Erneut klares Votum für „Junges Theater“
LTS-Mitglieder stimmen über geplante zusätzliche Sparte ab – Welche Herausforderungen anstehen
- Zu einer außerplanmäßige Sitzung kam jetzt die Zweckverbandsversammlung des Landestheaters Schwaben (LTS) zusammen. Aber nicht etwa, weil Intendantin Dr. Kathrin Mädler wenige Wochen nach der letzten bekannt gegeben hatte, dass sie zur Spielzeit 2022/23 einem Ruf ans Theater Oberhausen folgen wird. Vielmehr stellte sich heraus, dass die Beschlüsse, die Ende November gefasst wurden, nicht rechtsgültig sind, da die Versammlung wegen Corona online stattgefunden hatte. Dabei ging es hauptsächlich um eine weitreichende Entscheidung: die Einführung einer neuen Sparte „Junges Theater“mit einer eigenen Spielstätte am Schweizerberg. Erneut hoben also die Verbandsräte dafür ihre Hände – eine blieb allerdings unten.
Kreisrätin Christa Bail stimmte dagegen, wie es auch der Unterallgäuer Landrat Alex Eder (beide FW) getan hätte, der aber entschuldigt war. Stattdessen verlas Oberbürgermeister und Zweckverbandsvorsitzender Manfred Schilder ein schriftliches Statement, in dem der Landrat erklärte, die Zustimmung zu diesem Vorhaben, die mit zusätzlichen finanziellen Aufwendungen verbunden ist, wäre das falsche Signal in einer Zeit, in der spürbar sei, dass öffentliche Haushalte unter Druck geraten. Bail monierte außerdem, dass Mädler „so etwas anzettelt und dann geht“.
Alle anderen waren sich einig, dass das LTS mit dem Kinder- und Jugendtheater die richtigen Weichen stellt. Es soll in einem Aufbauprozess über drei Jahre im ehemaligen Theater am Schweizerberg entstehen, das schon einmal 20 Jahre lang Studiobühne des LTS war und dann bis 2017 Heimat der Kulturwerkstatt Memmingen. Grundstock für die Finanzierung der neuen Sparte mit am Ende acht neuen Stellen sind die 75 000 Euro, die das LTS für den „Theaterpreis des Bundes 2019“erhält. Die Leitung übernimmt Theaterpädagogin Claudia Hoyer. Der Finanzierungsplan steigert sich stufenweise von knapp 40 000 Euro im ersten Jahr bis zu 250 000 Euro, die der Zweckverband und der Freistaat dann ab 2024 zusätzlich pro Jahr für das Theater aufbringen müssen. 55 Prozent davon hat der Zweckverband zu tragen mit den Hauptgeldgebern Bezirk Schwaben und Stadt Memmingen.
„Für den Landkreis geht es dabei heuer um 1085 Euro, am Ende sind es 7000 Euro pro Jahr“, rechnete der stellvertretende Bezirkstagspräsident Alfons Weber vor. Dabei dürfe man aber nicht nur die Ausgabenseite sehen, betonte er. Die wertvolle theaterpädagogische Arbeit sei ein Gewinn, was die Wertebildung bei jungen Menschen angeht – ein Gewinn vielleicht auch, weil dadurch der eine oder andere nicht mehr der Jugendhilfe zur Last fallen werde. Oberspielleiter Peter Kesten ergänzte, „jedes Theater ist gut beraten, diesen Bereich auszubauen, das sind unsere Zuschauer der Zukunft.“Mädler machte deutlich: „Alles, was wir hier angezettelt haben, hängt absolut nicht an meiner Person, das Theater bleibt ja da.“Das Junge Theater sei „keine Eintagsfliege“, sondern ein Projekt für die Zukunft, das langjährige Mitarbeiter wie Hoyer oder Kesten weitergestalten werden. Die Intendantin dankte dem Zweckverband für dieses „fantastische Zeichen in dieser schwierigen Zeit“und die „tolle Perspektive für Kinder und Jugendliche“, für die in der Pandemie der Zugang zu Bildung ins Hintertreffen geraten sei.
Im Moment liegt das Augenmerk des Theaters aber ganz auf der aktuellen Öffnungsperspektive. So will das LTS am 3. April seinen Spielbetrieb wieder aufnehmen. „Die Orientierung an Inzidenzwerten ist nachvollziehbar, aber stellt für Theater eine große Schwierigkeit dar“, sagte Mädler. Umbuchungen würden dabei wohl zum Tagesgeschäft gehören und offen sei noch die Frage, wie das mit den Testungen laufen soll. „Aber auch das werden wir hinkriegen“, bleibt sie zuversichtlich. Für die Wiedereröffnung probt das Ensemble seit November unter strengen Hygienemaßnahmen. „Wir haben fünf Premieren in der Pipeline, die wir alle nacheinander raushauen, sobald wir dürfen“, kündigte Mädler an. Außerdem sind auf dem Spielplan sechs Stücke, die im Herbst Premiere hatten und eine Openair-Inszenierung im Sommer. Das Theater rechnet momentan wie vor dem Lockdown mit 100 bis 120 Zuschauern im Großen Haus und knapp 30 im Studio. Damit alle Abonnenten eine Chance haben, alles zu sehen, und auch geplante Gastspiele stattfinden können, soll bis zum Sommer fast jeden Tag gespielt werden. Los gehen soll es voraussichtlich am Ostersamstag, 3. April, mit zwei Premieren.
„Es liegen noch eineinhalb Jahre vor mir, auf die ich mich total freue“, sagte Mädler im Hinblick auf die Zeit, die sie in Memmingen noch vor sich hat. „Aber ich konnte die neue Herausforderung nicht ausschlagen.“Derzeit beschäftigt sich eine Findungskommission mit den eingegangenen Bewerbungen für die Intendanz. „Ich bin guter Dinge, dass wir wieder eine herausragende Persönlichkeit finden, wenn sich die Qualität des LTS selbst bis Oberhausen herumgesprochen hat“, sagte Schilder dazu.