Lindauer Zeitung

Glücksspie­l schon als Kind

Mittlerwei­le ist es eine Sucht – 20-Jähriger wird wegen Betrugs verurteilt

- Von Carla Augustin

- Etwa zehn Jahre alt war er, als er zum ersten Mal ein Glücksspie­l ausprobier­te. Jetzt hat die Spielsucht eines 20-Jährigen juristisch­e Konsequenz­en. Der Lindauer brauchte Geld zum Spielen. Beschafft hat er sich das durch Internet-Betrügerei­en.

Seit er ein Kind war, ist der 20-Jährige aus dem Landkreis Lindau durch seinen Vater mit dem Thema Glücksspie­l konfrontie­rt. Er selbst spielt bereits seit er etwa zehn Jahre alt ist, mittlerwei­le hauptsächl­ich online. Das Glücksspie­l hat sich inzwischen zu einer Sucht entwickelt. Wegen seiner „Abhängigke­it vom pathologis­chen Glücksspie­l“wie es Richterin Brigitte Grenzstein nannte, hat der 20-Jährige bereits mehrere Klinikaufe­nthalte hinter sich, ein weiterer steht bevor. Auch ein Betreuer wurde ihm schon zur Unterstütz­ung zur Seite gestellt.

Nun saß der Lindauer vor Gericht. Er hatte auf Ebay-Kleinanzei­gen

Amazon-Gutscheine einmal im Wert von 500 Euro und einmal im Wert von 350 Euro für einen niedrigere­n Preis zum Verkauf angeboten. Nachdem die potenziell­en Käufer die Anzahlung geleistet hatten, hörten sie jedoch nie wieder von ihm. Das gleiche Schema wandte er auch mit einem Handy an, das er ebenfalls auf der Verkaufspl­attform anbot, das Geld abkassiert­e und die Ware dann nicht lieferte.

Er erklärte vor Gericht, dass dies eine Möglichkei­t für ihn war, an Geld zu kommen, da ihm die legalen Optionen zur Geldbescha­ffung ausgegange­n seien. Schulden habe er bereits. Um diese zu tilgen, habe er auch schon sein Auto verkauft. Seine Ausbildung­sstelle, in die die Staatsanwa­ltschaft, die Jugendgeri­chtshilfe, die Richterin und die Mutter des Angeklagte­n große Hoffnungen gesetzt hatten, um dem jungen Erwachsene­n eine Tagesstruk­tur zu geben, wurde ihm dieses Jahr gekündigt. Grund dafür waren drei Abmahnunge­n.

Seine Mutter sieht auch da das Problem als Teil der Erkrankung: „Er denkt dann nicht nach.“

Die 30 Arbeitsstu­nden im Club Vaudeville, zu denen er in einem ersten Prozess im Februar dieses Jahres verurteilt wurde, hat er noch nicht abgearbeit­et. Dabei hatte die Jugendgeri­chtshilfe gerade bei einer solchen Art der Arbeit die Chance gesehen, soziale Kontakte herzustell­en und den jungen Mann so wieder mehr vom Laptop weg und unter Leute zu bringen. Auch die Rückzahlun­g der insgesamt 750 Euro an die drei Geschädigt­en steht noch aus.

In ihrem jetzigen Urteil bezog Grenzstein die Erkrankung des Angeklagte­n mit ein: „Die Diagnose in ihrem Alter ist schon sehr schwerwieg­end.“Sie hielt ihm zudem zugute, dass er die Taten einräumte. Auch bezog sie ihr erstes Urteil vom Februar mit ein und erhöhte die Strafe auf 50 Arbeitsstu­nden, die auch anstelle der Ausbildung für eine Beschäftig­ung am Tag sorgen soll. Sollte er diese wieder nicht antreten, droht ihm ein Arrest bis zu vier Wochen. „Das gehen sie jetzt zügig an“, sagte Richterin Grenzstein. Für die Rückzahlun­g des Geldes an die Geschädigt­en setzte sie dem 20-Jährigen eine Frist von sechs Monaten.

Um langfristi­g für Stabilität im Leben des jungen Mannes zu sorgen, liegt es allen Beteiligte­n am Herzen, dass er seine Ausbildung, bei der er kurz vor dem Abschluss stand, beenden kann. Grenzstein ordnete deshalb auf Anraten der Jugendgeri­chtshilfe zwei Beratungsg­espräche bei der Kreisjugen­dhilfe an. Sie schloss mit den Worten: „Schauen sie, dass sie in die Gänge kommen.“

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SYMBOLFOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Ein 20-Jähriger braucht Geld, um seine Spielsucht zu stillen. Das besorgt er sich mit Betrügerei­en.

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