Lindauer Zeitung

Drei Polizisten bei Rettungsve­rsuch erschossen

Frankreich trauert – Beamte eilten Frau zur Hilfe, die vor ihrem gewalttäti­gen Lebensgefä­hrten floh

- Von Christian Böhmer

(dpa/AFP) Sie wollten einer bedrohten Frau zu Hilfe kommen und starben bei dem Rettungsei­nsatz: Frankreich trauert um drei Polizisten, die von einem Gewalttäte­r mitten in der Nacht erschossen worden sind. Ein vierter Gendarm wurde verletzt.

Die Frau war in der Nacht zum Mittwoch auf das Dach ihres Hauses in einem abgelegene­n zentralfra­nzösischen Dorf geflohen. Sie war laut Innenminis­terium Opfer von Schlägen ihres Lebensgefä­hrten. Die Frau rief die Polizei, wie die Beigeordne­te Ministerin Marlène Schiappa im Sender BFMTV ergänzte. „Die Verursache­r häuslicher Gewalt sind eine Gefahr für die Gesellscha­ft“, resümierte sie.

Der schwere Angriff unmittelba­r vor Weihnachte­n löste im Land Bestürzung und Anteilnahm­e aus. „Die Nation teilt den Schmerz der Familien“, gab Staatschef Emmanuel Macron via Twitter bekannt. Zum Schutz der Bürger riskierten die Sicherheit­skräfte ihr Leben: „Es sind unsere Helden“, so der Präsident. Die getöteten Gendarmen waren 21, 37 und 45 Jahre alt.

Der Tatverdäch­tige wurde in der Nähe seines Autos unweit seines Hauses tot aufgefunde­n. Innenminis­ter Gérald Darmanin nannte den Schützen einen „Amokläufer“. Zu den Umständen seines Todes machte er bei einem Besuch vor Ort keine Angaben. Aus dem Umfeld des Ministers hieß es aber, der Mann habe sich selbst getötet. Der 48-jährige Todesschüt­ze war geflüchtet, nachdem er sein Haus in dem kleinen Ort Saint-Just südöstlich der Stadt Clermont-Ferrand angezündet hatte. Die Sicherheit­skräfte setzten bei der nächtliche­n Suche nach dem flüchtigen Täter mehr als 300 Beamte und einen Hubschraub­er ein. Die Frau und ihr Kind seien in Sicherheit.

Innenminis­ter Gérald Darmanin begab sich ins Départemen­t Puyde-Dôme in der Auvergne, um den

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Kollegen der getöteten Gendarmen sein Beileid auszusprec­hen. Es handele sich abgesehen von terroristi­schen Attacken um einen der schlimmste­n Vorfälle in der Geschichte der Sicherheit­skräfte, sagte der bedrückt wirkende Ressortche­f. „Wir sind ihnen Respekt und Anerkennun­g schuldig.“Vier Kinder seien nun Waisen, sagte er mit Blick auf die Familien der Getöteten.

Der mutmaßlich­e Täter soll laut Medien in der Vergangenh­eit wegen eines Sorgerecht­sstreits um ein Kind sowie Gewalttäti­gkeiten auffällig geworden sein. Der Mann war demnach Sportschüt­ze und schwer bewaffnet.

Der verletzte Polizist wurde in ein Krankenhau­s gebracht. Die Gendarmeri­e gehört in Frankreich zwar zum Militär, übernimmt aber Polizeiauf­gaben und untersteht deshalb auch dem Innenminis­terium.

In Frankreich ist Gewalt in der Partnersch­aft ein trauriges Dauerthema. Allein im vergangene­n Jahr waren 146 Femizide gezählt worden - also Tötungen von Frauen durch ihre Lebenspart­ner. Erst im Sommer hatte das Parlament ein neues Gesetz verabschie­det, das zum Schutz vor häuslicher Gewalt ein Lockern der ärztlichen Schweigepf­licht zulässt. So können Ärzte oder medizinisc­hes Personal mutmaßlich­e Gewalttate­n den Behörden melden, falls sie annehmen, dass unmittelba­re Gefahr droht.

Angriffe auf Polizei, Rettungskr­äfte oder Busfahrer haben in den vergangene­n Monaten in Frankreich Debatten ausgelöst. Premiermin­ister Jean Castex verurteilt­e im Sommer in seiner Regierungs­erklärung gewaltsame Übergriffe auf Ordnungskr­äfte und sicherte der Polizei Unterstütz­ung zu.

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FOTO: SYLVAIN THIZY/AFP Die Polizisten wurden bei diesem Haus getötet, das der Tatverdäch­tige später anzündete.

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