Große Kunst, jetzt auch weiblich
Die Nordische Kombination der Frauen feiert Weltcup-Premiere – mit Svenja Würth
7 Jahre jung ist Svenja Würth – und damit im besten Sportlerinnenalter. 27 Jahre jung ist Svenja Würth ... und fängt noch einmal neu an: Skispringen war gestern für die Schwarzwälderin vom SV Baiersbronn, Nordische Kombation ist heute und morgen. Der Winterzweikampf, feminin – ein Versuch von der Schanze, fünf Skating-Kilometer in der Loipe –, hat Weltcup-Premiere zur Stunde in Ramsau am Dachstein. Auch (das nur nebenbei) dank der Beharrlichkeit von Horst Hüttel, Teammanager im Deutschen Skiverband (DSV), Vorsitzender des Komitees für Nordische Kombination im SkiWeltverband FIS.
Svenja Würth kennt sich aus mit Premieren: Als der Skisprung weiblich wurde, war sie Frau der ersten Weltcup-Saison (wenngleich der zweiten Station; sie stieg am 7. Januar 2012 in Hinterzarten ein und wurde gleich Fünfte). 92 Starts solo sind bis diesen März zusammengekommen, ein dritter Platz – 2017 in Ljubno – ragte heraus. Auch ihren Karrierehöhepunkt erlebte Svenja Würth 2017. Lahti, Nordische WM: Starke Sechste im Einzel ist sie auf der SalpausselkäSchanze zwei Tage zuvor gewesen, jetzt sprang sie im Mixed-Quartett neben Carina Vogt, Markus Eisenbichler und Andreas Wellinger. Absprungstark. Nervenstark. Zu Gold.
Wieso wechselt man da? „Ich war erfolgreich als Skispringerin, war dann aber auch ziemlich oft verletzt. Es ist extrem mühsam, sich immer wieder ranzukämpfen.“Da gab es diesen fatalen Trainingssprung im russischen Chaikovsky, die Windböe, den Sturz aus einiger Höhe, den Bruch des sechsten Halswirbels. Vor dem Gelähmt-Sein bewahrten Millimeter. Da gab es den Kreuzbandriss sechs Wochen vor Pyeongchang. Wieder kein Olympia, wieder Reha stattdessen! Und irgendwann, als die Rückkehr leidlich geschafft, zugleich die Frauen-Kombination kräftig am Werden war, da reifte in Svenja Würth der Entschluss: Zurück zu den Wurzeln!
Die Siebenjährige nämlich kombinierte mit (Herzens-)Lust. Nur gab es noch keine Wettkampfplattform, somit keine Perspektive. Gibt es jetzt: Am 27. Februar 2021 kürt Oberstdorf eine Kombinationsweltmeisterin. Olympisch ist Peking ein Jahr später eher noch keine, Mailand/Cortina d’Ampezzo 2026 sehr wohl eine Option. Horst Hüttel am Mittwoch: „Da ist, glaub’ ich, die Tür weit offen.“
Und Svenja Würth 32. 29 der 32 Starterinnen aus neun Nationen in
Ramsau sind jünger als sie; damit kommt Svenja Würth bestens klar, auch wenn sie neuerdings manchmal von sich als „Oma“spricht. Im DSVTeam mit Junioren-Weltmeisterin Jenny Nowak (SC Sohland/18 Jahre), mit Maria Gerboth (WSV Schmiedefeld/18) und Sophia Maurus (TSV Buchenberg/19) stimme es atmosphärisch, sei es „ein Geben und Nehmen“. Skisprungtipps Marke Würth sind begehrt. Gegendeal: „Dass ich von den ,Kleinen‘ das Laufen lernen kann.“
Da nämlich fing die Spezialspringerin Würth „erst mal bei null an. Das ist natürlich auch ein Anpassungsprozess, bis der Körper da mitspielt und das ganze Training verkraftet, weil’s doch andere Umfänge sind und ganz andere Inhalte. Man stellt sich das so leicht vor, aber auch ich kann nicht zaubern. Ich hab’ fleißig gearbeitet. Nur: Es braucht halt einfach Zeit.“
„Ein Sommer Training“ist da nichts, sagt Klaus Edelmann, der Leitende Disziplintrainer der Kombiniererinnen. Und doch bestätigt er seiner Quereinsteigerin „einen wahnsinnigen Schritt nach vorne“in der Loipe – „auch wenn noch nicht alles aufgegangen ist“. Vorerst sei deshalb Maxime, „dass sie stark springt und dann das Erarbeitete umsetzt“. Problem nur: Das (notwendige) viele Ausdauertraining erschwert das „stark Springen“, Schnellkraft und Koordination leiden. „Da“, musste Svenja Würth nicht nur einmal erfahren, „wird es an der Schanze schon mal bissl zäher.“
Ein schmaler Grat, es braucht Balance. „Das ist die große Kunst.“In Ramsau. Nach Ramsau. Svenja Würth weiß das. Sie will das. Sie lächelt. „Ich mag Herausforderungen.“