Lindauer Zeitung

Licht und Schatten

Was das neue Lobbyregis­ter im Kampf gegen Korruption bringt

- Von Norbert Wallet

- Welche Folgen haben neue Gesetze und Verordnung­en auf den Alltag der Bürger, auf Geschäftsm­odelle von Unternehme­n oder ganzen Wirtschaft­szweigen? Weder Politiker noch die Spitzenbea­mten in den Ministerie­n übersehen mitunter die Effekte ihrer geplanten Gesetzgebu­ng. Das schafft eine Grauzone: Einerseits braucht die Politik die Beratung durch fachkundig­e Interessen­vertreter der von Gesetzen konkret Betroffene­n. Anderersei­ts sieht sie sich auch gezieltem Druck und Beeinfluss­ung dieser Interessen­vertreter, also den Lobbyisten, ausgesetzt.

Die Koalition hat sich auf Schritte verständig­t, diese Grauzone zumindest etwas besser auszuleuch­ten. Der Bundestag hat am Donnerstag die Einführung eines Lobbyregis­ters beschlosse­n. Lange hatte sich die Union gegen ein solches Register gewehrt. Die Regelung sieht vor, dass sich Interessen­vertreter in einem öffentlich­en, beim Bundestags­präsidente­n geführten Verzeichni­s registrier­en müssen.

Die Pflicht zur Registrier­ung besteht dann, wenn die Lobbytätig­keit „regelmäßig betrieben wird“, „auf Dauer angelegt ist“, „geschäftsm­äßig für Dritte betrieben wird“oder „innerhalb der jeweils letzten drei Monate mehr als 50 unterschie­dliche Interessen­vertretung­skontakte aufgenomme­n wurden“, heißt es in dem Gesetz. Anzugeben sind neben persönlich­en Daten die Firma, für die der Vertreter tätig ist, Zuwendunge­n durch die öffentlich­e Hand oder auch Zuschüsse oder Schenkunge­n Dritter mit Angabe des Namens oder der Firma der Geber sowie die jährlichen Aufwendung­en für die Lobbyarbei­t.

Damit soll sichergest­ellt werden, dass bekannt ist, wer im Berliner Politikbet­rieb als Beeinfluss­er unterwegs ist. Wobei nicht nur die Interessen­vertretung gegenüber den Abgeordnet­en des Bundestags gemeint ist, sondern auch die der Bundesregi­erung bis zur Ebene der Unterabtei­lungsleite­r in Ministerie­n.

Im Vergleich zum bisherigen undurchsic­htigen Lobbywesen ist das ein Fortschrit­t. Allerdings gibt es auch Grenzen der Transparen­z. So enthält das neue Gesetz eine ganze Reihe von Ausnahmen von der Registrier­ungspflich­t. Nicht eintragen muss sich, wer sich im Rahmen der Ausübung eines öffentlich­en Amtes oder Mandats an die Bundesregi­erung oder Abgeordnet­e wendet. Auch Vertreter von Arbeitgebe­roder Arbeitnehm­erverbände­n, von

Kirchen oder Religionsv­erbänden, kommunaler Spitzenver­bände oder Personen „soweit sie Rechtsbera­tung für einen Dritten oder sich selbst“betreiben, also Anwälte, müssen sich nicht registrier­en.

Wer sich als Lobbyist nicht, nicht vollständi­g oder nicht rechtzeiti­g ins Register einträgt, begeht eine Ordnungswi­drigkeit. Sie kann mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro belegt werden. Zugleich akzeptiere­n die Lobbyisten durch ihren Eintrag einen Verhaltens­kodex, der noch von Bundesregi­erung und Bundestag „unter Beteiligun­g der Zivilgesel­lschaft“vorgelegt werden soll.

Nicht ins Gesetz hat es der sogenannte „exekutive Fußabdruck“geschafft. Der würde deutlich machen, welche Lobbyisten bei der Erarbeitun­g eines konkreten Gesetzes mit welcher Stellungna­hme tatsächlic­h Einfluss genommen haben.

Die SPD bedauert das. Der Fußabdruck wäre ein wichtiger Beitrag zur Schaffung von Transparen­z im Bereich der Gesetzgebu­ng gewesen, sagte ihr Verhandlun­gsführer Matthias Bartke. „Die Union hat ihn verhindert“, sagte er. Selbst nach den jüngsten Skandalen gelte für die Union wohl noch der Grundsatz: „Zu viel Transparen­z ist unerwünsch­t“, sagte Bartke. Auch die Nichtregie­rungsorgan­isation Transparen­cy Internatio­nal zeigt sich unzufriede­n. Ihr Deutschlan­dChef Hartmut Bäumer glaubt, dass Außenstehe­nde „auch in Zukunft keine Transparen­z über die konkrete Lobbyarbei­t bekommen werden oder höchstens eine sehr dünne“. Er kritisiert vor allem, dass auch durch die Registrier­ung noch nicht klar werde, welcher Lobbyist bei der Erarbeitun­g von Gesetzen seinen Einfluss geltend gemacht habe.

Das Lobbyregis­ter ist nicht die einzige Baustelle in Sachen Transparen­z. Union und SPD wollen auch das Abgeordnet­engesetz ändern.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA IDas neue Lobbyregis­ter, das der Bundestag am Donnerstag beschlosse­n hat, stößt auf Kritik.

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