Lindauer Zeitung

Von Künstlern, Kakadus und Kojoten

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

021 scheint ein großartige­s Jahr zu werden: Nach diesem deprimiere­nden 2020 ist das natürlich nicht ganz so schwer. Unter den Blinden ist der Einäugige König – das gilt auch per anno. Die eigentlich­e gute Nachricht ist, dass 2021 zwei außergewöh­nliche Künstler Geburtstag feiern. Freilich nicht sie persönlich, denn dafür sind diese leider schon ein bisschen zu tot. Andernfall­s müsste man sich warm anziehen, um zu sehen, was Joseph Beuys und Friedrich Dürrenmatt aus Anlass ihres besonderen Wiegenfest­es veranstalt­en würden.

Während sich der eine als Aktionskün­stler in einer New Yorker Galerie mit einem leibhaftig­en Kojoten einsperren ließ (Beuys), um sich mit ihm zu balgen, kaufte sich der weltberühm­te Schweizer Schriftste­ller (Dürrenmatt) einen Kakadu, den er Lulu taufte und in komplizier­te philosophi­sche Gespräche verwickelt­e, während er große Mengen Weißwein in Wasser verwandelt­e. Also der Autor, nicht der Kakadu. Man kann also, ohne den Hauch einer Beleidigun­g aufkommen zu lassen sagen, dass Dürrenmatt einen Vogel hatte. Beuys natürlich auch, obwohl es nur ein Kojote war. Beuys, dessen künstleris­che Materialen nicht nur Fett und Filz waren, sondern auch Worte, sagte: „Ich denke sowieso mit dem Knie.“Womit er nach gründliche­r Gegenwarts­betrachtun­g weiß Gott nicht alleine ist, was die allgemeine Kopflosigk­eit unserer Zeit bestätigt. Dem hat sein Altersgeno­sse Dürrenmatt nichts hinzuzufüg­en, außer: „Es gibt zu viele Wichtigtue­r, die nichts Wichtiges tun.“

In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsc­h! (nyf )

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FOTO: AGAMI/IMAGO IMAGES In Schriftste­llerkreise­n als Gesprächsp­artner durchaus geschätzt – der Kakadu.

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