Mit Rücksicht aufeinander nach vorne schauen
Die Corona-Kolumnistin der LZ blickt zurück, wie sie und ihre Familie die Pandemie erlebt haben
Uhr drei Kinder in Krippen-, Kindergartenund Schulalter. Es ging zeitweise besonders chaotisch zwischen Homeoffice und Homeschooling zu. Um andere Menschen hingegen wurde es zur gleichen Zeit sehr still. Sie gehörten plötzlich zur Risikogruppe oder wohnten in Risikogebieten und waren dadurch abgesondert von anderen. Außergewöhnlich berührend war die Welle der Solidarität, die schnell an Größe gewann. Doch in den folgenden Monaten wurde sie leider von einer Flut der Querdenker überspült.
Obwohl uns so vieles trennt und jeder seinen ganz eigenen Herausforderungen begegnet, sitzen wir doch alle irgendwie im gleichen Pandemie-Boot. Vor allem jetzt zum Jahresende, das uns einen erneuten Lockdown beschert.
Ich denke, wir dürfen enttäuscht darüber sein. Vor allem diejenigen, die alles dafür getan haben, solidarisch und verantwortungsvoll zu handeln. Es macht mich traurig mit anzusehen, wie meine Kinder jeden Tag mit Maske das Haus verlassen, um zur Schule zu gehen und sich tapfer an Regeln halten. Jetzt müssen sie trotzdem zu Hause bleiben. Ich kann ihnen nicht einmal genau sagen, wann sie im nächsten Jahr wieder zur
Schule gehen und ihre Freunde sehen werden. Verlässlichkeit und Perspektiven fehlen den Kindern und Erwachsenen.
Dennoch habe ich mich gefragt, ob ich nicht auch etwas Gutes aus diesem Wahnsinnsjahr mitnehmen kann, um mit Zuversicht in ein neues zu starten. Da ist mir überraschend viel eingefallen. Das Jahr 2020 hat mich zum Beispiel Dankbarkeit gelehrt für kleine Gesten, Taten und Tatsachen, die ich zuvor nicht bewusst oder aber selbstverständlich hingenommen habe. Ich bin jeden Tag dankbar für meine Gesundheit, dafür, dass ich meine Familie umarmen kann, dass wir zusammen sind, dass ich mich frei in der Natur bewegen kann.
Außerdem habe ich mir angewöhnt, viel zu lächeln. So sehr, dass meine Augen mitlachen und dass jeder es sieht, auch wenn ich eine Maske trage. Ein Lächeln kostet nichts und dennoch ist es etwas Kostbares, das ich weitergeben kann. Angeblich stärkt es sogar das Immunsystem, baut Stress ab und macht glücklich. Ich jedenfalls habe bemerkt, dass es eine Möglichkeit ist, anderen auf Abstand zu Begegnen und doch ein Gefühl von Wärme, Mitgefühl und Freude schenken zu können.
Ich denke, dass wir das PandemieBoot nur verlassen können, wenn wir uns gemeinsam und mit Rücksicht aufeinander in dieselbe Richtung bewegen. Wenn wir uns unterstützen, wenn für den einen die Situation gerade mal wieder aus dem Ruder läuft und wir zuversichtlich bleiben, dass wir das Ufer erreichen werden.
Christina Becker schrieb im Lockdown von März bis Juni eine Corona-Kolumne für die Lindauer Zeitung. Seit kurzem schreibt sie einen Blog und regt dort zu Übungen an, die im Lockdown aber auch darüber hinaus Zuversicht und Freude schenken sollen: www.ganzheiterleben.de/blog