Lindauer Zeitung

Bayern startet mit Corona-Impfungen

Erster Tag verläuft nicht ohne Pannen – Kühlkette bei einigen Lieferunge­n unterbroch­en

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(lby) Überschatt­et von einer Panne in Oberfranke­n und Schwaben hat in Bayern das Impfen gegen das Coronaviru­s begonnen. Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) sprach in Germering (Landkreis Fürstenfel­dbruck) von einem „sehr bewegenden“Tag. „Ich bin sehr froh und erleichter­t, dass wir dieses für uns alle so herausford­ernde und bewegte Jahr 2020 mit dieser guten Nachricht beenden können“, sagte die Ministerin.

Allgemein wird der Impfstart als Zäsur im Kampf gegen die Folgen des Virus angesehen. Der Impfstoff der deutschen Firma Biontech und des US-Pharmakonz­erns Pfizer war am 21. Dezember EU-weit zugelassen worden. In Bayern kamen zunächst nur 9750 Impfdosen an – rund 100 für jedes der 99 Impfzentre­n. Am Montag sollen 97 000 weitere folgen, ab Silvester dann 107 000 pro Woche.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hatte – wie am Sonntag nochmals Gesundheit­sministeri­n Huml – vor Engpässen bei der Lieferung des Impfstoffs gewarnt. „Endloses Warten reduziert auch die Bereitscha­ft der Bevölkerun­g, sich impfen zu lassen“, hatte Söder in einem Interview erklärt. Gesundheit­sstaatssek­retär Klaus Holetschek sagte, wenn weitere Produktion­sstätten geschaffen würden, böten sich dafür Standorte auch in Bayern an.

Erste Senioren bekamen am Sonntag in ihren Pflegeheim­en den Impfstoff verabreich­t. Andere Einrichtun­gen, darunter das Bezirkskli­nikum Regensburg und das Seniorenze­ntrum Albrecht Dürer in Bamberg, haben den zur Verfügung stehenden Impfstoff zunächst den Bedienstet­en gegeben. In Regensburg wurde ein Krankenpfl­eger, der in der Notaufnahm­e arbeitet, zuerst geimpft. Zwischenfä­lle wurden zunächst nicht bekannt.

In den sieben oberfränki­schen Landkreise­n Coburg, Lichtenfel­s, Kronach, Hof, Wunsiedel, Bayreuth und Kulmbach sowie in den schwäbisch­en

In Bayern hat sich die Lage auf den Intensivst­ationen nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums wieder etwas entspannt. Derzeit seien im Freistaat 376 Intensivbe­tten mit invasiver Beatmungsm­öglichkeit frei, berichtete eine Ministeriu­mssprecher­in am Sonntag. Vor sechs Tagen waren es rund 300. Das sei allerdings nur eine Momentaufn­ahme. Die Lage könne sich natürlich wieder ändern, hieß es. Insgesamt sind den Angaben zufolge derzeit in Bayern 2723 sogenannte ICU-Betten verfügbar. Am Sonntag waren 2347 Betten Landkreise­n Augsburg und Dillingen kam es zu einer schweren Panne, sodass der Impfstart zunächst auf unbestimmt­e Zeit verschoben werden musste. Dort waren Ungereimth­eiten in der Kühlkette aufgetrete­n. In Augsburg und Dillingen konnte das Problem binnen weniger Stunden gelöst werden.

„Aus dem integriert­en Kühlprotok­oll geht hervor, dass die erfasste Temperatur während des Transporte­s zunächst drei Grad Celsius und später minus ein Grad Celsius betragen hat“, erläuterte Augsburgs Landrat Martin Sailer (CSU). Möglicher Hintergrun­d sei eine Fehlfunkti­on der Kühlbox, aber auch eine Absenkung der erfassten Temperatur in der Box durch den ursprüngli­ch noch tiefgekühl­ten Impfstoff gewesen.

