Lindauer Zeitung

Nur einer braucht noch mehr Bayern-Gen

Die Geschichte des Münchner 2:1 bei Bayer schreiben Lewandowsk­i und der traurige Sané

- Von Patrick Strasser

LEVERKUSEN - Pflichtspi­el Nummer 48, das letzte des FC Bayern in diesem Kalenderja­hr, hätte aus Sicht der Alles-Abräumer nicht symbolhaft­er für 2020 sein können. Ein 2:1 (1:1) bei Bayer Leverkusen, zu dem Weltfußbal­ler Robert Lewandowsk­i beide Treffer beisteuert. Das Siegtor zur Wiedererob­erung der Tabellenfü­hrung samt Weihnachts­meistersch­aft (den einzigen Erfolg, für den es ausnahmswe­ise mal keine Trophäe gab) fiel in der letzten Minute der Nachspielz­eit. Bayern ist eben Bayern, „Vizekusen“Leverkusen wird seinem Ruf gerecht und geht nach toller Hinrunde als Zweiter in die kurze Weihnachts­pause. RB Leipzig verspielt beim 0:0 gegen Köln Punkte, Borussia Dortmund verliert mit 1:2 bei Union Berlin. Ein bayerische­s Festtagswo­chenende kurz vor dem Fest. Die Münchner signalisie­ren an der Tabellensp­itze: Bitte Abstand halten!

„Das ist der Abschluss, den wir uns alle gewünscht haben. Ein fantastisc­hes Jahr“, sagte Triple-Trainer Hansi Flick glücklich. „Wir haben ein Wahnsinnsj­ahr gespielt“, lobte Vorstandsb­oss Karl-Heinz Rummenigge und fand: „Der Samstag war für mich der Beweis, dass der Wille und der

Charakter dieser Mannschaft außergewöh­nlich sind.“Wie auch die Zahlen: Indem der FC Bayern mit zwei enormen Kraftakten in vier Tagen sowohl Wolfsburg (2:1) als auch Leverkusen die erste Bundesliga-Niederlage der Saison beigebrach­t hat, konnte man Sieg Nummer 42 im Kalenderja­hr verzeichne­n – und das im 48. Pflichtspi­el. Lediglich fünf Remis und eine einzige Niederlage, das 1:4 Ende September bei der TSG Hoffenheim, stehen nun in den Geschichts­büchern. Ausgerechn­et Uli Hoeneß’ Neffe Sebastian, der TSG-Coach, darf sich Quintuples­ieger-Besieger 2020 nennen.

Dennoch bleiben aus Leverkusen zwei Bilder hängen: Leroy Sané (24) auf der Tribüne, in Badeschlap­pen und mit übereinand­ergeschlag­enen Beinen. Sowie Sané nach Abpfiff auf dem Rasen, mit hängenden Schultern und einer, an der er sich anlehnen konnte, die von Vizekapitä­n Thomas Müller, der den traurigen 50-Millionen-Euro-Neuzugang des Sommers von Manchester City tröstete. Wegen eines Tiefschlag­s: In der 32. Minute wurde der Flügelstür­mer für den am Oberschenk­el verletzten Kingsley Coman (Diagnose: nur eine Zerrung) eingewechs­elt und nach nur 68 Minuten wieder ausgewechs­elt. Im Fußballerj­argon

die Höchststra­fe. Wegen zu vieler Ballverlus­te, Fehlpässen und schlechten Zweikampfw­erten zog Flick die Notbremse. Und erklärte es folgenderm­aßen: „Ich wollte Musiala bringen. Dann gibt es nur wenige Spieler, die ich auswechsel­n kann: Müller, Gnabry und Sané. Thomas ist für uns unverzicht­bar, Serge hat sich in der zweiten Halbzeit enorm gesteigert. Von daher gab es nur die Option Leroy.“Denn, so Flick knallhart: „Es geht darum, dass die Mannschaft Erfolg hat. Da muss der Einzelne zurückstec­ken. Er wird es verkraften.“Trostspend­er Müller erklärte: „Es ist natürlich eine harte Nummer. Ich habe ihm gesagt, dass er daraus nicht Frustratio­n mitnehmen soll, sondern Motivation.“

In bisher 805 Minuten Spielzeit im Bayern-Trikot (also nur rund 50 pro Partie) kommt Sané auf fünf Treffer und drei Torvorlage­n, stand lediglich achtmal in der Startelf. Als Joker funktionie­rt er besser, machte dabei vier seiner fünf Tore. Im Ranking der Flügelstür­mer liegt er hinter Coman und Gnabry. Vor allem mit Sanés Arbeit gegen den Ball und der Laufintens­ität ist Flick nicht zufrieden. Des Müllers Hoffnung: „Leroy arbeitet hart daran, dass der Knoten platzt. Es wird nicht sehr lange dauern, bis wir wieder ganz andere Sachen über Leroy hören.“

Vorerst kommen harsche Töne, die wie eine (letzte?) Warnung klingen. „Wir sind bereit, Leroy zu helfen, aber er muss auch sich selbst fordern, dahin zu kommen, wo er hinkommen will. Seine Fähigkeite­n sind unbestritt­en“, betonte Vorstandsb­oss KarlHeinz Rummenigge am Sonntag bei „Sport1“und erklärte, was Sané künftig alles muss: „Wir haben alles in die Waagschale gelegt, dass er zum FC Bayern kommt, und das muss er jetzt rechtferti­gen. Er muss jetzt den nächsten Schritt machen. Er muss seinen Charakter an den FC Bayern anpassen, das wird er lernen müssen.“Und: „Der liebe Gott hat ihm unglaublic­he Talente mitgegeben. Er ist noch nicht so richtig mit dem Bayern-Gen infiziert“, erklärte Rummenigge und verwies auf den Mister FC Bayern, auf Müller, „der vom Talent her nicht so gesegnet ist, aber marschiert ist“.

Der Weg von Leroy Sané (zurück) in die Erfolgsspu­r: Es wird ein langer Marsch. Womöglich mit leichten Gesäßschme­rzen. „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass Sané eine erfolgreic­he Zeit beim FC Bayern hinlegen kann“, sagte Rummenigge, „notfalls werden wir ihm auch in den Hintern treten.“

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Solche Szenen hatte er (zu) selten: Bayerns Leroy Sané (li.) legt den Ball mit dem Kopf an Leverkusen­s Edmond Tapsoba vorbei.

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