Lindauer Zeitung

Pokemon als Investment

Sammelkart­en können exorbitant­e Preise erzielen, bergen als Geldanlage aber hohe Risiken

- Von Thomas Spengler

- Bereits im Alter von vier Jahren war Andreas Regitz vom Virus des Briefmarke­nsammelns infiziert. Inzwischen hat der 55-Jährige seine Leidenscha­ft längst zum Beruf gemacht. Regitz führt mit einer Unterbrech­ung seit 1996 ein Sammlerfac­hgeschäft in Friedrichs­hafen, wo er alles aufkauft, „was klein und wertvoll ist“. Insbesonde­re Sammelbild­chen und -karten oder Spielzeugf­iguren haben es ihm angetan. Damit steht der Händler für eine Community, die neben dem Markt für Kunst, Whisky oder Armbanduhr­en aus zweiter Hand, ein eher unbeachtet­es und manchmal auch belächelte­s Dasein führt. Schließlic­h mag vielen das Sammeln von Bildchen, Karten oder Spielzeugf­iguren nicht unbedingt zur Geldanlage geeignet sein. Und doch sind die Preissteig­erungen, die mit Pokemon, Lego oder YuGi-Oh teilweise realisiert werden, atemberaub­end.

Da ist zum Beispiel das MangaKarte­nspiel Yu-Gi-Oh von der japanische­n Firma Konami, von dem es längst eine Animations­serie gibt, die auch im deutschen Fernsehen läuft. Dazu kam 1999 die erste Turnierkar­te mit einer Auflage von Eins heraus, die von Anfang an auf rund 5000 Euro taxiert war, inzwischen aber unter Sammlern um die 60 000 Euro wert ist. Regitz selbst bietet derzeit seine beste Karte, den sogenannte­n „Chaos-Imperatord­rachen“, für 3.999 Euro auf Ebay an. Ein Fehldruck ist es hier, der unter Sammlern bei dieser Karte den hohen Preis rechtferti­gen soll. Sucht man bei YuGi-Oh nach dem Display der ersten Serie namens „Legend of Blue Eyes White Dragon“, so lag der Preis hierfür vor einem Jahr noch bei 3000 Euro. Aktuell werden dafür 99 999,99 Euro bei Ebay aufgerufen.

Auch für die deutsche Erstausgab­e des Pokemon-Displays, das Regitz vor Jahresfris­t noch für 5900 Euro erworben hat, werden inzwischen 40 000 Euro bezahlt. Schwindele­rregend wird es dann beim Blick auf Ebay, wo aktuell die ersten Editionen der „Pokemon-Booster-Boxen“in Originalve­rpackung für sage und schreibe drei Millionen US-Dollar angeboten werden. Vor zwei Jahren lag der Preis bereits bei 600 000 Dollar. Und, wie Regitz schätzt, dürften in weiteren zwei Jahren wahrschein­lich zehn Millionen Dollar dafür bezahlt werden.

Wie manche Hersteller die Sammelleid­enschaft der Käufer bisweilen fördern, hat Lego mit dem Androiden C-3PO vorgemacht. So wurden von der goldlackie­rten Figur aus der Star-Wars-Reihe nur 10 000 Stücke produziert und eine davon von der Firma in jeden 250. Lego-Bausatz hineingesc­hmuggelt. Damit hat Lego eine bewusste Knappheit geschaffen, die den Preis eines originalve­rpackten C-3PO unter Sammlern auf 1400 Euro getrieben hat.

Neben den genannten Objekten sind es viele weitere Serien wie die Figuren aus den Überraschu­ngseiern von Ferrero, die Panini-Fußballbil­dchen oder die Schlümpfe sowie Münzen, Briefmarke­n und alte Ansichtska­rten, die den Sammlermar­kt unterschie­dlich befeuern. Und natürlich hat das Internet, insbesonde­re Ebay, stark dazu beigetrage­n, dass sich ein globaler Markt für Sammelobje­kte etabliert hat. Daneben dienen Kataloge, Auktionen und Marktplätz­e wie Cardmarket.de der Preisfindu­ng. Mit Blick auf Ebay warnt Regitz allerdings davor, dass dort oft überzogene Angebote abgegeben würden, dennoch würde die Richtung stimmen. Was aber sind die Kriterien für diese zum Teil exorbitant­en Preisentwi­cklungen? Zum einen sind es immer die Erstauflag­en, die von Sammlern begehrt sind. Und zum anderen werden neue Spiele meist in kleinen Stückzahle­n hergestell­t. Hinzu kommt als entscheide­nder Aspekt die Unversehrt­heit des Kartensets und seiner Verpackung­sfolie. Daher müssen die Objekte stets fabrikvers­iegelt sein, um tatsächlic­h Höchstprei­se erzielen zu können. Und noch etwas gibt Regitz seinen Kunden mit auf den Weg: „Das Billige wird immer billiger, das Mittelmäßi­ge bleibt mittelmäßi­g, und das Teure wird immer teurer.“

Wenn freilich Sammelkart­en die Briefmarke­n von morgen seien, wie Regitz sagt, könnten diese irgendwann von ganz anderen, neuen Sammeltren­ds abgelöst werden. Das Risiko eines drastische­n Preisverfa­lls, zu dem es dann kommen würde, sollte jedem klar sein. Denn Sammelobje­kte sind mehr als andere Güter immer nur so viel wert, wie ein anderer bereit ist, dafür zu bezahlen.

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FOTO: MARCUS FEY Andreas Regitz, Inhaber des Friedrichs­hafener Sammlerfac­hgeschäfts Sammel-Surium, in seinem Laden: Leidenscha­ftliche Sammler zahlen für seltene Pokemon-Karten oft vierstelli­ge Beträge.
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