Erst Bayreuth, dann Füssen
Oksana Lyniv wird „Tristan und Isolde“dirigieren
- Wer hätte das gedacht, dass die Musikfestspiele Königswinkel in Füssen einmal in einem Atemzug mit den Bayreuther Festspielen genannt werden? Und das bereits vor ihrer Premiere? Grund ist die ukrainische Stardirigentin Oksana Lyniv, die beiden Festivals mit Wagner-Opern ihren Stempel aufdrücken wird. In Bayreuth dirigiert sie Ende Juli als erste Frau eine Festspielpremiere mit der Neuproduktion des Fliegenden Holländers. Im Festspielhaus Neuschwanstein steht sie bei den beiden Aufführungen von Tristan und Isolde am 29. September und 2. Oktober am Pult, außerdem bei einem Festkonzert.
Viel Überzeugungsarbeit musste Florian Zwipf, Geschäftsführer der Musikfestspiele Königswinkel, anscheinend nicht leisten, um die 43Jährige für Füssen zu gewinnen. In einem online geführten Pressegespräch sprudelte die Begeisterung aus ihr nur so heraus, Richard Wagners Musik in Sichtweite von Schloss Neuschwanstein präsentieren zu können. „Ich war schon ein paar Mal in Neuschwanstein. Da spürt man sofort die besondere geistige Verbindung von Wagner und König Ludwig II.“, erzählt sie.
Ohnehin sei es die Begeisterung für Wagner gewesen, die sie einst nach Deutschland gezogen hatte. Ab 2005 hatte sie ein Aufbaustudium in Dresden absolviert, von 2013 an war sie mehrere Jahre Musikalische Assistentin von Generalmusikdirektor Kirill Petrenko und Dirigentin an der Bayerischen Staatsoper. „Man kann sich der narkotischen Kraft dieser Musik kaum entziehen“, schwärmt Lyniv. Wagner habe Türen zu neuer Musik eröffnet bis hin zur Zwölftonmusik. Sogar als Vorkämpfer für Gleichberechtigung stuft sie ihn auf eine kleine Spitze von Festivalmacher Zwipf hin ein. „Frauen haben in Wagners Leben eine besondere Rolle gespielt“, betonte Lyniv unter anderem mit Verweis auf Cosima Wagner, die als Witwe die Bayreuther Festspiele leitete. Und in den Opern gebe es viele starke Frauenrollen.
Oksana Lynivs Besuch in Füssen sei das Ergebnis einer glücklichen Fügung, erklärte Zwipf. Denn eigentlich sollte bei der bereits für vergangenes Jahr geplanten Premiere Lothar Zagrosek die Brünner Philharmonie dirigieren. Das Orchester ist dieses Jahr jedoch durch andere vertragliche Verpflichtungen verhindert. Als Ersatz wurde das Kiev Symphony Orchestra gewonnen. Weil Oksana Lyniv eng mit diesem Orchester verbunden ist, gab Zagrosek das Dirigat ab.
Mit Augenzwinkern wiesen Festivalmacher Zwipf sowie der Theaterdirektor Benjamin Sahler Lyniv auf Gemeinsamkeiten von Bayreuth und Füssen hin: Hier wie dort erwarten sie beengte Verhältnisse im Orchestergraben. Außerdem werde wegen der Lage beider Orte abseits der Metropolen schon die Anreise zu einem Erlebnis, zu einer kleinen Pilgerreise. Deswegen habe Wagner sein Festspielhaus in Bayreuth gebaut.
Neben den Aufführungen von Tristan und Isolde in einer Produktion der einstigen Richard-Wagner-Festspiele Wels gibt es bei den Musikfestspielen Königswinkel am 2. Oktober ein Festkonzert mit dem Kiev Symphony Orchestra unter der Leitung von Oksana Lyniv. Ein „Wesendonck“-Liederabend mit Sopranistin Hermina May und Pianistin Margarita Oganesjan schließt das Programm am 3. Oktober ab. Besucher, die ihre Opern-Tickets von 2020 behalten haben, erwartet ein Bonbon: Sie dürfen am folgenden Vormittag kostenlos ein exklusives TreueKonzert besuchen.
Festivalmacher Zwipf zeigte sich sehr zuversichtlich, dass bis zum Herbst die Corona-Krise soweit in Griff ist, dass das Festival diesmal stattfinden kann. Für das Festspielhaus ist bereits der 10. Juni ein fixer Termin: Dann soll die Premiere von Ralph Siegels Musical „Zeppelin“über die Bühne gehen. Ab 400 Besucher, die in den Saal dürfen, würde sich das wirtschaftlich tragen, erklärte Theaterdirektor Sahler.
Eintrittskarten gibt es unter Telefon 08362 / 5077777 und im Internet unter www.musikfestspiele-koenigswinkel.de www.das-festspielhaus.de