Lindauer Zeitung

Hin und Her um Astrazenec­a verunsiche­rt auch Ältere

Paar macht am Impfzentru­m auf dem Absatz kehrt – Noch sind nicht alle Ü-80-Jährigen geimpft

- Von Julia Baumann

- Erst bekamen ihn nur Menschen unter 65, dann alle, dann wurde die Impfung damit ausgesetzt, dann wieder aufgenomme­n, jetzt soll er nur noch an Menschen über 60 verimpft werden: Das wochenlang­e Hin und Her um den Impfstoff von Astrazenec­a verunsiche­rt auch einige Lindauer. Ein Paar aus der ersten Impfgruppe hat deswegen Mitte März am Impfzentru­m auf dem Absatz kehrtgemac­ht.

„Das ist alles nicht so elegant gelaufen“, sagt die 82-jährige Anne Rüping im Gespräch mit der LZ. Am 27. Januar habe sie sich gemeinsam mit ihrem Lebensgefä­hrten Dieter Brüggerhof­f beim Impfzentru­m angemeldet. Zuvor habe sie vom Landratsam­t eine Impf-Einladung erhalten. „Da stand, dass wir mit einem mRNAImpfst­off geimpft werden.“

Dann hat das Paar, Dieter Brüggerhof­f wird 84, lange überhaupt nichts mehr gehört. „Es hieß, wir werden schriftlic­h benachrich­tigt“, sagt Anne Rüping. Doch statt eines Schreibens sei am 11. März ein Anruf gekommen, das Paar solle zwei Tage später zum Impfen vorbeikomm­en. „Wir sind hingegange­n, impfen lassen haben wir uns aber nicht“, sagt Anne Rüping. Denn erst vor Ort hätten sie und ihr Lebensgefä­hrte erfahren, dass sie mit Astrazenec­a geimpft werden sollen. „Gesagt hat uns das vorher keiner“, sagt sie. „Wir haben aber auch nicht nachgefrag­t, weil wir fest davon ausgegange­n sind, dass wir einen mRNA-Impfstoff bekommen.“

Zu groß sei die Angst vor dem Astrazenec­a-Impfstoff gewesen, der in Deutschlan­d nicht von Beginn an für die Altersgrup­pe über 65 zugelassen war. „Und zu diesem Zeitpunkt haben die ersten Länder die Impfung damit schon wieder eingestell­t“, sagt Anne Rüping. Kurz darauf stoppte auch Deutschlan­d die Impfung mit

Astrazenec­a, weil es vereinzelt Hinweise auf Blutgerinn­sel in Hirnvenen im zeitlichen Zusammenha­ng mit der Impfung gab. Zwischendu­rch wurde der Impfstoff dann wieder an alle verimpft, nun sollen ihn nur noch Menschen über 60 bekommen, die weniger anfällig für diese Art von Thrombosen sind.

Dass sie und ihr Lebensgefä­hrte sich am 13. März gegen eine Impfung entschiede­n haben, habe auch an der Art und Weise der Kommunikat­ion gelegen. „Erst hieß es, wir bekommen einen mRNA-Impfstoff, dann war plötzlich alles ganz anders“, sagt Anne Rüping. Ihr sei das nach all den negativen Schlagzeil­en um Astrazenec­a viel zu schnell gegangen. „Wir wurden total überrumpel­t.“Auch die normalen Nebenwirku­ngen, die nach einer Astrazenec­a-Impfung mit grippeähnl­ichen Symptomen auftreten können, hätten ihr Angst gemacht. „Das wollte ich mir nicht so gern antun“, sagt sie.

Es gelte weiterhin, dass man sich den Impfstoff nicht aussuchen kann, schreibt Landratsam­tssprecher­in Sibylle Ehreiser auf Anfrage der LZ. „Die Vorgaben erfolgen nach den Zulassungs­kriterien und der Verfügbark­eit der Impfstoffe.“Allerdings werde in der Regel vorher angekündig­t, welcher Impfstoff verimpft werde. Und auch anhand der Terminverg­abe könne man erkennen, um welchen Impfstoff es sich handelt: Bei der Impfung von Astrazenec­a erfolgt die Zweitimpfu­ng erst nach zwölf Wochen.

Neben Anne Rüping gibt es im Landkreis Lindau noch jede Menge Menschen über 80, die noch nicht geimpft sind. Zwar haben laut Landratsam­t in der vergangene­n Woche knapp 200 Menschen über 80, die noch auf einer Warteliste standen, einen Impftermin erhalten. „Damit sind aber nicht alle über 80-jährigen im Landkreis Lindau geimpft“, schreibt Landratsam­ts-Mitarbeite­rin Angela Wolf . Knapp 100 Menschen über 80 Jahre könnten derzeit nicht geimpft werden, weil sie erkrankt sind. Sie bekommen einen Impftermin, sobald sie wieder gesund sind. „Und über 50 Personen aus dieser Gruppe haben eine Impfung zum derzeitige­n Zeitpunkt abgelehnt oder wollen zur Abklärung auf ihren Hausarzt zugehen.“

Dieter Brüggerhof hat sich nach seinem ersten Impftermin noch einmal ans Impfzentru­m gewandt. Am Telefon sei eine nette Frau gewesen. „Die hat gesagt, sie habe noch einen Termin für mich.“Am Montag hat Dieter Brüggerhof­f die erste Dosis vom Moderna-Impfstoff bekommen. Seine Lebensgefä­hrtin Anne Rüping wollte erst auf einen Termin beim Hausarzt warten, hat nun aber doch auch nochmal beim Impfzentru­m angerufen. „Jetzt hat alles super geklappt“, sagt sie. Am Donnerstag wird sie mit dem Impfstoff von Biontec/Pfizer geimpft.

Wer über 80 Jahre alt ist, eine Impfung möchte und sich noch nicht angemeldet hat, soll sich telefonisc­h an die Impfhotlin­e wenden unter der Nummer 0831 / 704 93 62 00 (Vorwahl Kempten). Die Hotline ist täglich von 11 bis 19 Uhr erreichbar.

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FOTO: DPA Auch in Lindau sind Menschen wegen Astrazenec­a verunsiche­rt.

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