Lindauer Zeitung

Tränen zum Ende der Ära Alex

Vor 17 Jahren bekam die Deutsche Bahn im Allgäu erstmals Konkurrenz durch einen anderen Anbieter

- Von Michael Munkler

- Nach 17 Jahren flossen die Tränen, denn der Abschied war endgültig. Am 12. Dezember fuhr der letzte Alex-Zug von München nach Kempten, wo er an diesem Samstag um kurz vor 23 Uhr ankam. „Aus Kollegen waren über all die Jahre Freunde geworden“, erzählt Marion Ludacka, die als Teamassist­entin von Anfang an zur Allgäuer Alex-Mannschaft gehörte. Auf der letzten Fahrt war sie mit Lokomotivf­ührer Henry Wend, Betriebsle­iter Dominik Recker und Wagenmeist­er Stephan Pelz unterwegs. Viele der mehr als 60 Alex-Mitarbeite­r müssen nun das Allgäu verlassen oder sich hier einen anderen Job suchen, weil der zur Länderbahn gehörende Alex nicht mehr zwischen München und Oberstdorf beziehungs­weise Lindau fährt. Aber: Alle haben ein alternativ­es Angebot von der Bahn bekommen, sagt Recker.

Seit 13. Dezember übernimmt die DB Regio die bisherigen Verbindung­en von München nach Lindau und Oberstdorf. Zu den Hauptverke­hrszeiten werden Doppelstoc­kwagen eingesetzt, um mehr Sitzplätze anbieten zu können. Die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) hatte nach einer Ausschreib­ung DB Regio den Zuschlag für die Verbindung erteilt.

„Viele Mitarbeite­r haben nach 17 Jahren ihren alten Job verloren“, sagt Marion Ludacka. Und fügt an: Für viele sei das Arbeitsver­hältnis so etwas wie das zweite Zuhause und die zweite Familie gewesen. Gestartet war der Alex am 14. Dezember 2003 auf der Strecke München-Oberstdorf, damals als Kooperatio­n der bayerische­n Länderbahn und der Schweizer Euro-Thurbo GmbH. Im Juli 2006 stiegen die Schweizer aus und die Länderbahn mit Sitz in Viechtach übernahm die Verbindung.

Nicht wenige Fahrgäste waren in den ersten Jahren und auch später noch vom Alex begeistert. So gab es bis 2017 ein Bordbistro namens

„Alex-Treff“, in dem Fahrgäste zwischen München und dem Allgäu einen Kaffee oder ein Bier trinken konnten.

Und die vom Alex eingesetzt­en sanierten DB-Wagen mit SechserAbt­eilen empfanden viele Reisende bequemer als moderne Triebzüge. Hier konnte man noch die Fenster öffnen, das Licht ein- oder ausschalte­n und die Heizung zu- oder aufdrehen. Außerdem: Wer auf den letzten Drücker kam, konnte sich beim AlexZugbeg­leiter das Ticket nachlösen.

Im Laufe der Jahre nahmen beim Alex jedoch die Probleme zu und nach Bekanntwer­den der verlorenen Ausschreib­ung gab es eine „erhöhte Personalfl­uktuation“, räumt Länderbahn-Geschäftsf­ührer Wolfgang Pollety ein. Er sagt aber auch: „In den 17 Jahren, die wir zwischen München und Lindau beziehungs­weise Oberstdorf unterwegs waren, haben uns viele zufriedene Fahrgäste an Bord begleitet.“

Seit Dezember 2003 waren in den Allgäuer Alex-Zügen knapp 50 Millionen

Fahrgäste unterwegs. Zwischen München, Lindau, Immenstadt und Oberstdorf legten die Züge 21 Millionen Kilometer zurück. Das Ende im Allgäu sei vom Personal „mit Stolz, aber auch mit Wehmut“zur Kenntnis genommen worden, sagt Geschäftsf­ührer Pollety.

Hunderte Fotografen kamen zur letzten Fahrt, manche Fahrgäste hätten sich persönlich verabschie­det, schildert Teamassist­entin Ludacka.

Zahlreiche Pendler – beispielsw­eise zwischen Kempten oder Kaufbeuren und München – und die Zugbegleit­er hätten sich persönlich gekannt. Sogar Freundscha­ften seien über die Jahre hinweg daraus entstanden.

Marion Ludacka wird sich in diesem Jahr im Allgäu eine andere Arbeit suchen, Henry Wend bleibt bei der Länderbahn als Lokführer-Ausbilder. Betriebsle­iter Dominik Recker macht ebenfalls bei der Länderbahn weiter. Vermutlich werde er dann im Großraum München arbeiten, erzählt der 30-Jährige.

Denn den Alex wird es zwar im Allgäu nicht mehr geben, doch der Name als Marke lebt weiter: Zwei

Seit 1996 ist das ehemalige Monopol der Deutschen Bahn einem Nebeneinan­der von nationalen und internatio­nalen Nahverkehr­sanbietern gewichen.

Folgende Unternehme­n fahren im Auftrag der Bayerische­n Eisenbahn-Gesellscha­ft im Allgäu:

DB Regio: unter anderem München - Kempten - Oberstdorf/ Lindau (bis Dezember 2020 fuhr auf dieser Verbindung auch der Alex).

Bayerische Regionalba­hn: - Buchloe - Füssen.

Go-Ahead: Ab 2021 München Memmingen - Lindau (Nahverkehr auf der jetzt elektrifiz­ierten Strecke).

Die

Augsburg

Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t

Alex-Regionalex­press-Züge der Länderbahn fahren von München über Schwandorf nach Hof und Prag.

(BEG) plant, kontrollie­rt und finanziert den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern. Zu den wesentlich­en Aufgaben gehören dabei die Konzeption von Fahrplänen sowie die Qualitätss­icherung. Aufträge für Verkehrsle­istungen werden in Wettbewerb­sverfahren vergeben. Den Zuschlag erhält das Unternehme­n, welches das qualitativ und preislich beste Angebot abgibt.

Als Folge des Wettbewerb­s zwischen den Eisenbahn-Verkehrsun­ternehmen konnte die BEG nach eigenen Angaben das FahrplanAn­gebot sowie Qualitätsm­erkmale wie Pünktlichk­eit, Komfort und Fahrgast-Informatio­n ständig verbessern. (mun)

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ARCHIVFOTO: CHRISTIAN FLEMMING Ende einer Ära: 17 Jahre lang fuhren Alex-Züge zwischen München, Lindau und Oberstdorf. Dann bekam die Deutsche Bahn wieder den Zuschlag für diese Verbindung­en. Vom Rückzug des Alex aus dem Allgäu sind mehr als 60 Mitarbeite­r betroffen.

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