Wann es im Club Vaudeville weitergeht, ist unklar
Kulturverein trifft sich zur digitalen Hauptversammlung und blickt nochmals auf das Geschäftsjahr zurück
(lz) - Verrückte Zeiten führen zu innovativen Maßnahmen, und so musste auch die Hauptversammlung des Club Vaudevilles kurzfristig von einer Präsenzveranstaltung in ein Online-Meeting umgewandelt werden. Knapp 60 Mitglieder des aktuell rund 400 Personen starken Kulturvereines, der seit mehr als 42 Jahren das Lindauer Kulturleben maßgeblich beeinflusst hat, nahmen an dem Treffen teil, teilt der Club mit. Auf der Tagesordnung: die üblichen Regularien.
Nach kurzer Einführung begrüßte Moderator Christian Wollin die Runde und Buchhalter und Vorstand Florian Hedig startete mit dem Rückblick des Geschäftsjahres 2019/2020. 2019 schloss der Club mit einem negativen Ergebnis ab, was unter anderem am wetterbedingten Abbruch des Umsonst-und-Draußen-Festivals (U&D) im Juli 2019 lag. „Ein verregnetes Stadtfest oder U&D bringt ganz schnell das Jahresergebnis zum wackeln“, führte Hedig aus.
Das Jahr 2020 startete mit zehn ausverkauften Events in den ersten zehn Wochen sehr vielversprechend, wie auch Marc Jehnes, seit 23 Jahren Booker im Club Vaudeville, ausführte. Jedoch stand der komplette Betrieb des Club Vaudeville von Mitte März bis Ende Mai coronabedingt still. Das gab es noch nie in der langen Vereinsgeschichte. Aber untätig war der Club keineswegs. Neben angemeldeter Kurzarbeit konnte der Verein mit der GWG, dem Vermieter der Räumlichkeiten, eine Stundungsvereinbarung treffen. Zudem startete der Club bereits am 13. März die Crowdfunding-Aktion „Corona Crashed Culture“und sammelte dabei einen beträchtlichen fünfstelligen Betrag. Außerdem bekam der Club den Zuschlag bei Neustart Kultur, einem Förderprogramm, das den Umbau der WC-Anlagen zu kontaktlosen stillen Örtchen finanziert. Des
Weiteren erhielt der Club einen Zuschuss vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, um das zweite Halbjahr zu überbrücken. Für die Antragstellung seien Liquiditätsprognosen erforderlich, was für einen Kulturbetrieb in der aktuellen Situation eine besonders schwierige Herausforderung darstellt. Sollte eine Nachkalkulation eine Überkompensation ergeben, müssen Fördergelder zurückgeführt werden. Ob im Falle einer Unterkompensation, die auf den Club aufgrund des erneuten Lockdowns ab November eher zutrifft, weitere Gelder fließen, ist laut Pressemitteilung bislang ungeklärt.
Trotz der zweimaligen Komplettschließung (März bis Mai, November und Dezember) des Clubs schaffte es der Verein, in diesem Jahr 110 Events durchzuführen. „Allein 85 Veranstaltungen fanden im Zeitraum zwischen Ende Mai und Ende Oktober
2020 statt, bei dem es keinen einzigen Corona-Fall oder Beanstandungen von behördlicher Seite gab“, so Marc Jehnes. Speziell für diese Events hat der Club ein „überlegtes und gut durchführbares Hygieneund Abstandskonzept“erarbeitet, heißt es weiter. Der Verein bedaure, dass man das Lindauer Stadtfest und das Umsonst-und-Draußen in diesem jahr streichen musste. Am 31. Oktober musste der Club erneut seinen Betrieb einstellen und somit waren das Kinderkonzert von Heavysaurus und die anschließende Biergarten-Show mit Billy Äggler die beiden letzten Konzerte im Jahr 2020.
Wann es weitergehen wird, ist unklar. „Bis heute ist nicht ansatzweise abschätzbar, wann ein normaler Regelbetrieb für uns möglich sein wird. Selbst wenn die Möglichkeiten kurzfristig wieder geboten werden, so müssen zunächst Tourneen der Künstler geplant und beworben werden. Das alles dauert seine Zeit. Zudem ist ein Startkapital zur Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs zwingend notwendig, da viele Gagen, die durchaus im höheren vierstelligen Bereich liegen, im Voraus bezahlt werden müssen. Um das Überleben des Clubs zu sichern, sind nach wie vor jegliche Spenden sowie staatliche und städtische Zuwendungen unerlässlich“, so Hedig.
Die Hauptversammlung wählte im Anschluss ein neues Vorstandsteam. Dieses setzt sich aus bereits länger aktiven Vorstandsmitgliedern wie Florian Hedig und Simon Sutter, alten Hasen wie Jörg Bilger und Tobias Hehl, die nach einer Auszeit wieder aktiv im Vorstand sind, und dem Neuling Jörg Heußner zusammen. Gemeinsam mit allen Helfern gibt es im neuen Jahr viel zu organisieren. Auf der Agenda steht auch die Frage nach einer Ausweichmöglichkeit für den Festivalplatz für das Umsonstund-Draußen
2021, da die Hintere Insel im nächsten Jahr durch die Landesgartenschau belegt ist.
Durch den neuen Mindestlohn für Auszubildende entstehen dem Club Vaudeville ab dem neuen Jahr im Durchschnitt Mehrkosten von rund 7000 Euro. Deshalb fordert der Club mehr Bezuschussung von der Stadt, da diese die Ausbildungsvergütung bislang in voller Höhe übernommen hat. Hedig verdeutlicht: „Das soll trotz Mindestlohn weiterhin so sein. Ansonsten könnten die Ausbildungsstellen im Club Vaudeville nicht mehr gewährleistet werden.“
Abschließend zieht Marc Jehnes noch Bilanz: „2020 hat uns hart getroffen. Wir haben trotzdem weitergemacht und sehr viel selber auf die Beine gestellt. Jetzt erwartet der Club ein Zeichen von der Stadt Lindau, damit wir auch die nächsten Jahre weiterhin Jugend- und Kulturarbeit machen können.“