Ein Verteidiger mit natürlichem Stürmerinstinkt
James Bettauer brilliert bei den Towerstars mit Offensivstärke – Lob gibt es aber auch für sein Kerngebiet
- Ohne die CoronaKrise wäre James Bettauer nicht bei den Ravensburg Towerstars gelandet. Dass der 29-jährige Verteidiger mit deutschem und kanadischem Pass zum ersten Mal in der Deutschen Eishockey-Liga 2 (DEL2) spielt, freut nun aber alle, die es mit den Towerstars halten. Bettauer ist ein Stürmer im Verteidigergewand.
Acht Tore und fünf Vorlagen in bisher elf Saisonspielen machen Bettauer zum viertbesten Scorer im Team der Towerstars – und mit Andreas Driendl zum besten Torschützen. Ligaweit ist der 29-Jährige punktbester Verteidiger. „Ich bin in erster Linie ein Verteidiger“, sagt Bettauer schmunzelnd. „Aber wenn ich offensiv helfen kann, ist das natürlich auch gut. Wenn sich eine Möglichkeit bietet, dann schieße ich. Wenn nicht, muss ich das Spiel lesen, passen, und so dem Team helfen.“Und das tut er ohne Zweifel. Vielleicht ist Bettauer sogar der Königstransfer der Towerstars gewesen. „Er hat früher schon mal Stürmer gespielt, er hat diesen natürlichen Instinkt“, sagt Ravensburgs Trainer Rich Chernomaz über Bettauers Offensivqualitäten. „Aber er macht bei uns auch einen sehr guten Job in der Verteidigung, spielt stark in Unterzahl. Er hilft uns sehr.“
Die Towerstars stehen bislang auch glänzend da. Platz eins nach elf Partien, Topwerte in Offensive und Defensive – und zuletzt fünf Siege in Folge. „Wir haben dieses Jahr eine sehr gute Mannschaft mit vielen guten Leuten und einem guten Trainer“, sagt Bettauer. „Ich habe dieses Jahr Spaß, wir alle haben Spaß, es ist einfach ein schönes Umfeld hier.“Mit seiner Frau wohnt der in Burnaby im kanadischen Bundesstaat British Columbia geborene Bettauer direkt in Ravensburg. „Das ist bislang unsere Lieblingsstadt, wir fühlen uns hier sehr heimisch.“
Nach sieben Jahren in der DEL bei Hamburg, Augsburg, Straubing und Krefeld ging es für Bettauer vor der Saison 2019/20 nach Großbritannien. Bei den Sheffield Steelers hatte er einen Vertrag über zwei Jahre unterschrieben. Doch die Saison 2020/21 in der EIHL wurde abgesagt, Bettauer war plötzlich auf dem Spielermarkt – und die Towerstars schlugen zu. „Ich habe ihn länger beobachtet“, sagt Rich Chernomaz. Dass er in England spielte, kam den Ravensburgern entgegen. „Er war da ein wenig aus dem deutschen Radar raus“, meint Chernomaz, der sehr viel von Bettauer hält. „Jedes Team braucht solche Verteidiger.“Erst recht, wenn nun – erstmals in seiner Zeit bei den Towerstars – Sören Sturm verletzt ausfällt und damit neben Kilian Keller ein weiterer gestandener Verteidiger fehlt. Im Training am Mittwoch sprach Chernomaz auf dem Eis oft mit Tim Sezemsky – möglich, dass der junge Bruder des früheren Towerstars-Verteidigers und jetzigen Nationalspielers Simon Sezemsky nun eine Chance im Ravensburger Kader bekommen könnte.
Ohne Sturm ist ein torgefährlicher Bettauer noch wichtiger für die Towerstars. Dabei sind dem Kanadier, der nach seiner langen Zeit in der DEL perfekt deutsch spricht, persönliche Statistiken gar nicht so wichtig.
„Natürlich freut man sich über Tore“, sagt Bettauer und schaut zur Hallendecke. „Aber am Ende der Saison Pokale, Trophäen, die Meisterschaft zu gewinnen, das ist wichtig.“Und das will er mit den Towerstars erreichen. In einer DEL2, die er erstmals als Spieler kennenlernt, und die er als „eine gute Liga“beschreibt, in der „hart und schnell“gespielt werde. „Das mag ich.“
Wie es für ihn nach dieser Saison weitergehen könnte, spielt für Bettauer momentan noch keine Rolle. „Es ist derzeit eine verrückte Welt, da nehme ich erst recht eins nach dem anderen.“Eine Rückkehr in die DEL sei genauso eine Option wie eine Rückkehr nach Sheffield – oder aber auch eine Zukunft bei den Towerstars. „Ich habe keinen genauen Plan für die Zukunft“, sagt Bettauer. „Ich bin momentan einfach zufrieden und froh, hier zu sein.“Auch wenn daran eigentlich das Virus schuld ist.
Die Ravensburg Towerstars spielen an diesem Wochenende zunächst gegen den EC Bad Tölz (Freitag, 19.30 Uhr/SpradeTV). Die Tölzer hatten wegen zahlreicher CoronaFälle im eigenen Kader und bei den Gegnern mehr als drei Wochen Pause machen müssen. „Teams, die nach einer längeren Pause zurückkommen, starten frisch“, sagt Towerstars-Trainer Rich Chernomaz. „Nach den ersten Spielen – vor allem wenn sie weiter dezimiert sind – kommt dann öfter eine kleine Delle. Aber wir müssen bereit sein, wir müssen fokussiert sein.“Bei der Rückkehr ließen die Tölzer am Mittwoch dem EC Bad Nauheim beim 7:2 keine Chance. Ravensburgs Topscorer Andreas Driendl kehrte am Donnerstag ins Training zurück und könnte am Wochenende wieder spielen. Sören Sturm dagegen, bislang der Dauerbrenner bei den Towerstars, wird sowohl das Heimspiel gegen Bad Tölz als auch die Partie am Sonntag bei den Lausitzer Füchsen (17 Uhr/SpradeTV) verletzungsbedingt verpassen. Rund zwei Wochen wird Sturm aussetzen müssen – es ist das erste Mal seit seinem Wechsel 2017, dass der Verteidiger ein Pflichtspiel verpasst. „Irgendwann erwischt es jeden“, meinte Sturm. Unerwartet positive Signale gibt es bei einem anderen Verteidiger. Bei Kilian Keller verlief der Heilungsprozess deutlich schneller. Der Verteidiger könnte in den kommenden Wochen tatsächlich schon wieder eine Option für Chernomaz sein. (tk)