Lindauer Zeitung

Karl Geiger gelingt die Punktlandu­ng

Platz drei in Bischofsho­fen macht den Oberstdorf­er zum Tourneezwe­iten hinter Kamil Stoch

- Von Joachim Lindinger

- Zweifel? Ließ Kamil Stoch keine aufkommen am 6. Januar 2021 in Bischofsho­fen. Am Vortag bereits hatte der Pole die Qualifikat­ion für sich entschiede­n (mit 138,0 Metern), nun dominierte er Probedurch­gang (135,5 Meter) und beide Wertungssp­rünge: 139,0 Meter ließen den 33-Jährigen als Führenden ins finale Weitenmess­en der besten 30 gehen; auch dort war sein Versuch auf jetzt sogar 140,0 Meter dank feinster Haltungsno­ten der wertvollst­e. Machte in Summe: den Tagessieg, den Tournee-Triumph und etliche Sympathiep­unkte. Kamil Stochs Worte, ehe er den Goldenen Adler gen Nachthimme­l über dem Salzburger Land reckte, sprachen für sich. Und für ihn: „Ich bin wirklich glücklich über die Leistung, die ich vom Beginn der Tournee bis zu ihrem Ende abrufen konnte. Wir haben ein großartige­s Team, ich genieße es sehr, da dazuzugehö­ren. Danke!“

Eine Punktlandu­ng. In jeglicher Hinsicht. Nicht die einzige vom Hillsize-142-Meter-Bakken mit dem heikel langen Tisch. Marius Lindvik sorgte für die zweite: der kieferoper­ierte Norweger, im Vorwinter Gesamtzwei­ter,

heuer beim Auftaktspr­ingen in Oberstdorf auf Platz drei. Dann kam der Abszess, jetzt das Comeback. Mit 137,0 und 140,5 Metern. Und Rang zwei. Die Frage, ob ein gesunder Marius Lindvik (mit Starts in Partenkirc­hen und Innsbruck) zur Aufgabe geworden wäre für Kamil Stoch, bleibt eine theoretisc­he. In der Theorie hatte auch Karl Geiger gewusst, wie er den Rückschlag vom Bergisel vergessen (machen) wollte.

Weltcup in Bischofsho­fen, letzte Station der 69. Vierschanz­entournee (Großschanz­e): 1. Stoch (Polen) 300,7 Punkte (139+140 m), 2. Lindvik (Norwegen) 280,4 (137+140,5), 3. Geiger (Oberstdorf) 277,3 (138+ 133,5), 4. Kraft (Österreich) 275,9 (132+137), 5. Johansson (Norwegen) 274,8 (130,5+139), 6. Hayböck (Österreich) 274,6 (133,5+137,5), 18. Schmid (Oberaudorf) 260,4 (132+131,5), 20. Freund (Rastbüchl) 244,8 (125+131), 29. Paschke (Kiefersfel­den) 226,0 (122+125), 35. Eisenbichl­er (Siegsdorf) 108,8 (120,5), 37. Hamann (Aue) 106,2 (119).

Die Praxis geriet dann am Trainingsu­nd Qualifikat­ionstag extrem zäh. Konsequenz: ein frühes K.o.-Duell gegen den aufstreben­den Polen Andrzej Stekala. Dessen kernige 135,0 Meter konterte der Oberstdorf­er mit noch besseren 138,0 Metern; 133,5 schob er später nach. In der Addition wurde das Bischofsho­fen-Platz drei, reichte es, um Titelverte­idiger Dawid Kubacki (Polen) und Weltcup-Spitzenrei­ter Halvor Egner Granerud abzufangen:

Endstand Vierschanz­entournee:

1. Stoch 1110,6 Punkte, 2. Geiger 1062,5, 3. Kubacki (Polen) 1057,8, 4. Granerud (Norwegen) 1057,4, 5. Zyla (Polen) 1037,2, 6. Stekala (Polen) 1032,5 und R. Kobayashi (Japan) 1032,5, 16. Eisenbichl­er 885,3, 27. Freund 711,0, 28. Hamann 705,7, 30. Paschke 695,5,

35. Schmid 571,5, 45. Freitag (Aue) 339,4, 52. Siegel (Baiersbron­n) 207,6, 53. Baer (Gmund-Dürnbach) 205,5, 62. Wellinger (Ruhpolding) 108,5, 64. Roth (Meßstetten) 99,5, 67. Märkl (Garmisch-Partenkirc­hen) 94,5. Karl Geiger, Tourneezwe­iter 2020/21!

Die Reaktion: erleichter­t und ehrlich. „Zum Knabbern“, erfuhr man, sei Innsbruck dann doch noch gewesen, „das war keine einfache Kost für mich“. Dass er dennoch die „Spannung hochfahren“konnte und „die richtige Sprungidee für mich gefunden“hatte, registrier­te Karl Geiger gewohnt erdverbund­en-demütig. Und mit einem Schlagzeil­en-Vorschlag: „Auf und Ab mit Happy End.“

Markus Eisenbichl­er blieb ein solches verwehrt: 120,5 Meter vereitelte­n a) das Weiterkomm­en und b) für den bis dato Gesamtfünf­ten ein gefälliger­es Tournee-Resultat als Rang 16. Auch ein gefälliger­es Tournee-Resümee: „Ich hab’ immer gekämpft, gekämpft; ich bin nie so richtig locker reing’kommen. Jetzt hab’ ich heut’ noch einen auf den Vorbau ’deckelt. So ein Drecksspru­ng!“

Bundestrai­ner Stefan Horngacher sah es um einiges entspannte­r. Auf Vollgas gesprungen sei der Siegsdorfe­r, habe alles riskiert – „das ist leider in die Hosen ’gangen“. Karl Geiger indes „hat sich heut’ wirklich wieder herg’holt und sein Programm abgespult. Er hat das Maximum erreicht.“

Zweifel gab es nämlich keine.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Karl Geiger hat in Bischofsho­fen nach kurzem Tief zum nächsten Höhenflug in einer bislang herausrage­nden Saison angesetzt.

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