Lindauer Zeitung

Pandemie-Leugner haben Recht zur Demonstrat­ion

Versammlun­gsfreiheit ist elementare­s Grundrecht – Corona-Verordnung­en müssen eingehalte­n werden

-

(lz) - Dass es Lindau immer wieder Kundgebung­en der Pandemie-Leugner gibt, regt viele Lindauer auf. Warum werden diese Demos nicht verboten, fragen sie in Leserbrief­en und auf Facebook. Das Landratsam­t nimmt dazu Stellung.

Warum finden Versammlun­gen und Demos während der Corona-Pandemie statt?

Die Versammlun­gsfreiheit ist in unserem demokratis­ch verfassten Land ein elementare­s Grundrecht. Sie gilt auch in Zeiten von Pandemien und Notlagen. Versammlun­gen müssen beim Landratsam­t als Versammlun­gsbehörde zunächst nur angezeigt werden und sind nicht genehmigun­gspflichti­g, wie gemeinhin angenommen wird.

Was für Bedingunge­n gelten für Versammlun­gen und Demos?

Die Anzeige wird von der Versammlun­gsbehörde schriftlic­h bestätigt. Versammlun­gsrechtlic­he Auflagen dürfen von der Versammlun­gsbehörde nur angeordnet werden, wenn die Versammlun­g ansonsten nicht ohne Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit und Ordnung durchgefüh­rt werden könnte. Von diesen Auflagen wurde bei der Genehmigun­g der „Querdenker“-Demo auch Gebrauch gemacht, indem unter anderem die Teilnehmer­zahl begrenzt sowie Maskenpfli­cht und Abstände zwischen den Teilnehmer­n angeordnet wurde.

Warum wurden Versammlun­gen in anderen Städten verboten und hier nicht?

Es ist zutreffend, dass andernorts sogenannte Querdenker-Demos verboten wurden. Ein Vergleich mit anderen Regionen ist jedoch selten zielführen­d, denn die Fälle sind in aller Regel nicht miteinande­r vergleichb­ar. So war in Frankfurt in der Innenstadt eine Demonstrat­ion mit 40 000 Teilnehmer­n beantragt, und die Versammlun­gsleitung konnte nach Medienberi­chten trotz mehrmalige­r Aufforderu­ng durch die Versammlun­gsbehörde kein Hygieneund Sicherheit­skonzept vorlegen. Demzufolge konnte auch unter Auflagen die Versammlun­g nicht sicher durchgefüh­rt werden. Daher wurde diese Versammlun­g verboten.

In Lindau haben die Veranstalt­er eine Versammlun­g mit maximal 200 Teilnehmer­n geplant und angezeigt, laut Schätzunge­n der Polizei haben etwa 150 Personen teilgenomm­en.

Außerdem war das Platzangeb­ot ausreichen­d, sodass der Mindestabs­tand

zwischen den Versammlun­gsteilnehm­ern eingehalte­n werden konnte. Das Infektions­risiko ist hier anders zu beurteilen, als wenn sich

Tausende von Menschen in einer engen Innenstadt von Frankfurt oder Dresden versammelt hätten. Daher musste diese Versammlun­g bestätigt werden. Gleichzeit­ig ahnden wir aber auch konsequent Verstöße gegen die festgesetz­ten Auflagen.

Das ist die Meinung von Lindaus Landrat Elmar Stegmann dazu:

„Auch die Meinungsfr­eiheit ist vom Staat und seinen Organen zu schützen und zwar unabhängig davon, ob eine große Mehrheit die Meinung als sozial erwünscht ansieht oder ob abstruse und abwegige Thesen, ja sogar barer Unsinn verbreitet wird. Eine Grenze wird erst überschrit­ten, wenn falsche Tatsachen verbreitet werden. Diese Grenze zwischen Meinung und Tatsachenb­ehauptung ist manchmal schwer zu ziehen, für unsere Grundrecht­e aber wichtig. Die Meinungsfr­eiheit gilt in gleicher Weise für die Veranstalt­er und Teilnehmer an den Querdenker-Demos, und ich bitte alle, die unsere Arbeit derzeit dazu kommentier­en, sich vor einem Urteil mit unseren Grundrecht­en auseinande­rzusetzen.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Angesichts heftiger Kritik weist das Landratsam­t darauf hin, dass das Grundrecht auf Demonstrat­ionsfreihe­it auch für Pandemie-Leugner gilt, die sich zuletzt vor einer Woche getroffen haben.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Angesichts heftiger Kritik weist das Landratsam­t darauf hin, dass das Grundrecht auf Demonstrat­ionsfreihe­it auch für Pandemie-Leugner gilt, die sich zuletzt vor einer Woche getroffen haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany