Unternehmen Chance erhält Corona-Nothilfe
Wegen hoher Infektionszahlen im Landkreis Lindau muss Gebrauchtwarenkaufhaus aber wieder schließen
- Vor zehn Tagen hat Claudia Mayer noch mehr als sorgenvoll in die Zukunft geblickt: Wegen der Corona-Pandemie gerät das Unternehmen Chance verstärkt in finanzielle Schieflage. Jetzt gibt es einen Lichtblick: Der jüngste Antrag auf Nothilfe aus einem speziellen Corona-Fond ist im siebten Anlauf endlich genehmigt. Mit den knapp 90 000 Euro können fürs Erste Fixkosten und Gehälter bezahlt werden. Doch die anhaltende Pandemie bereitet weiter Probleme. Denn die Geschäftsführerin muss das Kaufhaus erneut schließen.
Seit Ende vergangener Woche liegt der Bewilligungsbescheid auf dem Tisch: 89 500 Euro kann das Unternehmen Chance aus dem Inklusionsfond des Bezirks Schwaben speziell für Sozial- und Gebrauchtwarenkaufhäuser erhalten. Das lässt die Geschäftsführerin kurzfristig aufatmen. Denn es gibt „Luft“für ungefähr zwei Monate. Wobei je nach sonstigen Einnahmen, wie etwa Spenden, von dem Geld unter Umständen auch wieder etwas zurückbezahlt werden muss.
Wie lange die Finanzspritze letztlich reicht, hänge auch davon ab, „welche unserer Bereiche in den kommenden Pandemie-Wochen in welchem Umfang weiterarbeiten und damit Geld verdienen können“, schildert Claudia Mayer im Gespräch
mit der LZ. So dürfen laut Infektionsschutzverordnung Dienstleistungsbereiche wie die Fahrradwerkstatt und die Schneiderei, aber auch das Abholen von Möbeln oder ähnlichem weiterbetrieben werden. „Natürlich gibt es zur Zeit nicht so viele Räder zu reparieren, als dass unser Mitarbeiter damit den ganzen Tag beschäftigt wäre“, schränkt Mayer ein. Deshalb sei dieser Mann einer derjenigen, der nun erneut zum Teil Kurzarbeitergeld erhält.
Vier der insgesamt 19 Mitarbeiter an den beiden Standorten Lindau und Lindenberg sind aktuell wieder von Kurzarbeit betroffen – weil im Kreis Lindau wegen der anhaltend hohen Inzidenz wieder strengere Corona-Regeln gelten. Das Gebrauchtwarenkaufhaus darf nur noch über „Click & Collect“verkaufen, also Dinge an Kunden herausgeben, die diese zuvor übers Internet beim Unternehmen Chance gekauft haben. Das funktioniere bei Möbeln oder kleinen Haushaltsgeräten wie Wasserkocher oder Toastgerät. „Aber so gut wie niemand kauft Geschirrteile über unsere Internetseite“, sagt Mayer. Dabei nutze das Unternehmen Chance gängige Online-Plattformen genauso wie den ZAKMarktplatz auf der Homepage des Abfallzweckverbands.
Die Erfahrungen der ersten Monate in diesem Jahr zeigen: „Auf diesem Weg kommen höchstens an die 2000 Euro im Monat rein.“Die monatlichen Fixkosten für Miete, Gehälter, Strom und Fahrzeug liegen jedoch bei fast 55 000 Euro. So freut sich die Geschäftsführerin über jeden Euro-Schein, den die Schneiderei
oder eine Fahrradreparatur in die Kasse bringen. Stundenweise werde auch das Verkaufsteam weiterarbeiten: Um Anrufe und Mailanfragen zu beantworten und weil die Menschen, wie in jedem Frühjahr, jede Menge Hausrat und Mobiliar aussortieren und spenden: „Das reißt nicht ab“, schildert Mayer und fügt an: „Unser Lager ist bis unters Dach voll.“
Da ist sie froh, dass die Lindauer Wohnbaugesellschaft GWG dem Unternehmen Chance den Auftrag erteilt hat, drei Übergangswohnungen auszustatten: „Auch das hilft uns, denn der Warenabfluss ist einfach wichtig.“Wenn Claudia Mayer jedoch hört, wie heftig die Politik einen längeren harten Lockdown diskutiert, dann erscheinen doch wieder Sorgenfalten auf ihrem Gesicht.
„Aber so gut wie niemand kauft Geschirrteile über unsere Internetseite.“
Geschäftsführerin Claudia Mayer über Grenzen von „Click & Collect“