Spielen bis zum Umfallen
Wie so viele andere habe auch ich in Zeiten von Corona angefangen auszumisten. Weil es in meiner Wohnung aber nichts mehr gibt, das ich nicht brauche, habe ich mein altes Kinderzimmer bei meiner Mama durchforstet. Was ich da alles gefunden habe, war traumhaft. Ich fühlte mich zurückversetzt in eine andere Zeit. Stunden verbrachte ich damit, meine alten Tagebücher und Liebesbriefe zu lesen und alte Fotoalben anzuschauen. Für solche Sachen hat man im normalen Alltag kaum Zeit. Mein absolutes Highlight war aber meine alte Spielesammlung. Die habe ich zur Hälfte mit in meine Wohnung genommen und spiele nun täglich mit meinem besten Freund. Der Arme muss sich jetzt durch sämtliche Kinderspiele aus meiner Vergangenheit kämpfen.
Kaugummis kann kein Mensch kauen, um davon berauscht zu werden.
0,2 Prozent – mehr THC ist auch nicht in dem Gras, das er raucht, sagt Christopher Matt. Früher, da hat er herkömmliches Cannabis geraucht, in dem viel mehr THC enthalten war. Wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz ist er sogar vorbestraft. Das war einer der Gründe, warum er mit dem Kiffen aufgehört hat und auf CBD-Gras umgestiegen ist. Der andere: „Es hat mir einfach nicht mehr gutgetan“, sagt Matt. Das CBDGras hingegen tue ihm gut. „Ich habe ADHS und es hilft mir, mich zu beruhigen.“
Um CBD-Blüten zu kaufen, muss Matt nicht zum Dealer oder ins Darknet. Er hat sie ganz bequem bei einem österreichischen Geschäft online bestellt und sich nach Hause liefern lassen. Ende Mai wartete er vergeblich auf eine solche Lieferung, sie kam nie an. Monate später sei dann die Lindauer Kriminalpolizei vor seiner Tür gestanden, habe seine Wohnung durchsucht, Laptop und Handy
ihn. Und das, mittlerweile klar scheint, dass es nur CBD-Maridas in seinem war. Trotzdem Verstoßes getäubungsmittelgeklagt.
Der Fall von Christopher Matt zeigt gleich mehrere Probleme auf, die es in Deutschland im Zusammenhang mit CBD-Marihuana gibt: Zum einen können Polizei und Zoll auf den ersten Blick nicht sehen, wie hoch der THC-Gehalt in den Hanfblüten ist, erklärt Holger Stabik, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/ West. „Daher erstattet die Polizei generell Anzeige.“Eine rechtliche Bewertung erfolge dann durch die Staatsanwaltschaft. Als das Hauptzollamt Gießen die Blüten von Christopher obwohl zu sein tatsächlich huana war, Päckchen wird er wegen gen das Betäubungsmittelgeklagt. setz angeklagt.
Matt sicherstellte, habe zunächst der Verdacht bestanden, dass es sich „um herkömmliches Marihuana“gehandelt habe, schreibt Oberstaatsanwalt Sebastian Murer auf Anfrage der LZ. Allerdings sei nach der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichtsbezirks München der Erwerb von CBDBlüten ohnehin strafbar – außer, der THC-Gehalt liegt unter 0,2 Prozent und der Verkehr dient ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken. „Man darf CBD kaufen, um daraus Öl zu machen“, erklärt Murer. „Aber nicht, um es zu rauchen.“
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Erst vor ein paar Wochen fand eine Streife der Lindauer Grenzpolizei im Kofferraum eines Mietautos auf der A 96 einen Umzugskarton mit insgesamt 9,6 Kilogramm CBD-Marihuana. Die beiden Männer im Auto, die aus Koblenz stammten, kamen aus Österreich. Ähnlich wie bei Christopher Matt ordnete auch in diesem Fall ein Richter die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume der Männer an, die Kriminalpolizei Koblenz fand dort weitere
acht Kilogramm CBD-Marihuana. „Sie erwartet nun ein Strafverfahren nach dem Betäubungsmittelgesetz“, hieß es damals im Bericht der Polizei.
Direkt in Untersuchungshaft musste ein „mutmaßlicher Drogenkurier“, den die Bundespolizei vor ein paar Tagen bei Füssen kontrolliert hatte. In seinem Kleintransporter fanden die Beamten 165 Kilogramm CBD-Marihuana. „Der Fahrer des polnischen Kleintransporters sitzt bereits aufgrund des Verdachtes der illegalen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in der Justizvollzugsanstalt Kempten“, schrieb die Polizei.
Der Mann war im Auftrag einer italienischen Firma in die Niederlande unterwegs. Das Zollfahndungsamt München ließ das Marihuana analysieren, der THC-Gehalt lag unter 0,2 Prozent. Trotzdem muss sich der Mann nun nach dem Betäubungsmittelgesetz verantworten. In den vergangenen zwei Jahren bearbeitete die Polizei rund 50 Verfahren wegen der Einfuhr von CBD in den Landkreis Lindau.
„Überwiegend fallen die Personen tatsächlich bei Grenzkontrollen auf, aber auch im Rahmen der Schleierfahndung und bei Kontrollen im öffentlichen Personennahverkehr“, schreibt Polizeisprecher Holger Stabik. „Da vor allem der ausschließlich gewerbliche Zweck in den meisten Fällen nicht vorliegen dürfte, leiten die Beamten von Amts wegen alleine schon deswegen ein Verfahren ein, unabhängig davon, wie hoch der THC-Gehalt schlussendlich tatsächlich ist.“
Tatsächlich wirbt auch der österreichische Laden, bei dem Christopher Matt seine CBD-Blüten gekauft hat, mit Cannabidiol für „wissenschaftliche Zwecke“. Laut Oberstaatsanwalt Murer schützen solche Slogans die Händler aber nicht zwangsläufig. „Es gibt auch Verfahren gegen Verkäufer“, sagt er. Zum Beispiel, wenn diese ganz genau wüssten, dass ihre Abnehmer mit dem CBD-Marihuana keine Wissenschaft betrieben, sondern es rauchten. In der Schweiz fällt Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von unter einem Prozent THC nicht unters Betäubungsmittelgesetz – man kann sich das Gras sogar ganz legal am Automaten ziehen.
Christopher Matt jedenfalls fühlt sich diskriminiert. „Wieso sollen Tropfen erlaubt sein, Blüten aber nicht?“, fragt er. Er sei überzeugt gewesen, dass er mit dem CBD-Gras von der illegalen auf die legale Seite gewechselt sei. Nun kann es sein, dass mit dem neuen Verfahren seine Bewährung aufgehoben wird und er ins Gefängnis muss.