Hebammenwissen auf dem Handy
Neue App will Frauen auf Geburt vorbereiten und ihnen danach beistehen
- Eigentlich hat jede versicherte Frau laut Gesetz einen Anspruch auf Hebammenhilfe. Und zwar schon während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Entbindung. Die Realität sieht jedoch oft anders aus: Eine IGES-Studie zur Hebammenversorgung in Bayern aus dem Jahr 2018 zeigt, dass über ein Viertel der Mütter es schwer oder sehr schwer fand, eine Hebamme für die Wochenbettbetreuung zu finden. Diesen Eindruck hat auch Martina Langer-Kirmaier. Jahrzehntelang hat sie freiberuflich als Hebamme gearbeitet, bis sie vor einigen Jahren beschloss, sich vollständig auf ihre HeilpraktikerPraxis in Hawangen und ihre weiteren beruflichen Tätigkeiten im Bereich Gesundheitsvorsorge zu konzentrieren. Dennoch erreichten sie alleine im Jahr 2019 etwa 80 Anfragen von Frauen aus dem Unterallgäu, die verzweifelt nach einer Hebamme gesucht hätten, sagt sie.
„Es kann nicht sein, dass man so viele Leute alleine lässt mit ihren Sorgen und Fragen – gerade Erstgebärende“, sagt Langer-Kirmaier. Deshalb hat die Hawangerin, die mittlerweile im Kammeltal wohnt, mit ihrer Tochter Amrei Sophia Kirmaier die App „Preparents“entwickelt. „Meine Mutter wollte ihr Wissen aufschreiben, damit es nicht verloren geht“, erzählt die 25-jährige Wirtschaftsinformatikerin. „Da habe ich gesagt: Machen wir eine App draus.“Diese sei für Frauen ab der ersten Schwangerschaftswoche bis ins erste Lebensjahr des Kindes hinein geeignet. Allerdings wollen die Gründerinnen nicht nur Frauen ansprechen: „Es ist für die ganze Familie“, sagt Amrei Sophia Kirmaier. So könne sich auch der Mann, der vielleicht aus beruflichen Gründen mit seiner Frau keinen Geburtsvorbereitungskurs besuchen konnte, jederzeit informieren.
Ratschläge und Hebammenwissen sind in der App als Texte, Videos und Podcasts verfügbar. Einige Informationen stünden kostenlos zur Verfügung
– zum Beispiel Tipps dazu, was alles in die Krankenhaus-Tasche gepackt werden sollte. Zusätzlich stünden zwei Kurse zur Auswahl, die je 49,99 Euro kosten und in der App gekauft werden können: Ein Geburtsvorbereitungskurs und ein Elternkurs. Nach dem Kauf habe man zwölf Monate Zugriff auf die Inhalte, sagt Amrei Sophia Kirmaier. Der Vorteil der App liege vor allem darin, dass die Informationen in „kleine Portionen“aufgeteilt seien, sagt ihre Mutter. So könne jeder gezielt nach bestimmten Punkten suchen. Zudem stünden die Informationen zu jeder Tages- und Nachtzeit auf dem eigenen Smartphone bereit.
Mit der Anwendung wollen die beiden Gründerinnen vor allem auch Sicherheit vermitteln. Denn wem keine Hebamme zur Seite steht, der verirre sich auf der Suche nach Informationen nicht selten im Internet, sagt Martina Langer-Kirmaier. „Preparents“soll den Frauen deshalb mit bewährtem Erfahrungswissen zur Seite stehen. So könnten laut der 56Jährigen möglicherweise auch Notaufnahmen entlastet werden. „Man kann erst einmal in die App schauen: Sind meine Beschwerden im Normalbereich? Und was sollte ich doch abklären lassen?“, erklärt ihre Tochter.
Auch Hebammen könnte die App möglicherweise entlasten, sagt Amrei Sophia Kirmaier. Diese könnten den Eltern einmal zeigen, wie man zum Beispiel das Baby beruhigt oder badet. Danach könnten sich Mütter und Väter die Tipps selbst noch mehrmals in der App anschauen, wenn sie unsicher sind.
Zudem sei eine Kooperation mit den Krankenkassen angedacht. Möglicherweise könnten diese dann einen Teil der Kosten für die App übernehmen. Was den beiden Gründerinnen aber wichtig ist: Die App ersetzt keine Vorsorge oder sonstige Untersuchungen beim Arzt. „Und menschliche Betreuung durch eine Hebamme kann man natürlich auch nicht ersetzen“, sagt Martina Langer-Kirmaier. „Aber ich denke, die App ist eine hervorragende Ergänzung.“