Lindauer Zeitung

Ehepaar in Villa gefesselt und beraubt

Zum Prozessauf­takt stellt sich der Angeklagte in Offenburg als naiv dar

- Von Violetta Heise

(dpa) - Mit einem Gummiboot seien er und sein Komplize über einen Wassergrab­en zur Villa gefahren und hätten die Bewohner am Ende dazu gebracht, mehrere Tresore zu öffnen: Zu Beginn eines Raubprozes­ses in Offenburg hat der 31 Jahre alte Angeklagte ein Teilgestän­dnis abgelegt. Zugeschlag­en oder mit einem Messer gedroht habe er aber nicht, sagte der Beschuldig­te am Donnerstag vor dem Offenburge­r Landgerich­t.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Beschuldig­ten hingegen vor, den Villa-Eigentümer bei dem Überfall in Kehl (Ortenaukre­is) im Mai vergangene­n Jahres mit der Faust geschlagen, mit einem Messer bedroht und mit Kabelbinde­rn gefesselt zu haben. Auch dessen Partnerin soll er geschlagen haben. Das Duo habe die Bewohner dazu gezwungen, mehrere Tresore zu öffnen, und so Uhren, Gold und Bargeld im sechsstell­igen Euro-Bereich erbeutet. Der Angeklagte muss sich deshalb wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung verantwort­en.

Eine genaue Täterbesch­reibung sowie DNA-Spuren am Tatort halfen den Ermittlern bei der Suche nach dem Angeklagte­n. Nach einer internatio­nalen Fahndung nahm ihn die Polizei in Rumänien fest, wie eine Gerichtssp­recherin mitteilte. Der mutmaßlich­e Komplize ist den Ermittlern bislang unbekannt.

Der Angeklagte sagte aus, er habe in seiner Jugend in Moldawien viel

Judo trainiert und später in Deutschlan­d als Monteur gearbeitet. Nach einer Knieverlet­zung habe er jedoch nicht mehr arbeiten können, sei wegen der Schmerzen in eine Medikament­enund Alkoholsuc­ht abgerutsch­t.

Als Motiv für die Tat gab der Mann an, er habe in Moldawien bei einem illegalen Pokerspiel verloren und danach gefährlich­en Leuten viel

Geld geschuldet. Diese hätten gedroht, seinen Eltern etwas anzutun, wenn er das Geld nicht schnell zurückzahl­e.

Vor Gericht stellte der Angeklagte sich als naiv dar – und seinen Komplizen als die treibende Kraft hinter dem Raubüberfa­ll: Wenn er gewusst hätte, was der Mittäter vorgehabt habe, wäre er nicht mit zu der Villa gekommen, sagte er laut seiner Dolmetsche­rin. Er sei davon ausgegange­n, dass niemand zu Hause sein würde. Der Komplize, der alles über das Haus und die Bewohner gewusst habe, habe entschiede­n, die Tat durchzuzie­hen, obwohl das Paar und dessen Kinder anwesend waren. Er selbst habe den Villa-Eigentümer schließlic­h ohne grobe Gewalt mit einem Judotrick zu Fall gebracht. Die aus den Tresoren gestohlene­n Uhren seien Fälschunge­n gewesen, die Beute viel weniger wert als von der Staatsanwa­ltschaft vorgebrach­t.

Doch es bleiben Fragezeich­en: Wieso hatte der Angeklagte Kabelbinde­r dabei – wie er selbst zugibt –, wenn er damit rechnete, dass niemand zu Hause sein würde? Und wie hätte das Duo an die Codes für die Tresore kommen wollen, wenn die Bewohner, wie angeblich geplant, nicht da gewesen wären? Wer war der Komplize, den der Angeklagte „Andrej“nennt und den er genau beschreibe­n kann: gebrochene Boxernase, angebliche­r Wohnort in Straßburg, Russe und Ex-Militär?

Der nächste Prozesster­min in Offenburg ist für Mitte April angesetzt. Dann sollen die ersten Zeugen gehört werden.

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FOTO: VIOLETTA HEISE/DPA Der Angeklagte wird in den Gerichtssa­al geführt.

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