Lindauer Zeitung

Silvester zu Hause und (fast) ohne Feuerwerk

Nächtliche Ausgangssp­erre und Kontaktbes­chränkung – So feiern Lindauer den Jahreswech­sel

- Von Susi Donner

– Wegen der Corona-Pandemie fielen auf der ganzen Welt, und so auch in Lindau, die Silvesterf­eiern viel verhaltene­r als sonst aus. Ab 21 Uhr galt die Ausgangssp­erre und die Kontaktbes­chränkunge­n wegen der hohen Infektions­zahlen verboten größere Feiern auch zu Hause von selbst. Die Lindauer Zeitung wollte wissen, wie vernünftig sich die Lindauer verhalten, und machte mit Genehmigun­g der Polizeiins­pektion einen Abstecher in die Silvestern­acht.

Um 23.15 Uhr liegt Lindau – vom Schönbühl aus gesehen – ruhig in der klaren und hellen Nacht. Am 30. Dezember war Vollmond und deshalb ist der Trabant noch groß, scheint durch die lockeren Wolken und erhellt die Stadt und den Bodensee. Unterwegs über die Ludwig-Kick-Straße Richtung Insel. Auf Höhe der Polizeiins­pektion stehen zwei Streifenwa­gen. Mehrere Beamte kontrollie­ren gerade einige junge Leute, die mit Bierflasch­e in der Hand unterwegs sind. Unerlaubt – denn seit 21 Uhr herrscht strikte Ausgangssp­erre.

Alle anderen Straßen und Gassen sind verwaist – in Aeschach, in Reutin, und auch auf der Insel. Keine Menschense­ele ist zu sehen. Oder doch? In der Maximilian­straße laufen zwei Leute an der Brodlaube vorbei. Sie haben es recht eilig und verschwind­en schnell in einer Seitengass­e.

Am Hafen ist ein junger Obdachlose­r, der seine ganzen Habseligke­iten in einem Einkaufswa­gen neben sich stehen hat. Die Frage, ob er vielleicht Hilfe braucht in dieser kalten Nacht – es sind unter null Grad – schüttelt er wortlos weg. Ansonsten ist die Hafenprome­nade wie leergefegt. Das Lichterher­z vis-a-vis von Leuchtturm und Löwe strahlt tröstlich in die Nacht.

Daneben auf einer Bank sitzt ein Mann. Auch er dürfte natürlich nicht unterwegs sein um diese Uhrzeit. Das wisse er schon, sagt er, aber er habe es allein zu Hause nicht mehr ausgehalte­n. Als einsames Herz neben dem leuchtende­n Herz zu sitzen und auf den See hinauszusc­hauen habe ihm gutgetan. Vom Vorarlberg­er und Schweizer Ufer aus ist bereits seit einer Stunde ein an- und abschwelle­ndes Grunddonne­rn zu hören. „Das geht nachher richtig los, das wird gleich noch viel lauter sagt er, zieht die Schultern und den Jackenkrag­en ein wenig höher und verschwind­et in der Nacht.

Bis auf das Getöse des vorgezogen­en Feuerwerks auf der anderen Seeseite ist jetzt alles wieder still. Aus einigen Fenstern auf der Insel sind Stimmen zu hören. Lachen. Leise Musik. Das ist es dann aber auch schon. Die Lindauer scheinen sich enorm vernünftig an die Ausgangssp­erre zu halten. Mit dem Auto unterwegs ist nur die Polizei.

Zurück am Schönbühl. Es ist jetzt etwa 23.45 Uhr. Von hier aus ist das Spektakel aus der Schweiz und auch aus Österreich besonders gut sehen. Es hört sich an, als ob die Artillerie im Anmarsch wäre. Von weitem sehen die leuchtende­n Sterne und Blumen die das Feuerwerk an den Himmel malt, dagegen winzig klein aus. Kurz vor Mitternach­t geht es auch in und um Lindau los. Vom Hoyerberg, aus Schönau und Bodolz steigen die ersten größeren Raketen in die Luft. Punkt Neujahr beginnt es dann in allen Himmelsric­htungen zu leuchten. Über der Insel, über Aeschach und über Reutin sprühen Funkenrege­n und die Büsche und Bäume scheinen kurz auf. Eine Extra-Salve für ein, zwei Minuten, dann sind es nur noch einzelne Kracher und Lichtkaska­den.

In der Ferne ist schnell zu sehen, dass sich die vormals klare Nachtluft schmutzig gelb verfärbt und ein Dunstschle­ier über dem See und dem Ufer liegt. Auch in den Lindauer Straßen schweben rußig-staubige Nebel und Schwarzpul­vergeruch hängt in der Luft, obwohl weitaus weniger Feuerwerk als sonst abgefeuert wurde. Während aber in Lindau nach zehn bis maximal 15 Minuten alles bereits erledigt ist, und nur an vereinzelt­en Stellen eine Rakete zischend in die Luft rauscht oder ein einsamer Böller kracht, donnert es vom Schweizer Ufer und den Bergdörfer­n noch bis fast ein Uhr morgens. Auf den Straßen sind nur wenige einzelne Raketenres­te zu sehen. Alles ist sauber.

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