Kinder mit Schnupfen brauchen einen Corona-Test
Vorgaben des bayerischen Sozialministeriums sorgen unter Kita-Eltern für Verwirrung
- Viele Eltern sind verunsichert. Dürfen Kinder mit Husten oder Schnupfen in die Kita – oder nicht?
Viele Eltern mit Kindern im Kindergartenoder Krippenalter wissen nicht, was bei einer Krankheit des Kindes zu tun ist. Die neuen Regeln verunsichern Eltern, die sich fragen, ob ihr Kind mit laufender Nase noch in die Kita darf oder bei welchen Symptomen es daheimbleiben muss. Viele fragen sich, ob und wo sie ihr Kind testen lassen sollen, ob im Testzentrum oder beim zuständigen Kinderarzt. Zudem besteht die Sorge, dass die Kinderärzte gar nicht die zu erwartende steigende Zahl von Kindern testen kann. „Ich denke, das wird in den nächsten Tagen noch interessant werden, wenn alle Kinder mit minimalen Symptomen zum Test müssen“, schreibt eine Mutter in der Facebook-Gruppe „Du weißt, dass Du aus Lindau bist“.
Viele dieser Fragen lassen sich laut Marion Weiner, Leiterin des Kinderhauses St. Ludwig, durch guten und stetigen Kontakt zu den Eltern beantworten: „Das A und O ist, dass man gut kommuniziert.“Die anfängliche Unsicherheit habe man schnell mit einer Übersicht über die neuen Regeln ausräumen können. Auch lobt Weiner die Kommunikation durch das Landratsamt, welches die neuen Regeln an die Kindertagesstätten weitergegeben hat.
Anders ist das bei den Lindauer Kinderärzten. Obwohl sie oft der erste Ansprechpartner der Eltern sind, erhielten sie erst am Mittwoch auf Anfrage der LZ eine Info des Landratsamtes.
Insgesamt nehmen die drei Lindauer Kinderärzte Dr. Angelika Gottschlich, Dr. Sebastian Spier und Dr. Harald Tegtmeyer die derzeitige Situation als eher unübersichtlich wahr. „Wir können wenig dazu sagen, weil das alles noch etwas im Unklaren ist“, sagt Spier. Und weiter: Dass die neuen Regeln sich teilweise selbst widersprächen, mache es nicht einfacher. Auch Gottschlich meint zu der ganzen Situation: „Das ist momentan ein totales Desaster und nicht gut gelöst.“Sie wünscht sich vor allem zentralere Regelungen und eine bessere Kommunikation.
Die Kinderärzte stellen klar, dass sich bei ihnen jedes Kind mit Symptomen testen lassen kann. Das Gerücht, dass die Ärzte nur Kinder unter drei Jahren testen, stimme nicht. Um die Praxen zu entlasten, verweisen die Kinderärzte symptomfreie Patienten an das Testzentrum. Gottschlich fordert auch Testzentren, die Patienten trotz Symptomen wie Fieber, Husten oder starkem Schnupfen testen, um die Praxen weiter zu entlasten. Doch wenn Eltern unbedingt einen Test ihres Kindes in der Praxis wollten, sei auch das möglich: „Wir bemühen uns, Elterninteressen entgegenzukommen“, sagt Tegtmeyer. Und auch Gottschlich stellt fest: „Ich kann die Eltern und Kinder nicht hängen lassen.“
Dabei sind die Tests in der Praxis laut Spier mit einem hohen Aufwand verbunden. Gerade kleine Kinder könne man zum Beispiel nicht durch ein Fenster testen, wie es Hausärzte oder Apotheker gerade bei Erwachsenen tun. Also müsse man die Kleinen testen, wenn sich möglichst keine anderen Patienten in der Praxis befinden.
Bei welchen Symptomen ein Test nötig ist, könne man nicht pauschal sagen. Das müsse man individuell entscheiden, sagt Gottschlich. Gerade bei Kindern mit Dauerschnupfen sei es schwer abzugrenzen, wann eine laufende Nase als Corona-Symptom zu werten sei, erklärt Tegtmeyer. Spier stimmt dem zu: Er fände es deshalb besser, wenn die Ärzte entscheiden könnten, wen sie testen, anstatt das aus dem Ministerium pauschal vorzuschreiben. Doch die Kinderärzte sind sich einig, dass häufiges Testen gut sei, um Corona-Übertragungen zu erkennen und zu stoppen.
Um die Testkapazitäten müssten sich die Eltern vorerst keine Sorgen machen, versichern die Kinderärzte. Es gebe zwar immer mehr Anfragen nach Corona-Tests, jedoch haben alle Praxen zumindest derzeit noch ausreichend Tests.
Auch die steigende Zahl von Terminanfragen für Tests sei noch gut zu bewältigen. Laut Tegtmeyer und
Spier sei durch den Lockdown die Zahl anderer Infekte wie die Grippe so stark zurückgegangen, dass die Kinderärzte Zeit für Corona-Tests haben.
Spier stellt zudem klar, dass Kinder mit Fieber oder Übelkeit sowieso nicht in die Kita sollten, um andere nicht anzustecken. Auch Sibylle Ehreiser, Pressesprecherin des Landratsamtes, rät dazu, sich bei schweren Infektionen des Kindes an den Arzt zu wenden.
Ehreiser schließt sich zudem der Kritik am Ministerium an: „Da diese Regelungen immer wieder und oft auch nur in Nuancen geändert werden, ist dies für alle Beteiligten leider extrem unübersichtlich.“Eltern, die ihr Kind testen lassen wollen oder müssen, könnten ins Testzentrum kommen, dort reiche die Kapazität. Das Landratsamt weist darauf hin, dass es auf der Bösenreutiner Steig allerdings keinen Arzt gibt, der das Kind untersuchen könnte. Aber, „wenn es bei einem Kind nur um einen Test geht, so kann dieser auch im Testzentrum durchgeführt werden.“
Weil zu Beginn der Woche Eltern in ganz Bayern verunsichert waren, hat das Sozialministerium die Regeln im Laufe des Dienstag klargestellt. Kinder, die wegen einer Allergie Husten oder Schnupfen haben, oder die lediglich eine verstopfte Nase, Halskratzen oder Räuspern haben, oder die gelegentlich husten, können nach wie vor die Kita besuchen. Ein negativer Corona-Test ist aber nötig, wenn es sich um Hinweise auf eine Krankheit handelt.
Wenn ein Kind krank war, darf es wieder in die Kita, wenn die leichten Symptome überstanden sind. Ein Corona-Test ist erst nötig, wenn das Kind stärker krank war und wieder gesund ist oder immer noch leichte Symptome aufweist.
Völlig klar ist das alles also nach wie vor nicht, weder für Eltern noch für Kinderärzte oder Kitas. Trotzdem bleibt Kindergartenleiterin Weiner positiv: „Wir versuchen, das Beste daraus zu machen.“