Lehrer bekommen vorerst keine Impftermine mehr
Landratsamt Lindau will bis Mitte April zunächst alle Menschen impfen, die über 80 Jahre alt sind
- Lehrer sind verärgert, weil sie vorerst keine Impftermine mehr bekommen. Doch das Landratsamt will zuerst die Über-80-Jährigen impfen lassen. Der Landrat warnt zudem vor frühen Lockerungen.
„Ich bin total geladen“, schimpft Birgit Baumann-Strobel, Kreisvorsitzende des Lehrerverbands BLLV, am Freitagmorgen, als sie die LZ anruft. Denn das Landratsamt habe den Lehrerinnen und Lehrern der Grundschulen die bereits verabredeten Impftermine wieder abgesagt. Das stellte sich im Laufe des Tages nach Auskunft des Landratsamts als Missverständnis heraus. Denn Pressesprecherin Sibylle Ehreiser erklärte, dass es bei den schon abgesprochenen Terminen bleibe. Wer aber vom Grundschul-Personal bisher keinen Termin erhalten habe, werde vorerst auch keinen bekommen.
Ehreiser begründet das mit der Rechtslage: Der Bund habe die Grundschullehrer per Verordnung von der dritten in die zweite Risikogruppe genommen. Seitdem der Impfstoff von Astrazeneca aber für
Menschen zugelassen ist, die den 65. Geburtstag hinter sich haben, müssten zuerst alle Menschen über 80 geimpft werden. Nach welchen Kriterien Landratsamt und Allgäu Medical aussuchen, wer als nächstes einen Termin für eine Impfung erhält, erklärte Ehreiser auf erneute Frage der LZ wieder nicht.
Klar ist nur, dass es dabei nach der gesetzlichen Reihenfolge gehen soll. Und die richtet sich vor allem nach dem Alter. Im Kreis Lindau leben laut Ehreiser etwa 7000 Frauen und Männer über 80 Jahren. Von denen seien viele noch nicht geimpft und deshalb vordringlich in die Impfzentren einzuladen. Der Landkreis sieht sich nach wie vor in der Lage, ganz schnell auch drei- bis viermal so viele Menschen zu impfen wie bisher. Das Problem bleibe aber weiter die geringe Menge an Impfstoffen. So liegt die für die kommende Woche angekündigte Menge bei gut 1500 und damit unter der Zahl von gut 1700, die in der abgelaufenen Woche verimpft wurden.
Die Impfquote liegt im Landkreis Lindau übrigens bei fast neun Prozent, also über dem bayerischen und deutschen Durchschnitt. Das liegt
Birgit Baumann-Strobel, Kreisvorsitzende des Lehrerverbands BLLV daran, dass hierzulande von Anfang an nur wenige Menschen Astrazeneca abgelehnt haben und das Landratsamt somit sogar nicht gefragte Impfdosen aus anderen Landkreisen verimpfen konnte.
Hinsichtlich der Impfreihenfolge mehrt sich aber Kritik am Landratsamt. Schon mehrfach haben Bürger hinterfragt, warum Jüngere geimpft seien und ältere nicht. BaumannStrobel verweist auf ähnliche Erfahrungen aus den Schulen, wo 25-jährige Lehrerinnen und sogar Reinigungspersonal geimpft worden seien, während über 60-Jährige mit Vorerkrankung erst an einem der kommenden Freitag drankommen sollen. Während die BLLV-Vertreterin die Verantwortung dafür beim Landratsamt sieht, verweist Ehreiser auf die Schulleitungen, die für diese Einteilungen verantwortlich seien.
Dass Baumann-Strobel verärgert ist, weil sie die Lehrer als Lückenbüßer sieht in der Zeit, als Astrazeneca auf Halde lag, während sie nun warten sollen, obwohl sie täglich in den Schulen in nahem Kontakt mit den Kindern seien. Denn trotz aller Hygienemaßnahmen
sei ein richtiger Schutz vor allem in Grundschulen unmöglich. Nun fühlten sich Lehrer vom Landrat im Stich gelassen, sagte Baumann-Strobel: „Wir Lehrer haben keine Rückendeckung mehr. Da sieht man die mangelnde Wertschätzung.“
Einig sind sich Baumann-Strobel und Landrat Elmar Stegmann dagegen darin, dass vor allem die Mutationen die Gefahr der Corona-Ausbreitung unter Kindern vergrößert hat. Ein Ausbruch in Scheidegg, bei dem sich bis zum Freitag 18 Kinder und Erwachsene mit der britischen Corona-Mutation angesteckt haben, mache die Gefahr sehr deutlich. Höchst verärgert hat sich Stegmann deshalb am Donnerstag im Bildungsausschuss des Landkreises über 30 Corona-Leugner geäußert, die vor einigen Wochen vor dem Landratsamt demonstriert und behauptet hatten, Kinder könnten sich nicht anstecken und das Virus schon gar nicht weitergeben. Das Gegenteil sei richtig, deshalb seien Maskenpflicht und Abstände auch und gerade in Schulen wichtig.
Landrat Elmar Stegmann
Die Mutationen breiten sich auch im Kreis Lindau immer weiter aus: Mehr als die Hälfte, genauer gesagt 35 der 67 Neuinfektionen in der vergangenen Woche rühren von VirusVarianten her. Sorgen bereitet den Verantwortlichen zudem, dass damit am Bayerischen Bodensee und im Westallgäu der Anteil der Ansteckungen wieder steigt, die sich nicht auf einen Herd zurückführen lassen.
Zum Glück ist die Zahl älterer Menschen unter den Neu-Infektionen weiter sehr klein. So liegt derzeit ein Landkreisbürger im Krankenhaus und auf einer Intensivstation. Gestorben ist in dieser Woche auch niemand. Doch darin sehen die Verantwortlichen keinen Grund für Lockerungen, wie sie JU-Kreisrat Johannes Pfanner im Bildungsausschuss gefordert hat, da die meisten Über-80-Jährigen geimpft seien. Stegmann hält „eine gewisse Herdenimmunität“für nötig und berichtete, dass er „Menschen zwischen 35 und 40 Jahren kenne, die sich vor einem Jahr mit Corona infiziert haben und noch heute unter den Folgen leiden“.
CSU-Kreisrat Dr. Klaus Adams, der das Impfzentrum des Landkreises leitet, berichtete zudem von einem Arzt-Kollegen aus Augsburg, der auf der Intensivstation um das Leben einer 31-jährigen Schwangeren kämpft, wobei wahrscheinlich Mutter und Kind sterben würden.
„Da sieht man die
mangelnde Wertschätzung.“
„Ich kenne Menschen zwischen 35 und 40 Jahren, die sich vor einem Jahr mit Corona
infiziert haben und noch heute unter den
Folgen leiden.“