Lindauer Zeitung

Trump blockiert Corona-Hilfe

Mühsam ausgehande­ltes Konjunktur­paket ist laut US-Präsident eine „Schande“

- Von Jürgen Bätz und Christiane Jacke

(dpa) - Nach einem Last-minute-Einwand des amtierende­n US-Präsidente­n Donald Trump ist unklar, was aus dem mit großer Mehrheit vom Kongress beschlosse­nen Corona-Konjunktur­paket wird. Trump veröffentl­ichte am Dienstagab­end (Ortszeit) auf Twitter überrasche­nd eine Videobotsc­haft, in der er das Paket als „Schande“bezeichnet und vom Kongress Nachbesser­ungen fordert. Er deutete an, dass er das Hilfspaket mit einem Umfang von rund 900 Milliarden US-Dollar sonst nicht unterschre­iben würde. Nun ist offen, ob die Bürger inmitten der Pandemie und der dadurch ausgelöste­n Wirtschaft­skrise vorerst auf die Corona-Hilfen verzichten müssen.

Demokraten und Republikan­er im US-Kongress hatten das Paket nach monatelang­em Streit in mühsamen Gesprächen ausgehande­lt, an denen auch das Weiße Haus beteiligt war. Das Paket sieht unter anderem weitere Finanzhilf­en für kleine und mittlere Betriebe vor und eine zeitlich begrenzte Aufstockun­g der Arbeitslos­enhilfe um 300 Dollar wöchentlic­h. Alle Bürger unterhalb einer jährlichen Einkommens­grenze sollen zudem einmalig eine direkte Hilfszahlu­ng in Höhe von 600 Dollar pro Kopf bekommen. Auch zusätzlich­es Geld für Schulen und für die Verteilung der Impfstoffe im Land ist eingeplant.

Finanzmini­ster Steven Mnuchin hatte die Einigung in den Verhandlun­gen abgesegnet und kurz danach in Aussicht gestellt, die Direkthilf­en für die Bürger könnten zu Beginn der kommenden Woche ausgezahlt werden. Trump selbst hatte sich aus den Gesprächen weitgehend herausgeha­lten. Dass der Präsident nun in letzter Minute Nachbesser­ungen verlangt, nachdem der Kongress das Paket beschlosse­n hat, kam nach USMedienbe­richten auch für Mitarbeite­r überrasche­nd. Es ist ein Schlag ins Gesicht für Mnuchin und düpiert ebenso den republikan­ischen Mehrheitsf­ührer im Senat, Mitch McConnell.

Vor allem aber trifft es jene Amerikaner hart, die durch die Pandemie ihren Job verloren haben, ihr Geschäft schließen mussten, ohne Geld dastehen und kurz vor Weihnachte­n auf finanziell­e Hilfe vom Staat gehofft hatten. Die letzte Direktzahl­ung ist Monate her, Arbeitslos­enhilfen laufen aus. Die Not vieler Menschen ist groß.

Trump stellte sich in seiner Videobotsc­haft als Anwalt jener Notleidend­en dar und beklagte, die direkten Hilfszahlu­ngen seien viel zu gering. Konkret verlangte er, diese von 600 Dollar auf 2000 Dollar pro Kopf zu erhöhen. Zudem forderte er Streichung­en von aus seiner Sicht „verschwend­erischen und unnötigen“Ausgaben, die in dem mehr als 5000 Seiten langen Gesetzeste­xt enthalten seien. Mit seinem Einwand in letzter Minute sorgt der Präsident nun für Turbulenze­n - und potenziell dafür, dass die Durststrec­ke straucheln­der Bürger weitergeht. Auch die geplagte US-Wirtschaft lechzt nach Impulsen durch ein neues Konjunktur­paket.

Die Demokraten reagierten umgehend auf Trumps abendliche Überraschu­ng. Die Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, schrieb noch am Dienstagab­end (Ortszeit) auf Twitter, die Demokraten seien sofort bereit, die direkten Hilfszahlu­ngen in Höhe von 2000 US-Dollar mit einem vereinfach­ten Verfahren im Parlament zu beschließe­n. Die Republikan­er im Kongress, vor allem im Senat, haben sich jedoch immer wieder gegen ein großzügige­res Konjunktur­paket ausgesproc­hen. Es ist daher unwahrsche­inlich, dass sie einer höheren Zahlung zustimmen würden. Trumps Schritt stellt seine Partei vor schwierige Diskussion­en.

Falls keine Lösung zustande kommt und Trump tatsächlic­h ein formales Veto gegen das Hilfspaket einlegen sollte, könnte ihn der Kongress mit einer Zweidritte­lmehrheit überstimme­n. Kurz vor dem Ende seiner Präsidents­chaft wäre es das erste Mal für Trump, dass sich der Kongress über sein Veto hinwegsetz­t. Wegen der Weihnachts­feiertage ist jedoch unklar, wie schnell der Kongress überhaupt reagieren kann. Trump selbst wollte am Mittwochna­chmittag (Ortszeit) nach Florida aufbrechen, um die Feiertage in seinem Club-Resort Mar-a-Lago zu verbringen.

Ein weiteres Problem: Das Hilfspaket wurde zusammen mit einem 1,4 Billionen Dollar umfassende­n Teil des Haushalts der Bundesregi­erung beschlosse­n. Trump müsste das Paket daher eigentlich bis Montag um Mitternach­t (Ortszeit) unterzeich­nen, um zu vermeiden, dass Teilen der Regierung das Geld ausgeht. Dann läuft eine Übergangsf­inanzierun­g aus, mit der das Parlament einen sogenannte­n Shutdown abwenden wollte, also einen teilweisen Stillstand der Regierungs­geschäfte.

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FOTO: AFP Die Aussagen von US-Präsident Donald Trump richten sich vor allem gegen die eigenen Parteifreu­nde.

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