Daheim in der Ferne
Die Untermarchtaler Schwester Kaja widmet sich in Tansania vernachlässigten Mädchen
Wenn Schwester Kaja an die vielen Jahre in Ostafrika denkt, an die lange Zeit so fern ihrer bosnischen Heimat, sagt die 67-Jährige: „Es ist interessant, aber ich hatte in Tansania niemals Heimweh.“Schon bei ihrer Ankunft vor mehr als 35 Jahren habe sie eine Verbindung gespürt zu den Menschen und dem Land. Diese Bindung wurde stetig fester durch ihre Arbeit an einer Schule der Vinzentinerinnen, die sich vernachlässigten Mädchen und jungen Frauen widmet, damit diese eine Ausbildung erhalten und Fertigkeiten erlernen, die sie vor Armut und Verwahrlosung bewahren. „Ich wurde gebraucht und bin gerne geblieben“, sagt Schwester Kaja am Telefon. Das Gefühl von Heimweh, der Verlust von Vertrautem, das kennt sie auch aus jüngeren Jahren.
16 Jahre war sie alt, als sie ihre bosnische Heimat verließ, um bei den Vinzentinerinnen in Untermarchtal bei Ehingen Gott zu dienen. „Die Berufung habe ich damals schon gespürt“, sagt Schwester Kaja, für das Klosterleben aber war sie noch zu jung. in hügeliger Landschaft hat sich ein beeindruckendes Engagement entwickelt, heute sind rund 240 tansanische Schwestern an 25 Missionsstationen aktiv. Inzwischen wurden auch junge äthiopische Frauen in Tansania ausgebildet und bauen nun Stationen und Strukturen in Äthiopien auf. Schwester Kaja aber blieb in Maguu im Gebiet der Diözese Mbinga, wo einst die vier Schwestern ihre Mission begannen.
Zentral für die Station ist eine Internatsschule, an der Mädchen und junge Frauen eine staatliche Ausbildung machen können; als Hauswirtschafterin, Hotelmanagerin, Näherin oder in Sozialpädagogik. „Wir nehmen oft Mädchen auf, die es nicht auf eine höhere Schule geschafft haben oder schlechte Noten hatten“, erklärt Schwester Kaja. Im Internat können sie so lange bleiben, bis sie einen Abschluss erreichen. Seit geraumer Zeit beobachten die Vinzentinerinnen eine alarmierende Entwicklung: „Wir nehmen immer öfter Mädchen von der Straße auf.“Keine Prostituierten, sondern junge Obdachlose, mit einer belastenden Vorgeschichte.
„Diese Mädchen werden von ihren Familien zu Verwandten in die Stadt geschickt.“Dort, berichtet Schwester Kaja, wird ihnen der Besuch einer guten Schule in Aussicht gestellt, im Gegenzug müssen sie als Hausmädchen schuften, für zwei, drei oder auch mehr Jahre – anschließend werden sie wieder weggeschickt. „Dann haben diese Mädchen die ganzen Jahre umsonst gearbeitet. Das kommt leider sehr oft vor.“Mit etwas Glück werden manche von ihnen von den Missionsschwestern von der Straße aufgelesen und in Obhut genommen. „Das ist unser Auftrag“, sagt Schwester Kaja, „mit den Ärmsten zu arbeiten.“
Erteilt hat diesen Auftrag der Ordenspatron Vinzenz von Paul, der als
Begründer der modernen Caritas gilt. Zusammen mit Luise von Marillac hat er im 17. Jahrhundert in Paris angefangen, junge Frauen zum Dienst an Armen, Kranken, Findelkindern und Sträflingen auszubilden. Seine Botschaft lautete: „Ihr habt als Kloster die Häuser der Kranken, als Zelle eine Mietkammer, als Kapelle die Pfarrkirche, als Kreuzgang die Straßen der Stadt, als Klausur den Gehorsam, als Gitter die Gottesfurcht und als Schleier die heilige Bescheidenheit.” So gilt den Schwestern bis heute das Motto des Hl. Vinzenz von Paul als Leitlinie: „Liebe sei Tat.“
Die Tat in der Missionsprokura (lateinisch Prokura = Für-Sorge) Mabuu richtet sich aus gutem Grund an Frauen. „Die jungen Männer hier kommen besser durchs Leben“, sagt Schwester Kaja. „Die Mädchen aber sind am ärmsten dran.“An ihnen hängt der Haushalt, damit werden sie allein gelassen, auch mit den Kindern. „Deshalb ist es wichtig, dass die Frauen Boden unter den Füßen bekommen.“
Dieses Fundament braucht Spenden, wie aus der Aktion „Helfen bringt Freude“, denn Schulgeld müssen die Internatsschülerinnen nicht zahlen. Da es, abgesehen von den tansanischen Lehrern, keine Angestellten gibt, erhalten die jungen Frauen zusammen mit den Schwestern auch das Missionsleben aufrecht. Helfen in der Küche, in der Kleintierhaltung, beim Waschen und Putzen und gehen gleichzeitig dem Studium ihrer Ausbildung in theoretischer wie praktischer Hinsicht nach. So lernen sie in vielfacher Hinsicht etwas fürs Leben, für ihr Dasein nach dem Internat.
Für Schwester Kaja ist die Arbeit mit den Frauen auch nach so vielen Jahren eine Erfüllung. „Gebraucht zu werden, das gibt mir Kraft, die ich weitergeben kann.“Und gleichzeitig lerne sie auch immer wieder von den Menschen in Tansania. „Sie sind sehr gastfreundlich, tolerant und großzügig. Sie nehmen uns viel freundlicher auf, als ich es umgekehrt von Europa kenne“, erzählt die 67-Jährige und fügt hinzu: „Ich selber bin viel voreingenommener, als sie es sind.“Dazu käme bei der Bevölkerung eine für Europäer ungewohnte Genügsamkeit: „Ob Kälte, Wärme, Krankheit oder Hunger – sie können viel besser überleben, als wir.“
In den vergangenen Jahren beobachte sie eine Bewusstseinsentwicklung bei den Menschen. „Jeder Einzelne, aber auch als Land insgesamt wird viel selbstbewusster.“Das habe, so Schwester Kaja, auch mit dem steigenden Bildungsniveau zu tun, mit dem Wissen um die eigene Geschichte samt Sklaverei, mit dem Gewahrwerden des eigenen Reichtums, sei es in Form der vorhandenen Bodenschätze oder auch der vielen jungen Leute in Tansania, die stellvertretend für Aufbruch und Zukunft stehen. „Die Menschen hier werden immer stärker“, sagt die Vinzentinerin. Gedanken um ihre eigene Zukunft macht sie sich deshalb aber nicht: „Unser Auftrag wird immer aktuell sein – weil es immer Armut geben wird.“
Die Arbeit von Schwester Kaja wird durch die Ivanka Cugura – Ulrike und Dr. Karl Kohler-Stiftung gefördert. Diese Stiftung unterstützt Projekte in Afrika und Lateinamerika für Kinder in Ausgrenzung und Armut. Insbesondere sollen Mädchen durch Bildungsmaßnahmen Chancen für ein gelingendes Leben erhalten.
Diese Stiftung gehört zur CaritasStiftung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart „Lebenswerk Zukunft“.
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