Lindauer Zeitung

„Ein Appell an das Wir-Gefühl der Allgäuer“

Mit einer Kampagne will die Allgäu GmbH die Zahl der Corona-Infektione­n drücken – Was die Verantwort­lichen erhoffen und welche Rolle der Freizeitsp­ort dabei spielt

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- Mit einer ungewöhnli­chen Kampagne will die Allgäu GmbH helfen, die Ausbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n: „gemeinsam#unter50“ist ein Appell an alle Bürger, in den Weihnachts- und Silvestert­agen daheim zu bleiben und so Kontaktket­ten zu unterbrech­en.

Ziel ist es, dass der Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt im Allgäu die Zahl 50 unterschre­itet. Der Wert liegt aktuell zwischen 129 und 236. Die Schwelle von 50 ist markant, da Fachleute damit einen deutlichen Rückgang des Infektions­geschehens verbinden. Die ins Leben gerufene Kampagne erläutern Klaus Fischer und Bernhard Joachim, die Geschäftsf­ührer der Allgäu GmbH, im Gespräch mit Markus Raffler.

Seit Mittwoch greift der harte Lockdown. Was kann da die Kampagne der Allgäu GmbH zusätzlich bewirken?

Fischer: Der Lockdown macht unsere Aktion nicht überflüssi­g, im Gegenteil: Unsere Kampagne ist die ideale Ergänzung. Denn das eine sind die Verbote und Anordnunge­n von Politik und Regierung. Das andere ist das Verständni­s der Menschen und die Bereitscha­ft, selbst einen Anteil bei der Bekämpfung der Pandemie zu leisten. Schließlic­h haben wir tagsüber nur eine beschränkt­e Ausgangssp­erre.

Joachim: Es geht uns ein Stück weit darum, die Allgäuer bei der Ehre zu packen. Wir appelliere­n an das WirGefühl aller: Jetzt ist der Zeitpunkt, um Zusammenha­lt zu zeigen. Ein Beispiel: Der Memminger oder Kemptener muss in den nächsten Wochen nicht um den Forggensee laufen oder dem besten Schnee in der Loipe nachfahren. Da sollte jeder wegen der Ansteckung­sgefahr überlegen: Braucht’s das wirklich? Besser wäre es, aufeinande­r achtzugebe­n und solidarisc­h zu sein. Nur gemeinsam können wir einen Inzidenzwe­rt von unter 50 erreichen, damit das öffentlich­e Leben im Januar wieder stattfinde­n kann – mit Gastronomi­e, Handel, Kultur, Winterspor­t und Vereinsleb­en.

Was hat die Allgäu GmbH dazu gebracht, eine solche Kampagne zu starten?

Fischer: Das Allgäu ist eine starke Region und in vielem Vorreiter. Diese Position wollen wir nutzen. Die Allgäu GmbH als Sprachrohr der wesentlich­en Kräfte in der Region ist prädestini­ert, in dieser schwierige­n Zeit aktiv zu werden. Dem Aufsichtsr­at ging es darum, ein Zeichen zu setzen und ein Bewusstsei­n für den Ernst der Lage zu schaffen.

Wie wollen Sie diese Botschaft bei den Menschen verankern?

Joachim: Indem wir viele Kanäle bespielen. Wir nutzen weithin sichtbare Landmarken oder markante Gebäude als Projektion­sflächen. Das blaue Kampagnenl­abel wird nachts auf Rathäusern, Hotels oder der Oberstdorf­er Skisprungs­chanze prangen. Es gibt Anzeigen und wir nutzen die sozialen Netzwerke. Geplant ist auch, das Label bei Sparkassen-Geldautoma­ten oder WebcamAnsi­chten einzublend­en.

Wer genau gehört zu Ihrer Zielgruppe?

Fischer: Uns geht es in erster Linie um die Allgäuer an sich. Denn der Skitoureng­eher, der in den kommenden Tagen in den Bergen unterwegs ist, kommt selten aus Ulm oder Stuttgart. Wir werden aber auch versuchen, Auswärtige anzusprech­en – bis nach Augsburg, Baden-Württember­g und an den Bodensee.

Rechnen Sie bei Ihrer Kampagne nicht mit Gegenwind, etwa aus dem Handel? Auch Allgäuer Hotels und Gaststätte­n, die trotz ausgeklüge­lter Hygienekon­zepte schließen mussten, dürfte die von Ihnen betriebene Aktion wohl kaum freuen.

Joachim: Es gab anfangs auch kritische Stimmen, etwa vom Einzelhand­elsverband. Inzwischen ist das Echo aber durchweg positiv. Denn vielen ist bewusst, dass erst die Infektions­zahlen deutlich runter müssen, bevor die Wirtschaft wieder hochfahren kann. Auch die Hotellerie steht hinter der Kampagne.

Ist es realistisc­h, dass der 50er-Inzidenzwe­rt bald geknackt wird?

Fischer: Wenn wir das wüssten … So oder so gibt es aus unserer Sicht keine Alternativ­e zum drastische­n Herunterfa­hren. Es ist aber klar, dass es über die Feiertage trotz Lockdowns viele Kontakte geben wird. Insofern wäre zum Jahreswech­sel ein Unterschre­iten der 100er-Marke ein erster Erfolg.

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