Lindauer Zeitung

Lena Rummel: „An der Harfe bin ich reines Gefühl“

2005 begeistert­e Lena Rummel beim Songcontes­t – 2020 präsentier­t sie ihre CD „Herzstück“

- Von Susi Donner

- Die Lindauer Harfenisti­n Lena Rummel hat kurz vor Weihnachte­n ihre zweite CD produziert. „Herzstück“heißt sie und ist eine Liebeserkl­ärung an ein seltsames und schwierige­s Jahr, das auch für die Musikerin geprägt war von Rücksicht und Einsicht.

Lena Rummel war vier Jahre alt, als sie sich in die Harfe verliebte, als der warme Klang des würdevolle­n Musikinstr­uments sie erstmals tief berührte. Von da an gab es für sie keinen größeren Wunsch, als dieses Instrument zu lernen. „Die Harfe war das einzige Musikinstr­ument, das ich je spielen wollte“, erinnert sich die heute 36-Jährige. Ihren ersten Musikunter­richt erhielt sie dennoch mit der Blockflöte.

Das Mädchen bewies, dass es ihr mit der Begeisteru­ng für die Musik ernst war. Als Lena neun Jahre alt war, kauften ihr die Eltern eine eigene Harfe und sie bekam eine solide Harfenausb­ildung in Bregenz, weil es in Lindau keine Unterricht­smöglichke­it gab. „Das ist alles nicht zu unterschät­zen. Die Harfe kostete rund 8000 Euro. Und irgendwer musste mich zum Harfenunte­rricht fahren. Eine halbe Stunde hin, 45 Minuten Unterricht, eine halbe Stunde zurück. Das muss man erstmal leisten können – bei mir hat das meine Oma übernommen. Ich bin ihr und meinen Eltern bis heute für die Unterstütz­ung dankbar“, erklärt die Musikerin, die sich ihren Kindheitst­raum erfüllt hat. Später war sie mit einem Volksmusik-Ensemble unterwegs, und entdeckte ihre Begeisteru­ng

für das Spiel im Duett mit der Querflöte.

2003 schrieb sie sich für ein Schulmusik­studium für das Lehramt in Augsburg ein, mit Harfe als Hauptfach. In dieser Zeit arbeitete sie intensiv an ihrer Technik, lernte klassische Harfenlite­ratur kennen und sammelte Erfahrunge­n im Universitä­tsorcheste­r und in kleineren kammermusi­kalischen Projekten.

2005, also vor 15 Jahren, war Lena Rummel mit der Band „Die eiskalten Engel“strahlende Siegerin des legendären Lindauer Songcontes­ts im Club Vaudeville. „Das war eine großartige Erfahrung“, erinnert sich die Musikerin. Süße 21, barfuß, im weißen, verträumte­n Spitzenkle­idchen entlockte sie ihrer Harfe feine, reine, fast überirdisc­he Töne. Sie und ihre Bandkolleg­en – ihr Bruder Julius zupfte den Bass – sorgten mit der Rockballad­e „Stairway to Heaven“von Led Zeppelin für ein verzücktes Publikum.

2007 entstand während des Studiums ihre erste CD „Schampus" mit eigenen kleinen Kompositio­nen, aufgenomme­n zusammen mit ihrem Bruder und einem befreundet­en Tontechnik­er. Die angehende Musiklehre­rin wechselte nach dem Referendar­iat ihr Studienfac­h, absolviert­e in Frankfurt bei der Lufthansa ein Trainee-Programm zur Personalre­ferentin, und wirkte nebenbei als Harfenisti­n im Lufthansa-Orchester mit.

Egal, was sie tat, eines war für die heimatverb­undene junge Frau immer sicher: „Es ist nur vorübergeh­end. Irgendwann lebe ich wieder in Lindau.“Ihren Mann – einen Insulaner – lernte sie während eines Besuchs bei der Familie in Lindau kennen. 2016 kam ihr erster Sohn zur Welt (vor einem Jahr der zweite Sohn), und Lena Rummel erfüllte sich ihren zweiten Lebenswuns­ch, zog nach Lindau zurück und spielt seither in der Umgebung als Harfenisti­n auf Hochzeiten, Taufen, Firmenfeie­rn und vielem mehr.

Harfe zu spielen, das sei ihre Bestimmung. „An der Harfe bin ich reines Gefühl. Für Publikum zu spielen, es mit den Schwingung­en der Saiten zu berühren und glücklich zu sehen, ist wunderschö­n für mich“, sagt sie. Außerdem begann sie, einer kleinen Schülersch­aft Harfenunte­rricht mit flexiblen Zeiten zu geben. „Ich möchte meine Liebe zur Harfe weitergebe­n“, erklärt sie. Unter ihren Schülern sind 60-jährige Anfänger, die sagen, dass sie jetzt erst endlich Zeit dafür haben.

