Corona hinterlässt deutliche Statistik-Spuren
Signifikante Übersterblichkeit der älteren Jahrgänge in den verschiedenen Pandemie-Wellen
- Corona-Leugner sollten sich die Zahlen des bayerischen Landesamts für Statistik in Fürth ansehen. Im April 2020, zum Höhepunkt der ersten Welle im vergangenen Frühjahr, starben in Bayern 21,5 Prozent mehr Menschen als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 in diesem Monat, teilte Innenminister Joachim Herrmann in Fürth mit. Noch höher (35 Prozent) war die sogenannte Übersterblichkeit im Dezember. Sowohl im Frühjahr 2020 wie auch Ende 2020/Anfang 2021 habe die Zahl der Todesfälle den Schnitt der vier vorangegangenen Jahre deutlich überstiegen, sagte Herrmann. Diese Zahlen seien „hoffentlich auch ein Mittel gegen Ignoranz und Fake News“.
In einzelnen besonders betroffenen Landkreisen nahm die Übersterblichkeit noch weitaus größere Ausmaße an. So starben im Landkreis Tirschenreuth bei der ersten Welle 135 Prozent mehr Menschen als in den Jahren 2016 bis 2019 im Durchschnitt. Im Landkreis Rosenheim lag die Übersterblichkeit bei 86, im Landkreis Wunsiedel bei 61 Prozent. Im Februar 2021 lassen sich hingegen erste Wirkungen von Lockdown und Impfkampagne erkennen. Die bisher gemeldeten 6 889 Todesfälle „könnten in etwa auf dem Niveau der Vorjahre liegen“, so Herrmann. Sollte sich der positive Trend infolge voranschreitender Impfungen fortsetzen, wäre dies „ein großer Schritt in die richtige Richtung“, sagte der Minister, schränkte aber ein: Eine „große Ungewissheit“verursache das Vordringen von Virusmutationen, von denen man noch nicht genau wisse, wie sie sich auf andere Altersgruppen auswirke.
Die bisherigen Zahlen des Statistik-Amts belegen die besondere Gefährdung der Altersgruppen ab 80 Jahre durch das Virus. Im April 2020 lag die Übersterblichkeit bei den Über-80-Jährigen bei knapp 30 Prozent, mit Beginn der zweiten Welle im November bei fast 20 Prozent und im Januar 2021 sogar bei knapp 50 Prozent gemessen am Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Spürbar wurde die Pandemie auch in der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen mit Übersterblichkeiten zwischen 14 und 20 Prozent, wohingegen sich die Pandemie bei den statistisch erfassten Todesfällen der unter 60-Jährigen im vergangenen Jahr so gut wie nicht bemerkbar machte.
Ohne Lockdown und die zu Jahresbeginn 2021 einsetzende Impfkampagne mit Priorität für Altenund Pflegeheime wären die Todeszahlen wesentlich höher gewesen, zeigte sich Herrmann überzeugt. Die Statistik belege auch, dass es richtig sei, die Älteren zuerst zu impfen.
Mit Blick auf die derzeit erneut ansteigenden Infektionszahlen und die Debatte um Lockerungen und „Notbremse“kritisierte Herrmann im einzelnen nicht bezeichnete Bundesländer, welche die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz „nicht wirklich umsetzen“.
Im Freistaat werde die „Notbremse“in Landkreisen und Städten, die mehr als 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche verzeichnen, „automatisch“und ausnahmslos greifen, versicherte Herrmann. Für diese Regionen bedeute dies unter anderem die Wiedereinführung der Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr, die von der Polizei kontrolliert werde, sowie Distanzunterricht an den Schulen.