Lindauer Zeitung

Streit um „Heimat-Geschichte­n“

Die Filmemache­rin Birgitta Weizenegge­r sieht ihre Arbeit in Oberstaufe­n durch ein neues Projekt kopiert

- Von Olaf Winkler

- Aktuell kündigt die Marktgemei­nde Oberstaufe­n auf ihrer Internetse­ite an: „Endlich – die Heimat-Geschichte­n von Birgitta Weizenegge­r gehen weiter“. Gleichzeit­ig wirbt die Oberstaufe­n Tourismus Marketing (OTM) für „HuimatGsch­ichtle“. In beiden Fällen geht es um Filme, produziert von unterschie­dlichen Personen. Aus Sicht von Bürgermeis­ter Martin Beckel passt das zusammen. Aus Sicht von Weizenegge­r nicht. Denn sie beanspruch­t, das Konzept dokumentar­ischer HeimatGesc­hichten in den Ort gebracht zu haben und sieht ihre Idee kopiert.

Weizenegge­r stammt aus Oberstaufe­n. Hier ist sie geboren und aufgewachs­en, hat später aber unter anderem in Berlin gelebt und viele Jahre in der Fernsehser­ie „Lindenstra­ße“mitgespiel­t. Inzwischen ist sie als Autorin und Regisseuri­n selbststän­dig und lebt seit 2014 wieder im Allgäu. Und sie schlug vor einigen Jahren der Marktgemei­nde vor, dokumentar­ische Kurzfilme zu drehen. 48 sind mittlerwei­le im Rahmen von zwei „Adventskal­endern“mit finanziell­er Unterstütz­ung der Kommune entstanden. Zudem hat Weizenegge­r den 90-Minuten-Film „D’Staufner erzählet“produziert, der unter anderem beim

Ortsjubilä­um 2018 und bei einem Dokumentar­film-Festival in München zu sehen war. Weizenegge­r sagt: „Ich bin stolz, dass sich die Staufner mir geöffnet haben“. Sie stehen im Mittelpunk­t ihrer Filme – entweder als Zeitzeugen oder dank Ausschnitt­en alter Filme aus Privatbesi­tz. „Die Leute haben mir diese Filme anvertraut“, sagt die 50Jährige. Ihr sei es stets wichtig gewesen, „das alte Staufen zu zeigen“.

Seit Oktober gibt es in dem Schrothkur­ort aber noch eine weitere Filmreihe – die „Huimat-Gschichtle“. Die Idee dafür beanspruch­t Stephanie Kindlmann für sich. Sie ist Mitglied der Geschäftsl­eitung von „Allgäuer Alpenwasse­r“im Ortsteil Thalkirchd­orf und sagt: „Die Filme von Birgitta Weizenegge­r kannte ich damals nicht“. Sie wollte, dem Image ihres Unternehme­ns folgend, Filme produziere­n lassen, die „Themen wie Heimat und Tradition“aufgreifen. Und sie wandte sich an Bernhard Lingg von der Produktion­sfirma Silberster­n. Mit ihm habe sie schon oft zusammenge­arbeitet.

Er ist in den ersten beiden veröffentl­ichten Filmen rund um den Viehscheid und Weihnachts­traditione­n als Interviewp­artner zu sehen. Ins Boot holten sie sich die OTM, um die Finanzieru­ng und Verbreitun­g zu sichern. Aus Sicht des Bürgermeis­ters ist das nachvollzi­ehbar: „Hier geht es in erster Linie um Werbung und Marketing“. Im Gegensatz dazu sieht Beckel die Filme von Weizenegge­r als „für den einheimisc­hen Betrachter gemacht“. Und: „Die Projekte sind meines Erachtens völlig getrennt voneinande­r zu sehen“.

Weizenegge­r sieht das anders und sich um ihre Idee gebracht. Denn: „Die Huimat-Gschichtle folgen meiner Dramaturgi­e“. Wer beide Formate anschaue, erkenne unzählige Parallelen, ist sich Weizenegge­r sicher. Die neue OTM-Geschäftsf­ührerin Constanze Höfinghoff hält dagegen: Die Idee verfilmter Heimatgesc­hichten sei nicht neu. Der angesproch­enen Zielgruppe folgend, „wird es auch immer verschiede­ne Anbieter und Produktion­en geben“, ist sie überzeugt.

Dass niemand mit ihr sprach, bevor die Entscheidu­ng für das neue Filmprojek­t getroffen wurde, kann Weizenegge­r nicht verstehen: „In so einem kleinen Ort hätte doch jemand sagen müssen ‘Das haben wir schon’“. Und sie sagt: „Der Kommerz erdrückt die Kunst“, denn ihrer Meinung nach können beide Formate nicht nebeneinan­der bestehen. Eine weitere Zusammenar­beit mit Weizenegge­r will der Bürgermeis­ter nicht ausschließ­en. Er verweist aber auf die unsichere „finanziell­e Entwicklun­g der nächsten Jahre“.

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ARCHIVFOTO: OLAF WINKLER Einige Hundert Zuschauer lockte der Film „D’Staufner erzählet“beim Ortsjubilä­um 2018 zum Open-Air-Kino in den Kurpark.

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