„Fischers Fritzi“verarbeitet Hetze im Netz
Gruppe um Ida und Anna Lutzenberger dreht Kunstperformance vom letzten Jahr am Stadtbach weiter, mit der sie für Gleichberechtigung am Fischertag demonstriert hat
- Wie Fahnen hängen zurzeit große Siebdruckplakate mit Texten im „Konnex“am Marktplatz von der Decke. „Verrecken sollt ihr“steht beispielsweise grün geschrieben auf einem. Die überdimensionalen Schriftstücke sind Teil der Ausstellung „Fischers Fritzi fischt frische Fakten“von Ida und Anna Lutzenberger.
Sie nehmen Bezug auf eine Aktion der beiden mit ihrer Gruppe „Fischers Fritzi“am (ausgefallenen) Fischertag im vergangenen Jahr, mit der sie für die Gleichberechtigung am Memminger Fischertag kämpfen wollten.
Dabei juckten unter Jubel und Applaus etwa zwölf Personen der divers aufgestellten Aktionsgruppe im Rahmen einer Kunstperformance in den Stadtbach. Sie warfen sich einen großen Stoffdelfin zu und sangen eine neue Version des Schmotzmarsches: „Schmotz, Schmotz, Dreck auf Dreck, Fischerkönigin – du stolze Frau“.
Es wurden auch ein Fischerinnenspruch verlesen und eine Fischerkönigin gekrönt. So demonstrierte die Aktionsgruppe dagegen, dass beim Fischertag nur Männer und Buben in den Stadtbach jucken dürfen – und zeigte sich solidarisch mit dem weiblichen Mitglied des Fischertagsvereins, das dagegen klagt, dass beim
Traditionsfest bisher keine Frauen den Bach mit dem Bären ausfischen dürfen. Die Tierärztin hatte in einer ersten Verhandlung am Amtsgericht Memmingen Recht bekommen, der Fischertagsverein legte Berufung ein, der nächste Verhandlungstermin am Landgericht Memmingen ist am 23. Juni.
Was als humorvoller Beitrag gedacht war, kam aber nicht bei allen so an. Noch vor Ort am Bach und auch später im Netz gab es einige Hetze und böse Kommentare zu der Aktion von „Fischers Fritzi“. Diese Reaktionen haben Ida und Anna Lutzenberger in ihrer Ausstellung verarbeitet – und ihnen Fakten rund um den Fischertag gegenübergestellt. „Wir wollen immer wieder kleine Beiträge zum Thema Gleichberechtigung am Memminger Fischertag verbreiten“, sagen sie.
„Bleede Henna!“ist jetzt etwa auf einem ihrer großformatigen Plakate zu lesen, „meine drei Frauen sind immer total happy, wenn sie am Bach stehen und meine Fische ausm Netz holen dürfen“oder auch „Frauen an den Herd und Männer zum Frühschoppen“. Gegenpol ist zum Beispiel Artikel 3 des Grundgesetzes. Mit ihren Plakaten haben die Schwestern zudem an verschiedenen „fischertagsrelevanten“Plätzen in der Stadt posiert, sich damit fotografiert und die Bilder auf Instagram und Facebook hochgeladen. Ein Video
komplettiert die Schau. Es bezieht sich auf einen Spendenaufruf des Fischertagsvereins zur Unterstützung für den juristischen Streit: Ein „Rosettomat“wirft Ansteckrosetten als Spendenquittungen aus.
Die Schwestern aus Schwaighausen haben in Memmingen Abitur gemacht und Kunstpädagogik studiert, Anna in Leipzig, sie arbeitet bereits; Ida ist kurz vor dem Abschluss in Augsburg. Ihre Aktionsgruppe haben sie Frühjahr 2020 gegründet. Sie berufen sich auf Quellen, die es dazu gebe, dass ursprünglich Frauen und Kinder den Bach gereinigt hätten. „Das war Schmutzarbeit, also Frauensache“, sagt Lutzenberger. Erst später hätte die Stadt beschlossen, das Bachausfischen an die Zünfte zu übertragen.
Aus dieser Tradition entstand dann der Fischertag, wie er heute gefeiert wird. Der Fischertagsverein wurde im Jahr 1900 gegründet, seitdem veranstaltet er das Bürgerfest rund ums Bachausfischen.
Zu sehen ist die Ausstellung „Fischers Fritzi fischt frische Fakten“noch bis Sonntag, 21. März, im Schaufenster des „Konnex“.
Fotos und Reaktionen auf
instagram.com/fischersfritzimemmingen oder
facebook.com/fischers.fritzi.14