Lindauer Zeitung

Eine Chance für die Bundeswehr

- Von Ludger Möllers l.moellers@schwaebisc­he.de

Militärisc­he Ausbildung für den Heimatschu­tz im Krisenfall, die Entlastung von Einheiten, die in den Auslandsei­nsatz gehen, „helfende Hände“wie jetzt bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie oder die Hilfe im Krisenund Katastroph­enfall: Die Frauen und Männer, die in diesen Tagen den neuen Freiwillig­endienst antreten, können die Armee an vielen Stellen im Alltagsbet­rieb unterstütz­en. Vor allem Soldaten, die ins Ausland geschickt werden, freuen sich, dass sie nach einem Jahr an der CoronaFron­t ihre Vorbereitu­ng auf den Einsatz in Mali, Afghanista­n oder auf See wieder aufnehmen können.

Neben der operativen Stärkung der Bundeswehr dürften andere Effekte wichtig werden, deren Relevanz erst nach der überstürzt­en Aussetzung der Wehrpflich­t sichtbar wurde: Jahrzehnte­lang war die Truppe allein deswegen gesellscha­ftlich präsentes Gesprächst­hema in Familien, weil an jedem Wochenende die Söhne vom „Bund“erzählten. Nachwuchs für die Laufbahnen der Unteroffiz­iere und Offiziere rekrutiert­e sich häufig aus Reihen jener Wehrpflich­tigen, die sich länger verpflicht­eten, weil ihnen das Leben in Flecktarn-Oliv, Luftwaffen- oder Marineblau gefiel. Politische­r Extremismu­s oder übermäßige Schinderei durch Ausbilder fiel früh auf, weil die soziale Kontrolle gegeben war.

„Dein Jahr für Deutschlan­d“mit Freiwillig­en aus allen gesellscha­ftlichen Schichten kann jenen positiven Effekt mit sich bringen, dass die Bundeswehr wieder stärker im Alltag präsent wird. Und da heute in vielen Einheiten Personal fehlt, könnten aus dem „Jahr für Deutschlan­d“zwei, drei oder zwölf Jahre werden, sofern sich Freiwillig­e länger verpflicht­en.

Doch um diese Chancen wahrzunehm­en, muss die Bundeswehr eine steile Lernkurve nehmen und anspruchsv­olle Ausbildung, wirklich attraktive, sinnvolle Aufgaben, moderne Technik und ehrliche Wertschätz­ung bieten: „Dienst nach Vorschrift“oder gar Gammeldien­st, wie während der Wehrpflich­t zu häufig erlebt, reicht nicht aus, um Interessie­rte, die auch anderen Optionen folgen können, zu binden.

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