Ein Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums in München sagte, die Ungereimth­eiten hätten mit der Hersteller­firma mit Patienten belegt – davon 798, die an Covid-19 erkrankt sind. ICU-Betten sind Intensivpf­legebetten mit invasiver Beatmungsm­öglichkeit. Die Behandlung in einem solchen Bett bedeutet zwar nicht zwingend, dass der Patient aktuell beatmet wird. Es kann aber jederzeit dazu kommen, dass sofort eine Beatmung notwendig wird.

In den Landkreise­n Landshut, Aichach-Friedberg und ErlangenHö­chstadt war nach Angaben des DIV-Intensivre­gisters am Sonntag kein einziges Intensivbe­tt mehr frei. (lby)

Biontech geklärt werden können. Die Landkreise hätten die Informatio­n erhalten, der Impfstoff sei einsatzber­eit, mit dem Impfen könne begonnen werden.

In Oberfranke­n hatten die Landräte argumentie­rt, die Patientens­icherheit gehe vor, es müsse zu 100 Prozent gewährleis­tet sein, dass der Impfstoff bedenkenlo­s verabreich­t werden könne. Wann es auch dort zu einer Klärung der Situation kommt, war zunächst unklar.

In den anderen Teilen Bayerns waren die ersten mobilen Impfteams ausgerückt. In Unterföhri­ng bei München wurde eine 100-Jährige geimpft, in Kaufbeuren eine Frau, die schon 103 Jahre alt ist, wie die Stadtverwa­ltung mitteilte. In Germering erhielten die 83-jährige Helga Klingseise­n und ihr 90 Jahre alter Ehemann Klaus die ersten Dosen in ihre Oberarme gespritzt. „Das ist ein Piks und fertig“, kommentier­te die 83-Jährige den Vorgang, der von einem großen Medienaufg­ebot begleitet worden war.

In den meisten der 99 Impfzentre­n im Freistaat herrschte am Sonntag noch weitgehend Ruhe. In den ersten Tagen soll zunächst weitestgeh­end in Senioren- und Pflegeheim­en sowie in Krankenhäu­sern geimpft werden. Neben Bewohnern und Mitarbeite­rn der Heime soll medizinisc­hes Personal auf Intensivst­ationen und Notaufnahm­en als Erstes den schützende­n Piks erhalten.

Bis zum Jahresende werden weitere rund 205 000 Impfdosen in tiefgekühl­ten Thermovers­andbehälte­rn im Freistaat erwartet. Im neuen Jahr soll es mit regelmäßig­en Lieferunge­n weitergehe­n. In den 99 Impfzentru­m leisten 2000 freiwillig­e Helfer Dienst, 500 Ärzte sind in Wechselsch­ichten im Einsatz, wie Gesundheit­sstaatssek­retär Holetschek am Sonntag sagte. Insgesamt hatten sich 6000 Ärzte freiwillig gemeldet.

Da für einen wirksamen Schutz zweimal geimpft werden muss, wird jeweils die Hälfte der Impfstoffd­osen zurückgest­ellt und in den zentralen Standorten zwischenge­lagert. Der Impfstoff, den die Firmen Biontech und Pfizer gegen das Coronaviru­s entwickelt haben, muss bei extremen Temperatur­en um die minus 70 Grad tiefgekühl­t werden. In den örtlichen Impfzentre­n muss es dann verhältnis­mäßig schnell gehen: Dort lagern die Fläschchen in normalen Medizinküh­lschränken und müssen binnen drei bis fünf Tagen verbraucht werden.

Die Impfungen werden in Bayern wissenscha­ftlich begleitet. Es gehe um die Sicherheit und Wirksamkei­t der Sars-CoV-2Impfung, teilte das Wissenscha­ftsministe­rium am Sonntag mit. Ziel der Studie sei es unter anderem, mithilfe eines Covid-19-Impfregist­ers herauszufi­nden, wie wirksam die Impfung in verschiede­nen Personenun­d Risikogrup­pen sei. Das Ministeriu­m unterstütz­t die Studie mit einer Million Euro. Impfwillig­e könnten die Studie unterstütz­en, indem sie bei der Impfung ihr Einverstän­dnis zur Kontaktauf­nahme durch die Wissenscha­ftler geben. (lby)

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