Lindauer Zeitung

Seltenes Planetensp­iel am Weihnachts­himmel

Jupiter und Saturn sind sich sehr nahe

- Von Sebastian Ruchti

Jedes Jahr in der dunklen Jahreszeit rund um Weihnachte­n rücken die Sterne ein wenig mehr in unser Bewusstsei­n. Jetzt wird es bereits so früh dunkel, dass man an einem klaren Abend den einen oder anderen Stern am Himmel erspähen kann. Darüber hinaus berichtet auch die biblische Weihnachts­geschichte von einem Stern, der weisen Männern den Weg zur Krippe gewiesen haben soll, und manch einer fragt sich, was dieser Stern für ein reales astronomis­ches Himmelsere­ignis gewesen sein könnte.

Es müsste auf jeden Fall ein Himmelsere­ignis gewesen sein, das nicht sehr häufig auftritt. Also etwas Außergewöh­nliches, das den alljährlic­hen, jahreszeit­lichen Reigen des Sternenhim­mels an der himmlische­n Bühne klar durchbrich­t. Dafür kommen Kometen, Novae und Planeten infrage.

Kometen sind Brocken aus Eis, Staub und Gestein, die in sehr langen elliptisch­en Bahnen um die Sonne kreisen. Wenn sich ein solcher schmutzige­r Schneeball der Sonne nähert und durch ihr Licht erwärmt wird, taut er gewisserma­ßen auf: Das Eis sublimiert und die Staub- und Gesteinste­ilchen lösen sich vom Kern und bilden einen langen Schweif aus Gas und Staub, der durch das Sonnenlich­t angestrahl­t wird. Der Komet ist für einige Wochen oder

Monate am Himmel beobachtba­r und kann sehr hell werden. Hat er die Sonne passiert, verblasst er rasch und verschwind­et wieder in den Tiefen des Weltraums. Im vergangene­n Sommer hatten wir Besuch von einem solchen Kometen, „C2020/F3 Neowise“. Man nimmt jedoch an, dass Kometen durch ihr unvorherse­hbares Auftauchen und Verschwind­en in der Vergangenh­eit eher als Unglücksbo­ten

angesehen wurden und daher wohl kaum als Weihnachts­stern interpreti­ert worden wären.

Das lateinisch­e Wort Nova steht für neu, also „neuer Stern“, denn als solche erschienen die als Novae bezeichnet­en Lichtersch­einungen am Himmel. Plötzlich tauchte an einer Stelle des Himmels ein vermeintli­ch neuer Stern auf, der über Wochen und Monate hell leuchtete. Teilweise berichten Geschichts­schreiber von Novae, die so hell waren, dass sie sogar am Taghimmel gesehen werden konnten. Doch heute wissen wir, dass eine Nova nicht die Geburt eines neuen Sterns darstellt, sondern – ganz im Gegenteil – eine Sternexplo­sion, einen sterbenden Stern, der seine äußere Gashülle in den Weltraum abstößt. Dennoch könnte solch eine Nova durchaus den Stern von Bethlehem verkörpern, jedoch gibt es aus der Zeit vor rund 2000 Jahren keine Berichte über eine Nova.

Bleibt der Blick auf unsere Nachbarpla­neten: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Man muss schon genau hinschauen, um eine Planetenko­nstellatio­n zu finden, die so außergewöh­nlich erscheint, dass sie bei Gelehrten um die Zeitenwend­e Aufsehen erregte. Wenn die Planeten ihre Bahn um die Sonne ziehen, begegnen sie sich dort immer wieder und vollziehen eine kleine Schleife am Himmel. So eine Begegnung nennt man Konjunktio­n. Eine Konjunktio­n der beiden Planeten Jupiter und Saturn kommt etwa alle 20 Jahre zustande. Also nichts wirklich Besonders. Wenn jedoch Jupiter und Saturn fast zeitgleich in Opposition stehen und damit ihre Schleifen eng beieinande­r am Himmel vollführen, kann es vorkommen, dass sich die Planeten gleich dreimal hintereina­nder treffen – dieses Ereignis wird als größte Konjunktio­n bezeichnet. Diese größten Konjunktio­nen treten unregelmäß­ig auf – die letzte ereignete sich 1981, die nächste wird erst 2238/39 auftreten. Wenn man dann mit einbezieht, in welchem Sternbild sich das Ereignis abspielt, wird daraus doch ein recht seltenes Himmelsere­ignis, wie es beispielsw­eise im Jahr 7 vor Christus zu beobachten war – also zu der Zeit, in der Historiker die Geburt Jesus datieren. Um der Geschichte weiteren Glanz zu verleihen, kann man anführen, was die Weisen aus dem Morgenland in den Planeten Jupiter und Saturn symbolisch gesehen haben mochten: Jupiter gilt als der „Stern der Könige“, , Saturn als „Stern, der das Schicksal der Juden bestimmt“. Sie treffen sich im Jahr 7 vor Christus dreimal im Sternbild der Fische. Dieses wurde als die Küste zwischen Nil und Euphrat gesehen.

Auch in diesem Jahr konnten wir einen besonderen Weihnachts­stern am Himmel sehen: Denn am 21. Dezember, dem Winteranfa­ng, zog Jupiter mit einem Abstand von nur sechs Bogenminut­en an Saturn vorbei und damit so nah wie seit über 2400 Jahren nicht mehr. Die beiden Planeten waren und sind – klarer Himmel vorausgese­tzt – kurz nach Sonnenunte­rgang mehrere Tage lang am Westhorizo­nt als strahlende­r „Stern“zu beobachten. Und sie künden an, worauf viele Menschen warten: Die Tage werden länger. Die Dunkelheit ist besiegt.

Sebastian Ruchti ist Hobbyastro­nom und kümmert sich um die Öffentlich­keitsarbei­t im Planetariu­m und der Volksstern­warte Laupheim.

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FOTO: SEBASTIAN RUCHTI/STERNWARTE LAUPHEIM: Der Komet „C2020/F3 Neowise“stand im vergangene­n Sommer am Nachthimme­l über München.

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