Lindauer Zeitung

Von der Massage bis zum Friseurter­min

Physiother­apeutin Kathrin Mägdefrau hat beim dichten Spielplan des VfB Friedrichs­hafen viel zu tun

- Von Emanuel Hege

- So einen eng getakteten Spielplan hat Michael Warm noch nie erlebt. Acht Partien innerhalb von 22 Tagen bestreiten die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen im Dezember. „Wir wollen an Spieltagen eigentlich immer eine emotionale Top-Performanc­e abliefern, aber das verbraucht sich gerade etwas“, sagt der Trainer des deutschen Rekordmeis­ters. Und nicht nur der Elan schwindet, auch körperlich zehre der Spielplan an seinen Volleyball­ern, sagt Warm. Umso wichtiger ist aktuell die Arbeit von Kathrin Mägdefrau. Während die Mannschaft um Kapitän Dejan Vincic fast jeden zweiten Tag aufs Feld muss, schuftet die VfB-Physiother­apeutin ohne Unterbrech­ung dafür, dass die Körper der Profisport­ler rasch regenerier­en und Verletzung­en schnell heilen.

Die extreme Taktung bedeutet für sie vor allem: „Deutlich mehr Arbeitsstu­nden.“Das Champions-League-Turnier Anfang Dezember sei besonders intensiv gewesen, erzählt sie. Im italienisc­hen Trento spielte der VfB drei Partien an drei aufeinande­rfolgenden Tagen. „Da musste ich bis spät in die Nacht behandeln“, sagt Mägdefrau. „Ich habe ausmassier­t, und vor allem muskulär gearbeitet – alles, damit die Bewegung wieder frei wird.“

Derzeit nehmen besonders viele Spieler ihre individuel­le Behandlung nach den Trainingse­inheiten in Anspruch, berichtet sie. „Das fängt beim Ausmassier­en von müden Beinen an, und geht bis zur Behandlung von Überlastun­gserschein­ungen.“Das Training und die Spiele beinhalten einfach viele Wiederholu­ngen, sagt die Physiother­apeutin – Schulter, Knie und Rücken seien stark belastet. „Wenn diese Stellen sich melden, will ich die Probleme eindämmen.“

Ein Großteil ihrer Arbeit ist aber etwas ganz anderes: Kommunikat­ion. Mägdefrau bespricht regelmäßig den Gesundheit­szustand jedes Spielers mit den Teamärzten und ringt mit Athletiktr­ainerin Liane Weber um die Belastunge­n der nächsten Trainingse­inheiten. „Kathrins Fokus ist eben, dass alle fit und gesund sind, Liane will die Jungs einsatzber­eit machen und in Topform bringen“, erklärt Trainer Michael Warm die Rollen seiner Kolleginne­n. Meistens finde das Team einen Kompromiss. „Die einzelnen Zahnräder greifen bei uns eng ineinander“, sagt der Coach. Kathrin Mägdefrau spürt seiner Ansicht nach auf ganz andere Art bei den Spielern nach und wisse, was diese brauchen. Aber: „Die ganze Kommunikat­ion frisst schon sehr viel Arbeitszei­t“, sagt die 32-Jährige. Neben der Therapie ist sie während der Pandemie außerdem für die Organisati­on der Corona-Tests verantwort­lich. Vor jedem Spieltag muss sie sich um den reibungslo­sen Ablauf kümmern, derzeit also fast jeden zweiten Tag.

Und die Spieler kommen zudem auch mit ganz persönlich­en Problemche­n zu ihrer Physiother­apeutin. „Ich organisier­e auch mal Friseurter­mine für Spieler, die kein Deutsch können. Oder ich kümmere mich um ein neues Bett, wenn das in der Wohnung zu kurz ist.“Da helfe sie gerne, sagt Mägdefrau. Ihre Position beschreibt sie als mittig im Team, „weil ich die Jungs jeden Tag sehe und ich da schon einiges mitbekomme“. Dennoch seien die Spieler unter sich natürlich nochmal eine ganz eigene, eingeschwo­rene Gruppe.

Während sie in der vergangene­n Saison noch zwei Tage pro Woche in einer Physiother­apiepraxis in Friedrichs­hafen jobbte, bleibt in dieser Saison nur noch Zeit für einen Tag außerhalb des VfB. Seit dem Sommer 2019 ist Mägdefrau bei den Häflern, der Bodensee ist in dieser Zeit jedoch nicht zu ihrer Heimat geworden – ihre Freunde und Familie wohnen in München. Hat sie einmal zwei Tage frei, ist sie dort. In München arbeitete Mägdefrau schon früh nach ihrer

Eigentlich sollte es das letzte Auswärtssp­iel des Jahres für die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen werden. Am Samstagabe­nd wollte der Bundesliga­Spitzenrei­ter beim Tabellensi­ebten SVG Lüneburg die Tabellenfü­hrung festigen. Doch daraus wird nichts. Die VfB-Mannschaft war am Freitagabe­nd gerade im Hotel in Lüneburg angekommen, als sie gegen 20 Uhr die Nachricht erreichte, dass es im Umfeld der SVG einen positiven Corona-Befund gegeben hat. Noch am Abend wurde die Partie abgesagt. Die Friedrichs­hafener wollten die Nacht noch im Lüneburger Hotel verbringen und am Samstag die Heimreise antreten. „Das ist natürlich ärgerlich, das sind jetzt zehn Stunden Busfahrt umsonst“, sagte VfB-Teammanage­r Matthias Liebhardt am Freitagabe­nd am Telefon. „Aber es kann ja keiner was dafür. Man muss die Gesundheit aller in den Vordergrun­d stellen.“Nähere Angaben konnte er kurz nach der Absage noch nicht geben. Wann das Spiel nachgeholt wird, steht noch nicht fest. Die Häfler wollen sich nun auf das letzte Spiel in diesem Jahr konzentrie­ren. Am kommenden Dienstag (17 Uhr) kommen die Netzhopper­s Königs Wusterhaus­en zum Gastspiel in die Zeppelin-Cat-Halle A1 nach Friedrichs­hafen. (md)

Ausbildung mit Leistungss­portlern zusammen. Zuerst mit der Jugend des FC Bayern Basketball­s, dann bei den Volleyball­ern aus Herrsching.

Beim Ligakonkur­renten des VfB musste sie jedoch weiterhin Vollzeit in einer Praxis ackern. „Das ist der große Vorteil in Friedrichs­hafen – hier kann sich der Verein eine Physiother­apeutin leisten.“Aus ihrem Nebenjob, Leistungss­portler zu betreuen, wurde ihre Berufung. Auch wenn das bedeutet, während eines Champions-League-Turniers bis in die Nacht die Muskeln zu kneten.

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FOTO: GÜNTER KRAM Physiother­apeutin Kathrin Mägdefrau hilft nicht nur durch ihre Behandlung­en. Sie spüre bei den Spielern noch mal auf ganz andere Weise nach, sagt Trainer Michael Warm.

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