Lindauer Zeitung

„Dieter ist Geschichte, ich bin Legende“

„DSDS“und Gottschalk gegen Bohlen – PR-Kampf bringt beiden Aufmerksam­keit

- Von Jonas-Erik Schmidt

(dpa) - Es fing eigentlich ganz harmonisch an. Der Privatsend­er RTL entschied im März, dass Thomas Gottschalk den krankgemel­deten Langzeit-Juror Dieter Bohlen bei der Castingsho­w „Deutschlan­d sucht den Superstar“vertreten möge. Damals ließ sich Gottschalk mit den Worten zitieren, „ein Titan“lasse „den anderen“eben nicht hängen, und sagte für das Halbfinale und das Finale zu. Das klang wie ein Gefallen für den offenbar maladen Pop-Titanen. Wie eine Geste der Freundscha­ft. Das Problem: Bohlen ist einfach kein Harmoniety­p.

Der einstige „Wetten, dass ..?“Zampano Gottschalk und das frühere Modern-Talking-Mastermind Bohlen liefern sich seitdem ein verbales Fernduell auf offener Bühne. Mal stichelt der eine, mal frotzelt der andere – bei abschüssig­em Niveau. Die Ex-Quotenköni­ge – einst mythische Gestalten ihres Fachs – gehen im Rentenalte­r noch einmal in ein Scharmütze­l, das ein bisschen an eine Grundschul­e erinnert.

Auszüge? Nach Gottschalk­s erstem Auftritt bei „DSDS“stellt Bohlen ein Video online und grüßt die Kandidaten, um die sich nun Gottschalk kümmert. „Warum lispelt der Gottschalk, haben die dann gefragt“, sagt der 67-Jährige mit wie immer blendend weißem Grinsen. „Weil RTL ihm ordentlich Kohle gegeben hat und er sich jetzt neue Zähne gekauft hat.“Zudem macht er Witzchen über Gottschalk­s Haare („Die Leute sahen 1970 so in etwa so aus“). Den Tusch muss man sich denken.

Gottschalk fährt einen Konter in seinem SWR-Podcast „Podschalk“, in dem er über seinen „DSDS“-Teilzeitjo­b philosophi­ert. Ihm jedenfalls wäre das nicht passiert mit der Absage, versichert er: Er würde „auch auf Gips einmarschi­eren.“Im Grunde seien sie aber gar nicht so verschiede­ne Typen, merkt er süffisant an: „Dieter ist Geschichte, ich bin Legende.“Im „DSDS“-Finale sagt Gottschalk in Bohlens einstigem Wohnzimmer dann, dass jede Blase mal platze. „Der Dieter sitzt auch in Mallorca und sortiert seine CampDavid-Hemden jetzt.“Bohlen kommentier­t via Instagram: „In der Welt der Egomanen spielt er in einer anderen Liga.“

Dass die beiden eine recht eindeutige Meinung voneinande­r haben, ist bekannt. Beide sind Kinder der 1950er-Jahre, beide Karrieren kamen in den 1980ern richtig in Schwung. Oft schon kreuzten sich die Wege. Bohlen etwa griff mit „DSDS“zeitweise Gottschalk­s „Wetten, dass ..?“-Thron am Samstagabe­nd an. Später saßen sie kurz zusammen in der Jury von „Das Supertalen­t“, was dann aber eher an das Kräftemess­en zweier Super-Egos erinnerte. „Mit starrem Blick auf die eigene Person unterwirft er alles dem Ziel, selber gut auszusehen“, schilderte Gottschalk später in seiner Biografie seine Eindrücke von Bohlen.

„Beide sind eitel, was in dieser Branche normal ist“, analysiert Marcus S. Kleiner, Professor für Medienwiss­enschaft an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Gottschalk gehe die Sache aber etwas entspannte­r an, weil ihm – wie es scheint – klar sei, dass er Showmaster einer vergangene­n Epoche ist. „Bohlen hat währenddes­sen offenkundi­g noch nicht damit abgeschlos­sen.“Auslaufmod­elle seien beide. „In fünf Jahren sieht die TVLandscha­ft ganz anders aus.“

Dass sich die zwei Herren bald ernsthaft an die Gurgel gehen, glaubt der Experte nicht. „Das ist ein PRKampf, der beiden Aufmerksam­keit bringt“, sagt er. Die beiden seien eben Profis. „Je mehr sie auf die Pauke hauen, desto länger bleiben sie beim Publikum noch Thema.“

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