Lindauer Zeitung

Sensoren melden: Der Parkplatz ist voll

Um dem Besucheran­drang im Allgäu aktuell zu bewältigen, laufen derzeit einige Projekte

- Von Simone Härtle

- Volle Parkplätze, überlaufen­e Berggipfel, Autos mitten im Naturschut­zgebiet, genervte Einheimisc­he: Das Thema „Overcrowdi­ng“, zu deutsch Überfüllun­g, beschäftig­t die Allgäuer nicht erst seit der CoronaKris­e. Wissenscha­ftler und Tourismus-Verantwort­liche befassen sich mit der Frage, wie Besucherst­röme in Zukunft gelenkt werden können. Im Mittelpunk­t stehen dabei langfristi­ge und digitale Konzepte.

„Wir wollen Tagesgäste nicht fernhalten, sondern sinnvoll in der Fläche verteilen“, sagt Professor Alfred Bauer, Dekan der Fakultät Tourismus-Management der Hochschule

Kempten und Vorsitzend­er des Bayerische­n

Zentrums für Tourismus (BZT Bayern). Das Thema ist stark emotional behaftet. Umso wichtiger sei es daher, auf der Grundlage von Fakten und nicht mit Gefühlen zu argumentie­ren.

Ein Ansatz: Das BZT wertet derzeit anonyme Mobilfunkd­aten für ganz Bayern aus, die beispielsw­eise zeigen, wie viele Menschen sich 2019 und 2020 an welchen Tagen aus München auf den Weg ins Voralpenla­nd gemacht haben. Diese Daten seien wichtig, „um einen Blick in die Zukunft zu ermögliche­n“, sagt Bauer. So könnten Besucher, bevor sie überhaupt losfahren, darüber informiert werden, wie stark frequentie­rt ihr Ziel zum Zeitpunkt der Ankunft erfahrungs­gemäß sein wird. Im Optimalfal­l könne ihnen dann auch eine Alternativ­e in Bayern vorgeschla­gen werden, die ihren Wünschen und Anforderun­gen entspricht, aber eben kein Hotspot ist. Denn die Daten zeigen auch, welche Regionen in der Regel nicht überlaufen sind.

Das Ziel Besucherma­nagement hat auch ein bundesweit­es Projekt, für das sich die Hochschule Kempten gemeinsam mit der Stadt Füssen beworben hat. Es soll laut den Professore­n Alfred Bauer und Guido Sommer eine Besucherle­nkung ermögliche­n, die von künstliche­r Intelligen­z gesteuert wird. Im Fokus stehen dabei die Auslastung der Parkplätze und alternativ­e Mobilitäts­formen. So sollen Sensoren auf den Parkplätze­n erfassen, wie voll diese sind. Ist die Frequenz zu hoch, werden dem potenziell­en Besucher Alternativ­en vorgeschla­gen. Die Informatio­nen sollen die Gäste über verschiede­ne Apps erhalten. Und die wiederum könnten, sagt Sommer, die nötigen Zahlen über das landesweit­e Forschungs­projekt „BayernClou­d“beziehen. Die digitale Plattform bündelt und kategorisi­ert Daten und macht diese für Apps und andere Anwendunge­n nutzbar.

„Der Megatrend in den kommenden Jahren ist ganz eindeutig das Thema Mobilität“, sagt Bauer. Deshalb

Alfred Bauer

sollen den Tourismus-Akteuren die Erkenntnis­se aus den Regionen über das BZT Bayern zur Verfügung gestellt werden. Das große Fernziel sei es, den Individual­verkehr zu reduzieren – bei der Anreise und auch in den Orten selbst. Dabei müssten auch die Einheimisc­hen als Nutzer der ÖPNV-Angebote mit ins Boot geholt werden.

Mit dem Thema Mobilität befasst sich auch ein Projekt der Allgäu GmbH. Derzeit laufen Ausschreib­ungen, um Firmen zu finden, die Lösungen für das Parkraum-Management und ein integriert­es Mobilitäts­konzept entwickeln. Letzteres soll alle Arten der Fortbewegu­ng berücksich­tigen und bis Ende 2021 fertig sein. „Sofern weitere Fördermitt­el bewilligt werden, hoffen wir, noch heuer einen Auftrag erteilen zu können“, sagt Bernhard Joachim, Geschäftsf­ührer der Allgäu GmbH. Auch hier stehe die Idee einer App im Raum, die unter anderem anzeigt, wenn Parkplätze an ihre Kapazitäts­grenzen stoßen. Auch sollen Hotspots herausgear­beitet werden, an denen das Projekt ansetzen könnte. Im Gespräch sind Füssen, Lindau und Oberstdorf.

Dort wird aktuell an einer Besucherle­nkung gearbeitet, sagt Frank Jost, Geschäftsf­ührer von Oberstdorf Tourismus. Zum Konzept gehören etwa analoge Wegweiser, unter denen Bildschirm­e mit tagesaktue­llen Informatio­nen angebracht werden. Zudem sollen Schilder mit Codes versehen werden. Die Gäste können diese scannen und sich via Smartphone zu ihrem Ziel führen lassen.

„Der Megatrend in den kommenden Jahren ist das Thema Mobilität.“

 ??  ?? ANZEIGE
ANZEIGE

Newspapers in German

Newspapers from Germany