Sensoren melden: Der Parkplatz ist voll
Um dem Besucherandrang im Allgäu aktuell zu bewältigen, laufen derzeit einige Projekte
- Volle Parkplätze, überlaufene Berggipfel, Autos mitten im Naturschutzgebiet, genervte Einheimische: Das Thema „Overcrowding“, zu deutsch Überfüllung, beschäftigt die Allgäuer nicht erst seit der CoronaKrise. Wissenschaftler und Tourismus-Verantwortliche befassen sich mit der Frage, wie Besucherströme in Zukunft gelenkt werden können. Im Mittelpunkt stehen dabei langfristige und digitale Konzepte.
„Wir wollen Tagesgäste nicht fernhalten, sondern sinnvoll in der Fläche verteilen“, sagt Professor Alfred Bauer, Dekan der Fakultät Tourismus-Management der Hochschule
Kempten und Vorsitzender des Bayerischen
Zentrums für Tourismus (BZT Bayern). Das Thema ist stark emotional behaftet. Umso wichtiger sei es daher, auf der Grundlage von Fakten und nicht mit Gefühlen zu argumentieren.
Ein Ansatz: Das BZT wertet derzeit anonyme Mobilfunkdaten für ganz Bayern aus, die beispielsweise zeigen, wie viele Menschen sich 2019 und 2020 an welchen Tagen aus München auf den Weg ins Voralpenland gemacht haben. Diese Daten seien wichtig, „um einen Blick in die Zukunft zu ermöglichen“, sagt Bauer. So könnten Besucher, bevor sie überhaupt losfahren, darüber informiert werden, wie stark frequentiert ihr Ziel zum Zeitpunkt der Ankunft erfahrungsgemäß sein wird. Im Optimalfall könne ihnen dann auch eine Alternative in Bayern vorgeschlagen werden, die ihren Wünschen und Anforderungen entspricht, aber eben kein Hotspot ist. Denn die Daten zeigen auch, welche Regionen in der Regel nicht überlaufen sind.
Das Ziel Besuchermanagement hat auch ein bundesweites Projekt, für das sich die Hochschule Kempten gemeinsam mit der Stadt Füssen beworben hat. Es soll laut den Professoren Alfred Bauer und Guido Sommer eine Besucherlenkung ermöglichen, die von künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Im Fokus stehen dabei die Auslastung der Parkplätze und alternative Mobilitätsformen. So sollen Sensoren auf den Parkplätzen erfassen, wie voll diese sind. Ist die Frequenz zu hoch, werden dem potenziellen Besucher Alternativen vorgeschlagen. Die Informationen sollen die Gäste über verschiedene Apps erhalten. Und die wiederum könnten, sagt Sommer, die nötigen Zahlen über das landesweite Forschungsprojekt „BayernCloud“beziehen. Die digitale Plattform bündelt und kategorisiert Daten und macht diese für Apps und andere Anwendungen nutzbar.
„Der Megatrend in den kommenden Jahren ist ganz eindeutig das Thema Mobilität“, sagt Bauer. Deshalb
Alfred Bauer
sollen den Tourismus-Akteuren die Erkenntnisse aus den Regionen über das BZT Bayern zur Verfügung gestellt werden. Das große Fernziel sei es, den Individualverkehr zu reduzieren – bei der Anreise und auch in den Orten selbst. Dabei müssten auch die Einheimischen als Nutzer der ÖPNV-Angebote mit ins Boot geholt werden.
Mit dem Thema Mobilität befasst sich auch ein Projekt der Allgäu GmbH. Derzeit laufen Ausschreibungen, um Firmen zu finden, die Lösungen für das Parkraum-Management und ein integriertes Mobilitätskonzept entwickeln. Letzteres soll alle Arten der Fortbewegung berücksichtigen und bis Ende 2021 fertig sein. „Sofern weitere Fördermittel bewilligt werden, hoffen wir, noch heuer einen Auftrag erteilen zu können“, sagt Bernhard Joachim, Geschäftsführer der Allgäu GmbH. Auch hier stehe die Idee einer App im Raum, die unter anderem anzeigt, wenn Parkplätze an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Auch sollen Hotspots herausgearbeitet werden, an denen das Projekt ansetzen könnte. Im Gespräch sind Füssen, Lindau und Oberstdorf.
Dort wird aktuell an einer Besucherlenkung gearbeitet, sagt Frank Jost, Geschäftsführer von Oberstdorf Tourismus. Zum Konzept gehören etwa analoge Wegweiser, unter denen Bildschirme mit tagesaktuellen Informationen angebracht werden. Zudem sollen Schilder mit Codes versehen werden. Die Gäste können diese scannen und sich via Smartphone zu ihrem Ziel führen lassen.
„Der Megatrend in den kommenden Jahren ist das Thema Mobilität.“