Lindauer Zeitung

Neuer Glanz für ein Dornier-Arbeitssch­iff

Die Restaurier­ung der MS Altenrhein geht voran – Jetzt werden Ehrenamtli­che gesucht

- Von Hildegard Nagler

– Die Restaurier­ung der MS Altenrhein geht voran. Anfang Juni, so hofft der frühere Dornier-Museumsche­f David Dornier, ist das Boot fertig. „Es ist eine Sensation. Viele Leute sind total heiß darauf“, erklärt er mit glänzenden Augen.

Die 1928 für die Dornier-Werke Altenrhein in Dienst gestellte MS Altenrhein war im Juli nach Jahrzehnte­n an den Bodensee zurückgeke­hrt. In der Bodan-Werft in Kressbronn nach den Plänen von Dornier-Testpilot und -Einflieger Franz Zeno Diemer gebaut und seinerzeit mit einem 65 PS (48 kW) starken Sechs-Zylinder-Maybach-Motor ausgestatt­et, war sie einst Schleppboo­t für das legendäre Flugschiff Do X und wurde auch für Passagierf­ahrten zur Do X eingesetzt. Darüber hinaus durften Werftbesuc­her mit der MS Altenrhein fahren.

In Auftrag gegeben hatte das Boot David Dorniers Großvater. Nach Erkenntnis­sen des mittlerwei­le verstorben­en Do X-Kenners Horrmann war Flugpionie­r Dornier an Bord der Altenrhein, als das Motorboot die Do X am 12. Juli 1929 zu ihrem Jungfernfl­ug begleitete. Auf historisch­en Fotos ist zu sehen, wie die MS Altenrhein Passagiere zur Do X befördert, wie das Boot mit dem schlanken Rumpf und dem hohen Bug unter dem Riesenschi­ff anlegt oder wie sie die gewaltige Do X schleppt – ein letztes Mal, bevor das Flugschiff nach Berlin ins Museum gebracht wird.

Jetzt also ist es wieder in Friedrichs­hafen. Das Bild ist beeindruck­end: Gerade passt das 15 Meter lange und 2,8 Meter breite Motorboot, das einen Tiefgang von maximal 1,53 Metern und eine Verdrängun­g von sieben Tonnen hat, in die Depothalle am Bodensee-Airport. Die hat mittlerwei­le eine rund 22 Meter lange Lüftungsan­lage bekommen. „Wir haben zweieinhal­b Tage gearbeitet, bis sie eingebaut war“, berichtet David Dornier.

Fünf Jahre lang war das Schiff falsch gelagert und hatte sich deshalb verzogen. Jetzt, in der Halle aufgedockt, wird sichtbar: Nachdem das Deck abgenommen war, hat die MS Altenrhein dank des Könnens von Projekt-Supervisor Hans-Joachim Landolt, wie David Dornier den Bootsbauer von der Yacht- und

Bootswerft Michelsen in Friedrichs­hafen bezeichnet, durch Aufbocken ihre ursprüngli­che Form zurückgewo­nnen. Sechs Arbeitswoc­hen lang haben Clara, Bootsbauer­in in Ausbildung, und Bootsbauer Lukas die Fugen am Bootsrumpf in mühevoller Kleinarbei­t „freigesägt“. Jetzt sind sie am sogenannte­n „Ausstäbeln“, was vereinfach­t bedeutet, dass Leisten in die Fugen eingebrach­t werden. Das wird noch rund vier Wochen dauern, dann ist der Rumpf bis zum hölzernen Kiel, also der Längsverbi­ndung zwischen dem Achterschi­ff und dem Vorsteven, fertig verleimt. „Mithilfe von zwei mobilen Kränen wird im Anschluss das Boot gekippt, sodass wir auch an den hölzernen Kiel kommen. Der wird dann erneuert – mit dem Holz einer 100 Jahre alten Seemoser Eiche, die Bauer Hartmann beim Jägerheim gefällt hat“, erklärt David Dornier stolz.

Danach geht es weiter mit Schleifen und Lackieren. Ende März soll die Schale fertig sein, dann geht es an den Innenausba­u. „Wir orientiere­n uns bei unseren Arbeiten an der Baubeschre­ibung, die wir aus dem Wirtschaft­sarchiv in Stuttgart-Hohenheim haben. Dort ist der Nachlass der Bodan-Werft archiviert“, berichtet Julia Menzer, Sammlungsl­eiterin und Kuratorin des Dornier-Museums. Die Devise laute: „Möglichst original, aber praktikabe­l. Die MS Altenrhein war ein Arbeitssch­iff. Das soll sie auch bleiben“, betont Julia Menzer. Die Original-Schiffsglo­cke soll wieder ihren Platz auf dem Boot haben, wie auch beispielsw­eise die Bullaugen oder die Innenleuch­ten. Die MS Altenrhein ist an den Bodensee zurückgeko­mmen, als David Dornier noch Direktor des DornierMus­eums war.

Nach wie vor, sagt der Bootsliebh­aber, liege ihm das Boot am Herzen. Für David Dornier ist es deshalb „selbstvers­tändlich“, bei der Restaurier­ung so oft es geht Hand anzulegen. „Die minderen zeitrauben­den Arbeiten machen wir selbst“, versichert er. David Dornier ist es auch, der die rund 150 000 Euro, die die Restaurier­ung des Schiffs kostet, bezahlt. Die Rechnung dabei: 2145 Stunden soll die Werft leisten, Ehrenamtli­che, so hofft er, bringen rund 780 Stunden ein – seine eigenen miteingere­chnet. Sobald sie fertig restaurier­t ist, will David Dornier die MS Altenrhein dem Dornier-Museum als Leihgabe zur Verfügung stellen. Im Sommer soll sie beim Württember­gischen Yachtclub in Friedrichs­hafen liegen und dort vercharter­t werden. Auch Hans-Peter Rien, Nachfolger von David Dornier als Museumsdir­ektor, freut sich auf die „MS Altenrhein“: Im Winter bekommt das Boot einen Platz im Dornier-Museum – dort, „wo auch die Arbeit Claude Dorniers und der Dornier-Mitarbeite­r gewürdigt wird“.

Das Dornier-Museum sucht für die Restaurier­ung der MS Altenrhein Ehrenamtli­che, die sich einbringen wollen. Gefragt sind derzeit vor allem Bootsbauer und Elektriker.

Die Aktivitäte­n rund um die MS Altenrhein können auch im Internet verfolgt werden unter

www.die-altenrhein.de

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Das „Ausstäbeln“des Bootsrumpf­es ist zeitaufwän­dig.
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FOTOS: HILDEGARD NAGLER Freuen sich über den Restaurier­ungsfortsc­hritt bei der MS Altenrhein: David Dornier (links) und Museumsdir­ektor Hans-Peter Rien.

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