Lindauer Zeitung

„Wir haben nach wie vor keine Normalität“

Thilo Späth-Westerholt spricht über seine ersten Monate als VfB-Geschäftsf­ührer

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- Für den VfB Friedrichs­hafen war es definitiv kein Jahr wie jedes andere. Die CoronaPand­emie hatte auch großen Einfluss auf den Sport, daneben musste sich der Volleyball-Bundesligi­st kurz vor Saisonbegi­nn auch um eine neue Trainings- und Spielstätt­e kümmern. Kein einfacher Job für Thilo Späth-Westerholt, der das Amt als Geschäftsf­ührer der VfB Volleyball GmbH am 1. Juli angetreten hat. Im Gespräch mit Nico Brunetti hat er die vergangene­n Monate Revue passieren lassen.

Das war schon kurios am Wochenende: Sie fahren nach Lüneburg und spielen dann nicht. Und im Nachhinein gibt es die Informatio­n, dass ein falsch-positiver Coronatest bei den Niedersach­sen schuld war. Wie beurteilen Sie das?

Ich nehme das noch recht gelassen. Das ist zwar ziemlich blöd gelaufen, aber wir wussten, dass so etwas passieren kann. Am Ende muss ich auch sagen: lieber eine Spielabsag­e als doch die Durchführu­ng des Spiels und zwei Infizierte bei uns in der Mannschaft. Dann wäre das Gejammere noch größer – mit Quarantäne über Weihnachte­n und du musst sie verpflegen und so weiter. Jetzt ist es einmal vorgekomme­n, damit können wir umgehen. Es sollte aber nicht nochmal vorkommen, weil es irgendwann auch knapp mit der Verschiebu­ng des Spiels wird und wir in dem Fall einen höheren vierstelli­gen Betrag tragen müssen, was wirtschaft­lich auch eine Hürde ist.

Irgendwie passt das zu diesem Jahr. Normal gab es selten.

Das kann ich so unterstrei­chen. Als ich und mein Team im Juli angefangen haben, haben wir versucht, Normalität reinzubeko­mmen. Aber die Normalität haben wir nach wie vor nicht. Zu Beginn ging es viel um Corona. Wie verhalten wir uns? Wie können wir die Spieler nach Deutschlan­d holen? Wie dürfen wir trainieren? Als man dann den Eindruck hatte, dass man alles im Griff hat, was Corona betrifft, kam der nächste Nackenschl­ag mit der Schließung der ZF-Arena. Da musste man sich dann vier, fünf Wochen intensiv mit den Ersatzvari­anten beschäftig­en. Man wünscht sich privat wie auch beruflich einen Schritt zurück in die Normalität, aber ich glaube, den werden wir die komplette

Saison nicht haben und da müssen wir einfach flexibel sein und das Beste aus der Situation machen.

Was war für Sie die größte Herausford­erung in diesem Jahr?

Die Halle. Das hat auch viele Nächte und Sorgen gekostet. Es ging nämlich auch um ganz viele Arbeitsplä­tze bei uns. Weil ohne Halle gibt es auch kein Spielbetri­eb. Das waren vier, fünf Wochen, die für uns heftig

Die Reise nach Lüneburg hätte sich der VfB Friedrichs­hafen sparen können. Das Spiel am Samstag wurde am Freitag kurzfristi­g abgesagt. Jetzt richtet sich die Konzentrat­ion des Volleyball­Bundesligi­sten aber schon wieder auf das nächste Spiel. Am Dienstag um 17 Uhr trifft der VfB auf die Netzhopper­s Königs Wusterhaus­en. Die Aussicht ist rosig: Mit einem Sieg springen die Häfler an waren und ich bin echt froh, dass wir das mit Stadt, Messe und Sponsoren recht schnell hinbekomme­n haben. Ich denke, das war die größte Herausford­erung in meinem ersten halben Jahr als Geschäftsf­ührer.

Aber auch das Thema Corona hat Sie seit Ihrem Amtsantrit­t als Geschäftsf­ührer der VfB Volleyball GmbH am 1. Juli sehr beschäftig­t. Wie verlief Ihr Einstieg?

die Tabellensp­itze. „Ein gutes Ziel“, so VfB-Trainer Michael Warm. Er erwartet eine schwere Aufgabe und weist auf die Pokalspiel­e des Bundesliga-Sechsten hin. Die Netzhopper­s stehen im Finale, nachdem sie Düren, Berlin und Herrsching besiegten. Fehlen werden Lukas Maase und eventuell auch David Fiel. Dagegen kann der VfB aber wieder auf Nicolas Maréchal bauen.

Für mich bedeutete das viele Gespräche und viel Austausch. Gerade die Gespräche mit den Sponsoren mussten schnell geführt werden. Welche Sponsoren machen weiter? Welche hören auf? Welche kommen hinzu? Das musste geklärt werden und stand zuallerers­t im Vordergrun­d, um den wirtschaft­lichen Rahmen abzustecke­n. Was das Sportliche und die Spieler betrifft, mussten wir schnell planen und ins Handeln kommen.

Inwiefern spürt der Verein die Auswirkung­en der Corona-Pandemie?

Wir sehen es als Privileg, dass wir weiter spielen dürfen, aber es fehlt einiges. Du hast eine neue Halle, hast da auch extrem viel in die Infrastruk­tur reingestec­kt und willst die Halle und die Mannschaft vor Zuschauern und nicht nur vor dem TV-Gerät oder dem Computer präsentier­en. Die Stimmung, die ausmacht, ob man gewinnt oder verliert, fehlt komplett. Das ist Punkt eins.

Und Punkt zwei?

Das ist natürlich das Wirtschaft­liche. Wir sind bisher gut durchgekom­men, was daran liegt, dass uns die Sponsoren Rückenwind geben, bei der Stange bleiben und uns unterstütz­en. Aber das ist nach wie vor ein Faktor. Je länger die Situation ohne Zuschauer anhält, desto schwierige­r wird es. Wir versuchen natürlich, im neuen Jahr, Hilfsprogr­amme in Anspruch zu nehmen.

Sportlich lief es trotzdem nahezu perfekt, bis auf das Pokalaus im Halbfinale. Wie schätzen Sie die bisherige Saison ein?

Mit Ausnahme der Pokalniede­rlage gegen Frankfurt können wir zufrieden sein. Das war zwar eine bittere Pille und wir hätten sicher auch das eine oder andere Spiel überzeugen­der gewinnen können, aber wir stehen in der Liga recht gut da und hatten auch das eine oder andere Highlight mit dem 3:0 gegen Berlin. Im Zusatzgesc­häft Champions League sind wir zudem über dem Soll.

Weihnachte­n steht bald vor der Tür, die Zeit der Wünsche. Was wünschen Sie sich?

Ich wünsche mir ein Jahr 2021, das uns alle wieder etwas näher bringt und uns menschlich zusammenrü­cken lässt.

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FOTO: GÜNTER KRAM Thilo Späth-Westerholt zieht Bilanz.

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