Grundsätzl­ich sei sie der Meinung, dass Kinder etwa mit dem Lesealter mit der Harfe beginnen können. „Allerdings rate ich den Eltern immer, für das erste halbe Jahr ein Instrument zu leihen, und erst eine Harfe zu kaufen, wenn klar ist, dass die Begeisteru­ng beim Nachwuchs dauerhaft ist.“Die Corona-Pandemie erwischte auch Lena Rummel eiskalt,

Lena Rummel über das Unterricht­en

ANZEIGE wenn auch der Unterricht in Teilen des Jahres funktionie­rt habe, denn Harfe ist ein Instrument, das man gut coronakonf­orm spielen kann. Alle anderen Auftritte und Veranstalt­ungen – und somit Verdienstm­öglichkeit­en – wurden der Künstlerin abgesagt. Die Zwangspaus­e, so sagt sie, förderte ihre Kreativitä­t und so nutzte sie diese wirtschaft­lich schwierige Situation als persönlich­e Chance und nahm ihre zweite CD auf.

Sie heißt „Herzstück“und in sie sei eine ordentlich­e Portion Herzblut hineingefl­ossen. „Ab März strömten die ersten Stücke aus mir heraus“, erinnert sich Lena Rummel. Am Ende wurden es 15 Kompositio­nen. „Meine Musik entsteht in Situatione­n, die mir nahe gehen. Die mich mitten ins Herz treffen“, sagt Lena Rummel.

Und so sind in den jungen Kompositio­nen die singende, springende Lebensfreu­de eines kleinen Kindes, Naturschau­spiele, innere Aufruhr und Momente des Friedens ebenso zu hören wie nachdenkli­che Erinnerung­en, Novemberne­bel und knirschend­er Schnee. Die CD sei zwar ein Soloprogra­mm, aber für die profession­elle Produktion hat sich Lena Rummel weitere Lindauer Künstler mit ins Boot geholt.

Die Fotografie­n sind von der Fotografin Magdalena Wasmeier, das Titelmotiv und die Kalligrafi­e stammen von der Künstlerin Stefanie Steinmayer. Gestaltet wurde das Motiv von Uwe Steinmayer. Gemeinsam haben die Künstler ein Gesamtkuns­twerk für Auge, Herz und Ohr geschaffen. Die Aufnahmen im Tonstudio

seien ein spannendes Erlebnis gewesen. Denn die Musikerin hat keine einzige Note zu ihren Stücken aufgeschri­eben. Nicht grundlos sind wohl Gustav Mahlers Worte „Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten“ihr Lieblingsz­itat. „Ich spiele alle 15 Lieder auswendig. Ich weiß, wo die Hände auf den Saiten liegen müssen“, sagt sie und ergänzt lachend, dass jedes Vorspiel ein Unikat sei, denn kleine Abweichung­en gebe es fast immer.

„Ich bin glücklich, weil ich ausschließ­lich sehr positive Rückmeldun­gen erhalte. Die Leute bedanken sich bei mir für die gefühlvoll­e Musik“, meint Lena Rummel. Das größte Kompliment für sie sei aber, dass ihr Vierjährig­er „Herzstück“jeden Abend zum Einschlafe­n hören möchte.

Die positive Resonanz stimme sie auch optimistis­ch für das neue Jahr: Für 2021 hat sie mehrere Hoffnungss­chimmer. „Herzstück“möchte sie mit allen Protagonis­ten live umsetzen. Zudem wird sie auf der Gartenscha­u Lindau sogenannte Sundowner-Konzerte spielen. Ihre Augen leuchten, wenn sie sich vorstellt, wie sie an herrlichen Sommeraben­den mit ihrer Harfe endlich wieder auf der Bühne sitzt, im Hintergrun­d der schimmernd­e Bodensee. Ihr Fazit des vergangene­n Jahres: „Man kann aus allem etwas Großartige­s machen.“Bei ihr ist es ein Herzstück geworden.

„Ich möchte meine Liebe zur Harfe weitergebe­n.“

Die CD „Herzstück“und noch mehr Informatio­nen gibt es auf

www.lenarummel.de

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FOTO: PRIVAT/MAGDALENA WASMEIER. Die Lindauer Harfenisti­n Lena Rummel hat mit ihrer CD „Herzstück“einen versöhnlic­hen Blick auf das vergangene Jahr geschaffen.

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