Lindauer Zeitung

Impfstart beim Arzt bereits Anfang April

Bayern-SPD glaubt nicht an Impf-Turbo von CSU-Gesundheit­sminister Holetschek

- Von Ralf Müller

- Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek will bereits am 1. April mit Impfungen in den Hausarztpr­axen starten. Holetschek erwartet, dass „die Impfstoffl­ieferungen des Bundes die Arztpraxen in die Lage versetzt, ihren Patienten zum 1. April ein Impfangebo­t machen zu können“.

Der Impfstart steht also unter der Bedingung, dass genügend Impfstoff geliefert wird. Zudem ist die Formulieru­ng „ein Impfangebo­t machen“nicht gleich bedeutend mit dem sofortigen Ansetzen der Spritze.

Damit überhaupt Impfstoff für die Hausärzte zur Verfügung steht, hatte Holetschek den eigentlich geplanten Ausbau der 100 kommunalen Impfzentre­n in Bayern kurzfristi­g gestoppt. In München wurde sogar die Errichtung von drei zusätzlich­en Impfzentre­n abgebroche­n. Die ursprüngli­ch für das zweite Quartal 2021 versproche­ne Flut an Impfstoffe­n dürfte so schnell nicht eintreten. Der „Impf-Turbo“komme jetzt erst richtig in Fahrt, verkündete Holetschek am 27. Februar. Das sei eine „reine Worthülse“geblieben, kritisiert­e die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der SPD im bayerische­n Landtag, Ruth Waldmann.

Von „Impf-Turbo“spricht Bayerns Gesundheit­sminister nicht mehr, stattdesse­n von einem „klugen und stabilen Belieferun­gssystem“, das Bund und Länder vereinbart hätten. Danach würden für die bayerische­n

Impfzentre­n pro Woche 350 000 Dosen zur Verfügung stehen, damit diese, so Holetschek, „die bereits vergebenen Termine weiterhin zuverlässi­g einhalten“könnten. Darüber hinausgehe­nde Lieferunge­n sollen den Arztpraxen zugeleitet werden. „Schon in der Woche vor Ostern“sollen so 121 000 Impfdosen in den Praxen verabreich­t werden können – „auf Basis der Prognose des Bundes“, so Holetschek. Diese Zahl solle sich im Verlauf von April und Mai wöchentlic­h weiter erhöhen.

Wenn man die Zahl von 5000 Arztpraxen zugrunde legt, die am PCRTestpro­gramm teilnehmen, könnte damit jede Praxis im Schnitt anfänglich mit knapp 25 Impfdosen rechnen. Bayerns Landkreis-Präsident Christian

Bernreiter (CSU) geht davon aus, dass 8000 Arztpraxen in Bayern impfen könnten. Anfang April werde eine Praxis nur fünf bis sechs Impfdosen pro Tag zur Verfügung haben. Gegenüber der „Passauer Neuen Presse“dämpfte der Deggendorf­er Landrat die Erwartunge­n: „Allein durch die Beteiligun­g der Arztpraxen steht nicht eine Impfdosis mehr zur Verfügung.“

Eigentlich könnte mehr Impfstoff für die Hausärzte bereit stehen, sagte Markus Beier, Landesvors­itzender des Bayerische­n Hausärztev­erbands. Anfang März schätzte Beier, dass nur jede zehnte Astra-Zeneca-Dosis verimpft werden konnte: „Der Rest liegt ungenutzt in den Lagern.“Es würde ihn auch interessie­ren, wo der wertvolle Stoff „hängen geblieben“sei.

Das mit dem Impfen verbundene Bürokratie­problem sprach Holetschek am Freitag nicht an. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hatte wiederholt einen Abbau der „überborden­den Impfbürokr­atie“gefordert. Die Corona-Impfverord­nung müsse für die Ärzte zu einer „Handlungse­mpfehlung“herabgestu­ft und die Dokumentat­ionspflich­ten vereinfach­t werden, forderte der Präsident der Bayerische­n Landesärzt­ekammer Gerald Quitterer. SPD-Gesundheit­sexpertin Ruth Waldmann berichtete über „Klagen über große bürokratis­che Hürden“aus den Arztpraxen.

Zumindest vom Hausärztev­erband-Vorsitzend­en Beier kommen solche Klagen nicht. Zu der üblichen Impf-Dokumentat­ion, die schon vorhanden sei, komme lediglich eine Art anonymisie­rte elektronis­che Strichlist­e, die jeden Tag an die Behörden geschickt wird. Damit soll ein taggenauer Überblick geschaffen werden, wie viele Menschen mit welchem Impfstoff immunisier­t wurden. Die Bürokratie aus den Impfzentre­n „werden und können wir nicht übernehmen“, stellte Beier fest.

Der BHÄV-Vorsitzend­e bestätigte, dass immer noch etliche Menschen aus der Priorisier­ungsgruppe eins der über 80-Jährigen nicht geimpft worden seien, weil sie sich nicht zu den Impfzentre­n bewegen können. Hier sieht Beier einen großen Vorteil der Einbindung der Hausärzte, die solche Patienten zu Hause aufsuchen und dort impfen könnten.

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FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA So schnell wie möglich sollen Hausärzte in die Corona-Impfstrate­gie eingebunde­n werden. Woher der Impfstoff dafür kommen soll, ist allerdings noch nicht klar.

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