Letzte Ausfahrt Huub Stevens
Schalke holt für zwei Spiele seinen Jahrhunderttrainer zurück, danach könnte Friedhelm Funkel übernehmen
(dpa/sz) - Mit einem herzlichen „Glückauf “begann Huub Stevens gut gelaunt seine Kurzzeit-Mission – seine vierte auf Schalke insgesamt – und fügte im Trainingsanzug schmunzelnd an: „Ich brenne!“In der Stunde der größten sportlichen Not greift der FC Schalke 04 auf Altbewährtes zurück und holt erneut seinen Jahrhunderttrainer aus dem Ruhestand. Der 67 Jahre alte Niederländer soll den Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga mit Co-Trainer Mike Büskens bis Weihnachten wieder auf Kurs bringen. Der Traditionsclub hatte zuvor die Trennung vom erfolglosen Manuel Baum bekannt gegeben. Es ist bereits der zweite Trainertausch der laufenden Saison. Damit wechselte Schalke den Chefcoach 2020 häufiger, als das Team gewann.
Stevens bleibt bis zum Heimspiel gegen den Liga-16. Arminia Bielefeld, der wohl bis Saisonende ein Hauptrivale im Kampf gegen den Abstieg bleiben dürfte, am Samstag nur wenig Zeit. „Wir werden sicher nicht viel ändern. Das Wichtigste ist jetzt, dass die Spieler die Köpfe frei kriegen und wieder mit Freude und Spaß dabei sind“, sagte er vor dem Training. „Es wird sicher nicht einfach. Die Mannschaft hat wenig Vertrauen, aber ein Erfolgserlebnis ist die beste Medizin.“
Lange hatte Sportvorstand Jochen Schneider an Baum festgehalten, doch zwei Tage nach dem erschreckenden 0:2 gegen Freiburg erfolgte die Kurskorrektur. Baum war in allen zehn Spielen (vier Remis, sechs Niederlagen) sieglos geblieben, hätte Schneider ihn nicht entlassen, hätte der Aufsichtsrat womöglich ihn gestürzt, schrieb der „kicker“.
„Das Heimspiel gegen Bielefeld ist von immenser Bedeutung für unseren Club. Der enttäuschende Auftritt gegen Freiburg hat uns gezeigt, dass die Mannschaft einen neuen Impuls braucht, um die Partie erfolgreich bestreiten zu können“, sagte Schneider, „Stevens und Büskens trauen wir genau das zu.“Das Votum gegen Baum sei ein längerer Prozess gewesen: „Wir waren nicht mehr überzeugt, es in dieser Konstellation zu schaffen“, sagte Schneider, der aber auch die Mannschaft in die Pflicht nahm: „Die Jungs sind jetzt gefordert, den Turnaround zu schaffen. Gegen Bielefeld müssen sie alles reinwerfen.“
Stevens soll allerdings nur für wenige Tage amtieren. Am kommenden Dienstag empfängt Schalke im Pokal den Regionalligisten SSV Ulm, spätestens Ende Dezember soll ein neuer Mann installiert werden. Favorit ist offenbar Friedhelm Funkel, ebenfalls 67, ein Spezialist für den Abstiegskampf, der nach seiner erfolgreichen Arbeit bei Fortuna Düsseldorf eigentlich seine Laufbahn für beendet erklärt hat. Funkel äußerte sich in mehreren Medien. „Es gibt überhaupt keinen Kontakt. Ich bin und bleibe Rentner“, sagte er dem „Express“. Bei „ran.de“schloss er ein Engagement zumindest nicht aus: „Ich habe lediglich gesagt, dass alles offen ist und wir letztlich über ungelegte Eier sprechen. Ich will erst mal abwarten, ob Schalke 04 sich überhaupt bei mir meldet.“
Stevens hatte die hoch verschuldeten Schalker zuletzt von März bis Juli 2019 als Nachfolger von Domenico Tedesco noch vor dem Abstieg bewahrt, auch beim VfB Stuttgart war ihm dies dreimal gelungen. Nun überredete Schneider den Routinier ein weiteres Mal, er verspricht sich davon ein Aufbruchssignal. An Stevens’ Motivation soll es nicht scheitern: „Mein blauweißes Herz schlägt noch immer. Wenn der Verein in der Bredouille ist, kann ich nicht ,Nein‘ sagen.“
Der 41 Jahre alte Baum hatte den Club nach dem zweiten Spieltag von David Wagner übernommen, die Wende gelang ihm trotz kurzer Lichtblicke nicht. Nach zwölf Spieltagen steht Schalke mit nur vier Punkten bei einem Torverhältnis von 8:35 am Tabellenende. Seit 28 Bundesligaspielen wartet das Team auf einen Sieg.