch eine entsprechende Begrünung vornimmt“, um das Erscheinungsbild zu verbessern. Ruh verhehlt die Wirkung der Wände nicht: „Einige Bürger haben mir versichert, dass der Zuglärm nun tatsächlich leiser geworden ist, andere Anwohner hätten auch auf die Schallschutzwand verzichten können, weil sie sich an die Geräuschkulisse gewohnt hatten.“
Froh ist Ruh, dass elektrisch angetriebene Züge umweltfreundlicher und schneller sind als Dieselloks. Als Bürgermeister einer Gemeinde, in der die Züge nach München nicht halten werden, mahnt Ruh an, dass die Bahn AG zumindest auf der Strecke Lindau-Friedrichshafen,
die ebenfalls durch Bodolz führt und in einem Jahr unter Strom stehen soll, häufiger fährt und auch in Enzisweiler anhält.
Wolfgang Strohmaier aus Hergensweiler
Auch
begrüßt, dass auf der neuen Bahnstrecke mehr und längere Züge fahren sollen. „Ich hoffe, dass durch die Elektrifizierung und den Einsatz neuer Züge die Lärm- und Erschütterungsbelastung der Anwohner trotz des künftigen Stundentaktes zurückgehen wird.“Strohmaier freut sich auf den Bahnhalt:
„Mit Spannung erwarte ich den Tag, an dem erstmals wieder seit Jahrzehnten – der Bahnhof wurde 1985 stillgelegt – Züge in Hergensweiler halten.“
Die Bahn sei auf den Vorschlag der Gemeinde eingegangen, die Halte in beide Fahrtrichtungen unmittelbar vor dem sanierten und denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude zu errichten. Es habe bereits erste Gespräche zwischen Gemeinde, Bahn und Freistaat über das zu schaffende Bahnhofsumfeld gegeben. „Damit wird ein ansprechendes
Bahnhofsumfeld geschaffen, das zum Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr anregen soll.“Die Gemeinde und vor allem der Landkreis müssten sich im Vorfeld allerdings noch Gedanken machen, wie man die Busse dann intelligent mit der Bahn verknüpft.
Jörg Agthe aus Sigmarszell
befasst sich in seiner Stellungnahme mit der sogenannten Skandalbrücke, welche die Bahn über die Gleise bauen musste. Die anderen Projekte der Bahn seien weitgehend abgeschlossen. „Allerdings noch nicht die Brücke Heimholz.“Der Projektleiter für die Elektrifizierung Matthias Neumaier habe zuletzt Kontakt zur Gemeinde aufgenommen.
Die DB Netz AG hatte die umstrittene Brücke für den Verkehr freigegeben, die Gemeinde ließ sie dann auf Rat eines Anwalts hin wegen begründeter Bedenken wieder sperren. Neumaier habe daraufhin eine schriftliche Zusicherung der Haftungsübernahme durch die DB Netz zugesichert, damit die Straße für den Verkehr freigegeben werden kann. Doch die hat Agthe noch nicht: „Da diese derzeit noch nicht vorliegt, bleibt die Brücke Heimholz vorerst gesperrt.“
Agthe wartet das Ergebnis einer Brückenprüfung laut DIN 1076 ab, in der Gutachter die Brücke hinsichtlich Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit beurteilen. Denn für Folgeschäden an der Brücke, die erst in einigen Jahren auftreten, muss die Gemeinde aufkommen. Deshalb will Agthe sichergehen, dass Sigmarszell kein Pfuschbauwerk übernehmen muss.