Kreis will Modellregion wie Tübingen werden
Alle 23 Kommunen des Bodenseekreises stellen einen entsprechenden Antrag beim Sozialministerium
- Der Bodenseekreis soll in der Pandemie zu einer Modellregion nach Tübinger Vorbild werden. Einen entsprechenden Antrag haben alle 23 Kommunen des Landkreises am Sonntag beim baden-württembergischen Sozialministerium gestellt – und hoffen jetzt auf grünes Licht aus Stuttgart. Es ist daran gedacht, unter dem Projekttitel „Testen – Schützen – öffentliches Leben“vom 12. April bis zum 21. Mai – also vom Zeitraum nach den Osterferien bis zu Beginn der Pfingstferien – einzelne Bereiche langsam zu öffnen und gleichzeitig Teststrategien konsequent auszubauen. In einer kurzfristig einberufenen Video-Konferenz standen gestern Nachmittag die Bürgermeister Dieter Stauber (Friedrichshafen), Georg Riedmann (Markdorf), Johannes Henne (Immenstaad), Robert Scherer (Meersburg), Jacqueline Alberti (Daisendorf) und Reinhold Schnell (Neukirch) Rede und Antwort.
„Vorsichtig zu sein, ist gut und recht“, betonte Dieter Stauber. „Aber nur zu Hause zu bleiben und zu warten, bis man mit dem Impfen dran ist, das kann’s nicht sein.“Mit der Initiativbewerbung wolle man – auch bei steigender Inzidenzzahl – eine schrittweise Öffnung wichtiger Bereiche
vorantreiben. Ähnlich argumentierte auch Reinhold Schnell. Es gehe darum, die richtigen Signale zu setzen und langfristige Strategien zu entwickeln. Es gelte aber auch, die Sprachlosigkeit zu überwinden, sagte er. „Dazu wollen wir unser Scherflein beitragen.“
Dass es gerade aufgrund der anstehenden Öffnung der Landesgartenschau in Überlingen sowie der beginnenden Tourismussaison angepasste Regelungen für die Bodenseeregion bedürfe, auch in dieser Ansicht sind sich die Bürgermeister einig. Man habe auch Verantwortung für die vielen Tagestouristen, möchte Ströme lenken und so eine mögliche Überforderung der Gemeinden des Bodenseekreises vermeiden, sagte etwa Jacqueline Alberti.
Grundlage des Modellprojekts sollen demnach Schnelltestzentren in allen 23 Kommunen sein, deren elektronische oder ausgedruckte Negativ-Bescheinigung den Besuch verschiedener Einrichtungen am gleichen Tag ermöglichen sollen. Dass diese kreisweite Initiative von den Bürgerinnen und Bürgern goutiert werde, in dieser Einschätzung ist sich Johannes Henne sicher. „Wir haben es verdient, Modellregion zu werden“, so sein Credo. „Wenn nicht bei uns, wo dann?“Dass Öffnungsperspektiven für kulturelle Einrichtungen, aber auch für Gastronomie und Einzelhandel überfällig seien, das steht auch für Georg Riedmann außer Frage. Seiner Ansicht nach hat das „Ungerechtigkeitsempfinden“in der Bevölkerung zugenommen. „Es kann doch nicht sein, dass man im Kaufland eine Waschmaschine einkaufen kann, der Elektro-Einzelhandel aber weiterhin geschlossen bleiben muss“, sagte er. „Das ist einfach nicht mehr akzeptabel.“Eine Meinung,
die von Robert Scherer geteilt wird. „Die derzeitigen politischen Entscheidungen sind nicht mehr vermittelbar“, betonte er. Man müsse sich gemeinsam der Herausforderung stellen, brauche aber dazu die Unterstützung der Wirtschaftstreibenden und nicht zuletzt vieler ehrenamtlicher Kräfte, so Scherer.
Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel angesichts der massiv steigenden Inzidenzzahlen während der dritten Corona-Welle allen geplanten Lockerungen und weiteren Modellprojekten eine klare Absage erteilt hat, darin sieht Dieter Stauber keinen Hinderungsgrund für den Projektantrag. „Wir sind flexibel. Es handelt sich um einen überschaubaren Zeitraum – und außerdem soll unser Modell durch die Zeppelin Universität und die Duale Hochschule Baden-Württemberg wissenschaftlich begleitet werden“, so seine Antwort auf eine entsprechende Nachfrage. Auch mit Blick auf eine eventuell notwendige „Notbremse“und die Inzidenzzahl, die am vergangenen Wochenende im Bodenseekreis die Grenze von 100 überschritten hat, sei man sich der Verantwortung bewusst. „Der Antrag ist gestellt. Wir harren nun der Dinge – und der Rückantwort des Sozialministeriums“, so der positive Blick nach vorne.